San Marco (Florenz)

Fassade der Kirche (1777–1780)
Detail aus dem Florenzplan von Stefano Bonsignori, 1584

Der ehemalige Dominikanerkonvent von San Marco befindet sich an der Piazza San Marco im Norden der Altstadt von Florenz. Die überwiegend in den 1440er Jahren errichtete Klosteranlage, ein Hauptwerk Michelozzos und Kirche ist vor allem für die Arbeiten Fra Angelicos berühmt. Dem Kloster stand Ende des 15. Jahrhunderts der Bußprediger Girolamo Savonarola vor. Im größeren östlichen Teil des Klosters ist das italienische staatliche Museum Museo Nazionale di San Marco untergebracht.

Entstehungsgeschichte

Kreuzgang des hl. Antoninus
Fresko von Domenico Ghirlandaio im Refektorium
Beato Angelico, Kreuzigungsfresko im Kapitelsaal

An der Stelle des heutigen Klosters befand sich ein Oratorium der Bruderschaft des heiligen Markus. 1299 erwarben die Silvestriner, ein Benediktiner-Reformorden, der sich den Bettelorden annäherte, das Grundstück zum Bau eines Klosters mit Kirche.[1][2] Sie mussten jedoch San Marco wegen des Vorwurfs der Missachtung der Ordensregeln 1418 verlassen und übernahmen das kleine Kloster von San Giorgio alla Costa. Im Jahr 1435 wurde auf Veranlassung des Konzils von Basel und Papst Eugens IV. den Dominikaner-Observanten von San Domenico in Fiesole das schlecht erhaltene Kloster übergeben. Prior von Fiesole und nun Ordensgründer in Florenz war Antoninus, den Papst Eugen 1446 auch zum Bischof von Florenz ernannte.

Konvent

Der Konvent war Teil der Entwicklung des nördlichen Stadtgebietes, des Medici-Quartiers, zusammen mit dem Familienpalast und der Basilica di San Lorenzo. Den Klosterbereich begrenzen die Via Camillo Cavour, die Via della Dogana und die Via Giorgio la Pira begrenzt.

Maßgeblich für den Aufbau des neuen Klosters war der aus dem Exil zurückgekehrte Cosimo de’ Medici, dem Papst Eugen die Finanzierung der Instandsetzung mittels Ablass vorgeschlagen hatte.[3] Cosimo und sein Bruder Lorenzo di Giovanni de’ Medici investierten mehr als 40.000 Fiorin in die Sanierung des Konvents.

Cosimo beauftragte Michelozzo di Bartolommeo, Hausarchitekt der Familie, mit den zwischen 1437 und 1452 durchgeführten Neubauten des Klosterkomplexes im Stil der Renaissance.[4] Der Klosterbereich wurde in einfacher eleganter Funktionalität gestaltet: Weiße Wände, zwei den heiligen Antoninus und Dominikus gewidmete Kreuzgänge, ein Kapitelsaal,[5] zwei Refektorien und ein Pilgerhospiz im Erdgeschoss. Für das Refektorium malte Domenico Ghirlandaio 1482 ein großformatiges Fresko mit dem Abendmahl. Die Flure und Zellen im Dormitorium, der Kapitelsaal und Teile der beiden Kreuzgänge wurden von 1436 bis 1445 vom Dominikaner-Mönch und Maler Fra Angelico und seiner Werkstatt mit Fresken ausgestattet. Zu den Mitarbeitern Fra Angelicos gehörte auch der junge Benozzo Gozzoli.

Die Einweihung erfolgte 1443 in der Nacht von Epiphanias in Gegenwart von Papst Eugen IV., des Erzbischofs von Capua und des Kardinals Niccolò d’Acciapaccio. Kreuzgang, Kapitelsaal und östliches Dormitorium waren zwischen 1440 und 1441 vollendet. Der südliche Schlafsaal zur Piazza San Marco, wurde 1442 fertiggestellt.

Dormitorium

Im ersten Stockwerk befinden sich die Zellen der Mönche, Novizen und Gäste, einzelne kleine abgeschlossene Kammern. Cosimo de’ Medici hatte, obwohl er kein Ordensmitglied war, eine eigene Zelle.

Kreuzgänge

Fresko von Fra Angelico, Petrus von Verona auferlegt das Schweigegebot

Östlich an die Kirche schließt sich der Kreuzgang des heiligen Antoninus an, der im Erdgeschoss unter anderem von Kapitelsaal und Refektorium umgeben ist. Im Obergeschoss wird er im Westen von der Kirche und an den restlichen Seiten von den Dormitorien umrahmt. In dem von Michelozzo entworfenen Kreuzgang des heiligen Antoninus sind in fünf kleinen spitzbogigen Lünetten über den Türen Fresken Fra Angelicos erhalten, welche die Bereiche hinter den jeweiligen Eingängen illustrieren. Nach der Heiligsprechung 1523 wurden im 17. Jahrhundert in 28 Lünetten (jeweils mit einem Durchmesser von 3,80 Meter) Episoden aus dem Leben des heiligen Antoninus freskiert, weshalb er dessen Namen trägt. 48 Bildnisse von Päpsten, Kardinälen und Prälaten des Dominikanerordens schmücken die Bogenzwickel. Die Wände im ersten Stock werden durch die kleinen Bogenfenster der Mönchszellen unterbrochen.

Nordöstlich der Basilica di San Marco befindet sich der Kreuzgang des heiligen Dominikus, an dessen Südostseite sich im Erdgeschoss das Gästehaus und im Obergeschoss die Bibliothek anschließt.

Bibliothek

Kloster-Bibliothek
Fra Bartolomeo, Porträt des Savonarola
Fra Angelico, Pala San Marco, 1438–1443, Museo Nazionale di San Marco

Zum Kloster gehört eine bedeutende Bibliothek.[6] Sie wurde 1441–44 im ersten Obergeschoss nach Plänen Michelozzos errichtet und gilt als die älteste öffentliche Bibliothek. Der insgesamt 45 m lange Raum ist durch zwei Arkadenreihen in drei Schiffe gegliedert. Die schlanke Säulen aus grauem Sandstein (Macigno) besitzen Kapitelle ionischer Ordnung, wie sie auch im großen Kreuzgang vorhanden sind. Während das mittlere Schiff mit einem Tonnengewölbe überfangen ist, sind die einzelnen Joche der Seitenschiffe mit Kreuzgratgewölben überspannt. Die Wände waren, wie freigelegte Bereiche zeigen, ursprünglich grün gefasst. Der großzügige Bibliothekssaal wurde zu einem Vorbild für weitere Bibliotheksbauten im Italien der Frühen Neuzeit.[7]

Den Grundstock bildete die Manuskriptsammlung des Florentiner Humanisten Niccolò Niccoli, der diese an seine Schüler vererbt hatte, zu denen Cosimo de’ Medici gehörte. Zur Erweiterung der Bestände beauftragte Cosimo den Händler und Produzenten von Manuskripten Vespasiano da Bisticci mit der Herstellung von Abschriften von Büchern. Nach dessen eigener Aussage nahm er „gleich fünfundvierzig Schreiber in Dienst; in zweiundzwanzig Monaten stellte (er) zweihundertzwanzig Bände fertig.“[8][9]

Das Tageslicht der zahlreichen Fenster erleichterte den Humanisten wie Angelo Poliziano und Giovanni Pico della Mirandola das Studium der Manuskripte und wertvoller Büchern aus den Sammlungen der Medici (mit seltenen griechischen und lateinischen Texten).

Zeitalter Savonarolas

Neben Beato Angelico, Antoninus von Florenz und Fra Bartolomeo lebte in dem Kloster ab 1489 Fra’ Girolamo Savonarola, welcher den Konvent zu seinem Hauptquartier machte: Nachdem er Prior geworden war, wandte er sich gegen lüsterne Gewohnheiten und prahlerischen Luxus der Florentiner, bevor er die Kurie unter Papst Alexander VI. Borgia gegen sich aufbrachte und 1498 auf dem Scheiterhaufen auf der Piazza della Signoria endete.

Kirche

Am Fest der Erscheinung des Herrn im Jahre 1442 wurde, laut eines Epitaphs über der Tür zur Sakristei, die Kirche neu konsekriert. Im Auftrag Cosimos malte Fra Angelico für den Hauptaltar der Klosterkirche die berühmte Pala di San Marco[10][11] mit der Madonna mit Kind und heiligen auf der Mitteltafel und Szenen der Schutzheiligen Cosimos in der Predella. Hiervon sind im Museum San Marco das Mittelteil, zwei Dominikanerheilige der linken Seite und zwei Tafeln der Predella mit Szenen der heiligen Cosmas und Damian verblieben. Drei Seitentafeln befinden sich im Lindenau-Museum in Altenburg, drei Predellentafeln von Cosmas und Damian befinden sich in der Alten Pinakothek in München.

Für die Finanzierung des Neubaus erhielt Cosimo de’ Medici von Papst Eugen IV. einen Ablass, dessen erste Zeile er über dem Eingang zur Sakristei anbringen ließ: Cum hoc templum Marco evangeliste dicatum magnificis sumptibus cl. v. Cosmi de Medicis tandem absolutum esset.

Neben dem Chor befindet sich eine Kapelle, deren Altarbild Ludovico Cigoli 1594 malte. Zu Seiten des Altars sind die Humanisten Pico della Mirandola und Polizian bestattet. Von Cigoli stammen auch die Fresken in der Kapelle. Eine andere Kapelle wurde dem heiligen Antoninus von Florenz geweiht, der lange Jahre Prior des Klosters war. Die 1578 bis 1589 erbaute Kapelle zählt zu den bedeutendsten Werken Giovanni da Bolognas.

Zwischen 1777 und 1780 erhielt die Kirche eine neue Fassade nach einem Entwurf Gioacchino Prontis, die sich nach Südwesten zum Platz hin erhebt.

Museo Nazionale di San Marco

Fra Angelico: Jüngstes Gericht, Tafelbild aus S. Maria degli Angeli, Florenz, ca. 1431

1808 wurde der Komplex enteignet, den Brüdern aber nach dem Sturz Napoleons zurückgegeben. Mit der Aufhebung der religiösen Körperschaften nach dem Gesetz vom 7. Juli 1866 wurde das Kloster größtenteils vom italienischen Staat konfisziert.[12] Die Kirche verblieb im Besitz der Dominikaner.

Nach Restaurierung und Umbau wurde der östliche größte Teil des Komplexes 1869 als Museum und Nationalmonument Museo Nazionale di San Marco wiedereröffnet. Es untersteht seit 2019 der Direktion der regionalen Museen der Toskana.[13] Die Fresken Fra Angelicos restaurierte der Maler Gaetano Bianchi. 1922 veranlasste Giovanni Poggi, dass alle Werke Beato Angelicos in Florenz besonders aus den Uffizien und der Accademia im Museum gezeigt werden. Zahlreiche Tafelbilder sind in der ehemaligen Sala dell’Ospizio ausgestellt.

In der ehemaligen Zelle des Priors werden Bilder und einige Gegenstände Girolamo Savonarolas gezeigt, der ab 1485 dem Konvent von San Marco vorstand.[14] Arbeiten Fra Bartolomeos (1472–1517) sind in der nach ihm benannten Sala di Fra Bartolomeo zu sehen.

„Museo di Firenze antica“

Der Klosterkomplex beherbergt seit 1906 das „Museo di Firenze antica“, wo skulpturale Bauelemente und Freskofragmente ausgestellt sind, die während des Flächenabrisses im Stadtzentrum im Zuge des so genannten „risanamento“ Ende des 19. Jahrhunderts geborgen wurden.[15] Es ist im ehemaligen Gästehaus untergebracht.

Siehe auch

Literatur

  • Maria Scudieri (Hrsg.): La Chiesa e il Convento di San Marco a Firenze (2 Bände). Florenz 1989.
  • Magnolia Scudieri: Museum von San Marco. Florenz 1999, ISBN 88-09-01340-9.
  • Cesare Fasola: Das Kloster San Marco in Florenz und die Gemälde Fra Angelicos. Arnaud, 1955.
  • Guida d'Italia, Firenze e provincia (Guida Rossa). Edizioni Touring Club Italiano, Mailand 2007. (books.google.de 1999)
  • Manfred Wundram: Kunstführer Florenz. Philipp Reclam, Stuttgart 1993, ISBN 3-15-010385-1, S. 212–220.
  • Hans Teubner: San Marco in Florenz. Umbauten vor 1500: ein Beitrag zum Werk des Michelozzo. In: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz. Nr. 23/3, 1979, S. 239–272 (uni-heidelberg.de).
  • Magnolia Scudieri: Gli affreschi dell’Angelico a San Marco. Florenz, Mailand 2004, ISBN 88-09-03750-2 (books.google.de).

Weblinks

Commons: San Marco (Florence) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Teubner 1979, S. 239–272.
  2. Fasola 1955, S. 3, 5.
  3. Vespasiano da Bisticci: Lebensbeschreibungen berühmter Männer des Quattrocento. Ausgewählt, übersetzt und eingeleitet von Paul Schubring. Diederichs, Jena 1914, S. 313 ff.
  4. Teubner 1979, S. 239–272.
  5. Michaela Marek: Ordenspolitik und Andacht. Fra Angelicos Kreuzigungsfresko im Kapitelsaal von San Marco zu Florenz. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte. Nr. 48, 1985, S. 451–475.
  6. Berthold L. Ullman, Philip A. Stadter: The public library of Renaissance Florence. Niccolò Niccoli, Cosimo de’ Medici, and the library of San Marco. Editrice Antenore, Padua 1972.
  7. Augusto Campana: Le biblioteche italiane del Rinascimento a tre navate. In: Storia e letteratura. 2 (Biblioteche, codici, epigrafi), 2017, ISBN 978-88-6372-666-4, S. 913–940.
  8. Zitiert nach Bernd Roeck: Der Morgen der Welt. Geschichte der Renaissance. München 2017, S. 563 f. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts war der Bibliotheksbestand auf gut tausend Bände angewachsen. (Ebenda)
  9. Vespasiano da Bisticci: Lebensbeschreibungen berühmter Männer des Quattrocento. Ausgewählt, übersetzt und eingeleitet von Paul Schubring. Diederichs, Jena 1914, S. 307, 314 f.
  10. La "Pala di San Marco" del Beato Angelico. Restauro e ricerche. In: Cecilia Frosinini (Hrsg.): Problemi di conservazione e restauro. Nr. 59. Edifir - Edizioni Firenze, Florenz 2021, ISBN 978-88-928006-9-4.
  11. Cristina Acidini, Magnolia Scudieri (Hrsg.): L’Angelico ritrovato. Studi e ricerche per la Pala di San Marco. Sillabe, Livorno 2008, ISBN 978-88-8347-480-4.
  12. Fasola 1955, S. 5.
  13. Firenze – Museo di San Marco. Ministero per i beni e le attività culturali e per il turismo − Direzione regionale musei della Toscana, abgerufen am 5. Dezember 2020 (englisch).
  14. Magnolia Scudieri, Giovanna Rasario (Hrsg.): Savonarola e le sue ’reliquie’ a San Marco. Itinerario per un percorso savonaroliano nel Museo. Giunti, Florenz 1998, ISBN 88-09-21698-9.
  15. Maria Sframeli (Hrsg.): Il centro di Firenze restituito. Affreschi e frammenti lapidei nel Museo di San Marco. Bruschi, Florenz 1989.

Koordinaten: 43° 46′ 42″ N, 11° 15′ 31″ O

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