Schlossgarten (Stuttgart)

Mittlerer Schlossgarten (2007)

Der Stuttgarter Schlossgarten ist eine 600 Jahre alte und 64 Hektar große Parkanlage in Stuttgart. Er beginnt am Neuen Schloss im Stadtzentrum und folgt dem früheren Lauf des heute verrohrten Nesenbachs bis zum Neckar. Das heutige Aussehen geht zurück auf die Bundesgartenschau 1961, wofür die historisch gewachsenen Strukturen im Oberen und Mittleren Schlossgarten weitgehend zerstört wurden, und die Bundesgartenschau 1977, wofür sie im Unteren Schlossgarten behutsam saniert wurden. Seit 1987 gibt es Bestrebungen, die klassizistische Gartenarchitektur mit dem Ovalsee und der Parkallee wiederherzustellen, die der württembergische Hofbaumeister Nikolaus Friedrich Thouret geschaffen hatte. Im Rahmen von Stuttgart 21 sind größere Umgestaltungen durch die Bauarbeiten und den darauf folgenden Zuschlag eines Teils der jetzigen Bahnanlagen geplant.

Gliederung

Klassizistische Gestaltung des Oberen Schlossgartens von Thouret, für die Buga 1961 beseitigt

Das Gesamtareal des Schlossgartens wird offiziell in drei Teile unterteilt, die durch mit Fußgängerstegen überbrückte Straßen getrennt sind:

An seinem östlichen Ende – nahe dem zoologisch-botanischen Garten Wilhelma – geht der Schlossgarten direkt in den Rosensteinpark über. Beide sind Bestandteil des Stuttgarter „Grünen U“.

Geschichte

Klassizistischer Ovalsee mit der Nymphengruppe von Dannecker, für die Buga 1961 beseitigt
Mittlerer Schlossgarten nach der Rodung für Stuttgart 21

1350 wurde erstmals ein „gräflicher Garten“ direkt an der „Stuttgarter Burg“ (Altes Schloss) erwähnt. 1469 wurde ein Teil des Schlossgrabens als „Thiergartten“ benutzt. 1474 wurde der „Gräfliche Garten“ um zwei Morgen erweitert. Mitte des 16. Jahrhunderts ließ Herzog Christoph mit dem Umbau des Alten Schlosses einen Renaissance-Lustgarten erstellen, der bis ins 18. Jahrhundert erhalten blieb. Ab 1740 wurde nach den Plänen des Hofbaumeisters Johann Christoph David Leger am Rande des Lustgartens die Militärakademie gebaut. Mit Baubeginn des Neuen Schlosses 1746 wurde der ehemalige „Lustgarten“ komplett überbaut. Am 18. November 1775 wurde die Hohe Karlsschule von Schloss Solitude in die Militärakademie verlegt.

Um 1800 wurde mit dem Bau der „Königlichen Anlagen“, die von Anfang an auch für die Bevölkerung geöffnet waren, begonnen, der Schlossgarten wurde fortan zum „Volksgarten“. 1807 wurde der Bau der „Oberen Königlichen Anlagen“ (vor dem Neuen Schloss) nach den Plänen Nikolaus Friedrich von Thourets unter König Friedrich I. verwirklicht, zwischen 1813 und 1817 wurden auch die „Unteren Königlichen Anlagen“ nach den Plänen Thourets erstellt. Von 1824 bis 1840 wurde der Rosensteinpark unter König Wilhelm I. angelegt. Im 20. Jahrhundert wurden auf dem Gelände des Oberen Schlossgartens die beiden Theater gebaut. Ab 1908 wurden Umbauten für den neuen Hauptbahnhof vorgenommen und im Zuge dessen der Mittlere Schlossgarten um 8 Hektar verkleinert.[1] 1961 wurde der Obere Schlossgarten gegen Widerstand aus der Bevölkerung wegen der Bundesgartenschau komplett umgebaut. 1962 wurde das Hotel am Schlossgarten zwischen Bahnhof und Schlossgarten gebaut. Wegen der zweiten Bundesgartenschau 1977 wurden auch die Unteren Anlagen umgestaltet.

Am 1. Oktober 2010 wurden – gegen massiven Protest der Gegner von Stuttgart 21, die am Vortag mit Wasserwerfern und Tränengas verdrängt worden waren – Bäume im Bereich des Mittleren Schlossgartens gefällt. Als Reaktion besetzten einige der Demonstranten („Parkschützer“) campierend den Schlossgarten für die nächsten etwa 17 Monate; einige Aktivisten (der Organisation Robin Wood) kletterten auf alte Bäume und errichteten Baumhäuser. Am 15. Februar 2012 wurden dieses Zeltdorf und die Baumhäuser – diesmal fast ohne Gewalt – von der Polizei geräumt. Die Fällung oder Versetzung von 238 Bäumen begann. In diesem Bereich wird seit August 2014 die Baugrube für den Tiefbahnhof gegraben (siehe auch Protest gegen Stuttgart 21).

Im Schlossgarten Stuttgart fanden die Bundesgartenschauen 1961 (Oberer und Mittlerer Schlossgarten) und 1977 (Mittlere und Untere Anlagen / Schwanenplatz) statt. Zur Internationalen Gartenbauausstellung 1993 (IGA´93) wurde das sogenannte „Grüne U“ aus Schlossgarten, Rosensteinpark, Leibfriedschem Garten, Wartberggelände und Höhenpark Killesberg komplettiert.

Galerie

vergrößern und Informationen zum Bild anzeigen
360°-Panorama des Oberen Schlossgartens

Literatur

  • Andrea Berger-Fix, Klaus Merten: Die Gärten der Herzöge von Württemberg im 18. Jahrhundert. Werner, Worms 1981, ISBN 3-88462-006-1.
  • Oskar Gerhardt: Stuttgarts Kleinod. Die Geschichte des Schloßgartens, Rosensteins sowie der Wilhelma; eine unterhaltsame Plauderei auf Grund reichhaltigen amtlichen Quellenmaterials. Stuttgart [ca. 1936].
  • Timo John: Die königlichen Gärten des 19. Jahrhunderts in Stuttgart. Wernersche Verlags-GmbH, Worms 2000, ISBN 3-88462-156-4.
  • Rolf-Dieter Blumer, Karsten Preßler: Schwungvoll über den Straßenverkehr. Die Instandsetzung des Ferdinand-Leitner-Steges in Stuttgart. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 39. Jg. 2010, Heft 1, S. 44–47
  • Renate Fechner: Schlossgarten Stuttgart. Führer Staatliche Schlösser und Gärten. Deutscher Kunstverlag, München 1999. ISBN 978-3-422-03060-2.
  • Architektenkammer Baden-Württemberg (Hrsg.): Stück für Stück sterben die Stuttgarter Parks. Stuttgart 1980.
  • Uwe Bogen (Text); Thomas Wagner (Fotos): Stuttgart. Eine Stadt verändert ihr Gesicht. Sutton, Erfurt 2012, ISBN 978-3-95400-098-2, Seite 84–89.

Weblinks

Commons: Schlossgarten Stuttgart – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Timo John: Die königlichen Gärten des 19. Jahrhunderts in Stuttgart. Werner, Worms 2000, ISBN 3-88462-156-4.

Koordinaten: 48° 47′ 4″ N, 9° 11′ 11″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Walkway and water - Schlossgarten Stuttgart - Stuttgart, Germany - DSC01628.jpg
Autor/Urheber: Daderot, Lizenz: CC0
Schlossgarten Stuttgart - Stuttgart, Germany.
Residenzviertel Stuttgart.jpg
Residenzviertel Stuttgart, Federzeichnung, Stuttgart, Stadtarchiv, Inv.Nr. 588.
Adolf von Donndorf, 004.jpg
Autor/Urheber: File:Schillerdenkmal Stuttgart.JPG, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Schillerdenkmal von de:Adolf von Donndorf aus dem Jahr 1913, am Übergang zwischen dem Großen Haus und dem Verwaltungsbau der Staatstheater im Oberen Schlossgarten in Stuttgart.
Schlossgarten Stuttgart (1).JPG
Autor/Urheber: Avi1111 dr. avishai teicher, Lizenz: CC BY-SA 4.0
גן הטירה בשטוטגרט
Oberer Schlossgarten Stuttgart Panorama.jpg
Autor/Urheber: Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird ¡0-8-15! als Autor angenommen (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., Lizenz: CC BY-SA 2.5

360° Panorama des Oberen Schlossgartens in Stuttgart. Sichtbar ist das Württembergische Staatstheater, der Landtag, sowie das Schloss. Fotografiert mit einer Sony DSC-F717 und gesticht, anschließend mit Adobe Photoshop Elements 2.0 bearbeitet.

Stuttgart Oberer Schlossgarten Akademiebrunnen 2.jpg
Autor/Urheber: Schlaier, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Akademiebrunnen im Schlossgarten in Stuttgarts Innenstadt.
Bassins mit Sprudler Staatstheater Stuttgart 01.jpg
© MSeses / Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0
Brunnenanlage "Bassins mit Sprudler Staatstheater" im Oberen Schlossgarten in Stuttgart. Errichtet 1961 anlässlich der Bundesgeartenschau.
Stuttgart Unterer Schlossgarten 11.jpg
Autor/Urheber: Ra Boe, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Eberhardsgruppe im mittleren Schlossgarten nach dem Motiv des Gedichts "Der reichste Fürst" von Justinus Kerner
Stuttgart.Schlossgarten.jpg
Autor/Urheber: Prius 2, Lizenz: GFDL
Stuttgart, Schlossgarten.
S21 2012-03-09d.jpg
Autor/Urheber: Mussklprozz, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Brache im Mittleren Schlossgarten während des Stuttgart21-Projekts.
Dannecker, Johann Heinrich, Wasser- und Wiesennymphe, K1, Aufstellung 1839-1926.jpg
Das Foto von 1892 zeigt den Oberen Anlagensee und dahinter die Fassade des Gartenflügels (Nordflügels) des Neuen Schlosses in Stuttgart. Am jenseitigen Ende des Sees steht die Danneckersche Nymphengruppe, die an dieser Stelle von 1839 bis 1926 aufgestellt war.
202001124 Platanenallee (Stuttgart) 006.jpg
Autor/Urheber: Zinnmann, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Unteres Ende der Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Allee mit Rossebändigergruppe (Ludwig Hofer) im Unteren Schlosspark, Stuttgart