Preußische Instruktionen

Die Preußischen Instruktionen (PI) sind ein bibliothekarisches Regelwerk, das früher in wissenschaftlichen Bibliotheken zur Katalogisierung verwendet wurde. Die Preußischen Instruktionen wurden ab den 1980er Jahren von anderen Regelwerken wie den Regeln für die alphabetische Katalogisierung (RAK) abgelöst,[1] welche ihrerseits seit 2015 vom Regelwerk Resource Description and Access (RDA) ersetzt werden.

Details

Eine der Besonderheiten der PI ist, dass Mehrverfasserschriften (ab 4 Verfassern) und Sachtitelschriften nach dem Prinzip der grammatischen Ordnung im Katalog sortiert wurden.[2] Das bedeutet, dass in der Regel das erste unabhängige Substantiv für die Einordnung im (Zettel-)Katalog maßgeblich ist. Artikel und Präpositionen werden dabei übergangen. Außerdem gibt es bei den PI keine Eintragungen unter Körperschaften.[3] Hinsichtlich der Einordnung im Katalog wird kein Unterschied zwischen den Buchstaben I und J gemacht, deutsche Umlaute werden wie ihre Grundform sortiert. Schriften eines Verfassers werden in Gruppen eingeteilt: Zuerst werden Werkausgaben aufgeführt, danach Teilsammlungen, Fragmente und Auszüge aus Werken, erst dann Einzelschriften.

Geschichte

Bereits 1886 hatte Karl Dziatzko mit den „Breslauer Instructionen“ ein Regelwerk vorgelegt.[4] Hier wurde die Ordnung der Titel, nicht die Aufnahme geregelt. 1890 erstellte die Königliche Bibliothek in Berlin „Instructionen“, mit denen die Aufnahme und nicht die Ordnung geregelt wurden. 1899 entstand aus diesen beiden „Instructionen“ ein Kompromiss, das erste einheitliche Regelwerk, die „Preußischen Instruktionen (PI)“. Sie wurden am 10. Mai 1899 unter dem Titel Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preussischen Bibliotheken und für den preussischen Gesamtkatalog erstmals veröffentlicht. Fritz Milkau, späterer Mitarbeiter von Friedrich Althoff, wirkte bei der Erstellung der PI maßgebend mit. Die zweite Auflage erschien 1908. Die PI waren die Grundlage für den Preußischen Gesamtkatalog (später: Deutscher Gesamtkatalog).

Die PI waren in ihrer Zeit ein großer Fortschritt in der deutschen Bibliothekslandschaft, die vorbildhaft teilweise auch außerhalb Preußens Anwendung fanden. Trotz der Vorbildwirkung konnte man aber in der Katalogisierung bedeutender alter Bibliotheken in Bayern, Hessen, Sachsen und an anderen traditionellen Bibliotheksstandorten Deutschlands vor der Einführung der EDV oft keine einheitliche und konsequente Anwendung von Richtlinien durchsetzen. Die speziellen Regeln, die stark von der Struktur der deutschen Sprache ausgingen und nur schwer auf andere Sprachen übertragen werden können, wurden zunächst bei den Universitätsbibliotheken und schließlich im internationalen Verbund der Bibliotheken durch andere Regelwerke ersetzt.

Die Anwendung der Regeln ist vergleichsweise komplex und wurde für Online-Katalogsysteme (OPAC) nur teilweise umgesetzt. Zudem boten sich mit der EDV weitergehende Suchfunktionen, so dass auf die PI nur noch selten zurückgegriffen wird. Bei Sachkatalogen nach Schlagwörtern oder entsprechend aufgebauten Verzeichnissen ist deren Kenntnis jedoch noch immer hilfreich. Es existieren in Bibliotheken nach wie vor historische Bestände, die meist nur in entsprechend alten, nach den PI aufgebauten Katalogen verzeichnet sind.

Weblinks

Literatur

  • Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preussischen Bibliotheken vom 10. Mai 1899: Erläuterungen, Nachträge, Beispielzusätze. Hopfer, Burg b. M. 1905.
  • Helmut Allischewski: Retrieval nach Preußischen Instruktionen. Darstellung der Recherche-Probleme in „preußisch“ geführten Katalogen anhand einer Systematik der Schriftenklassen. Reichert, Wiesbaden 1982, ISBN 3-88226-143-9.
  • Engelbert Plassmann: Hundert Jahre „Preußische Instruktionen“. Öffentlicher Vortrag in der Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen des Berliner Bibliothekswissenschaftlichen Kolloquiums am 11. Mai 1999. Logos, Berlin 2000 (= Berliner Arbeiten zur Bibliothekswissenschaft. Band 1), ISBN 3-89722-335-X.
  • Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preussischen Bibliotheken und für den preussischen Gesamtkatalog: vom 10. Mai 1899. Asher, Berlin 1899.
  • Hans Popst, Charles R. Croissant: The Development of Descriptive Cataloging in Germany. In: Cataloging & Classification Quarterly. Band 35, Nr. 1–2, 2002, S. 155–172, doi:10.1300/J104v35n01_10.
  • Dale Sass: Erläuterungen zu den Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preussischen Bibliotheken. Harrassowitz, Leipzig 1927.
  • Hermann Fuchs: Kommentar zu den Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preußischen Bibliotheken. 5., unveränderte Auflage, Wiesbaden 1973, ISBN 3-447-002743.
  • Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preuszischen Bibliotheken vom 10. Mai 1899. 2. Ausgabe, in der Fassung vom 10. August 1908. Behrend, Berlin 1909.

Einzelnachweise

  1. Hans Pobst: Entwicklung der RAK - Regeln für den alphabetischen Katalog. In: biblio.at, Website des Österreichischen Bibliothekswerk (Memento vom 4. März 2021 im Internet Archive)
  2. Besonderheiten der Preußischen Instruktionen (PI) im ZKBW. In: Zentralkatalog Baden-Württemberg. Abgerufen am 3. März 2020.
  3. Ludwig Sickmann: Les Problèmes du catalogue alphabétique d'auteurs et de titres en Allemagne. Situation présente. In: Bulletin des bibliothèques de France (BBF). Nr. 9-10, 1961, ISSN 1292-8399, S. 423–429 (französisch, enssib.fr).
  4. Karl Dziatzko: Instruction für die Ordnung der Titel im Alphabetischen Zettelkatalog der Königlichen und Universitäts-Bibliothek zu Breslau. Asher, Berlin 1886.