Pazzi-Verschwörung

Die Pazzi-Verschwörung war eine Verabredung nicht nur innerhalb des Florentiner Patriziats, die herrschende Familie Medici durch die Ermordung ihres Oberhaupts Lorenzo il Magnifico und dessen Bruders und Mitregenten Giuliano di Piero de’ Medici als De-facto-Regenten der Toskana zu entmachten. Die Medici sollten durch Francesco de’ Pazzi und Girolamo Riario, einen Neffen des damaligen Papstes Sixtus IV. (Francesco della Rovere), ersetzt werden. Das Attentat wurde am 26. April 1478 ausgeführt, jedoch fiel ihm nur Giuliano de’ Medici zum Opfer.

Politische Situation

Die Familie Pazzi war nicht der Urheber der Verschwörung; diese Rolle gebührt den Salviati, den päpstlichen Bankiers in Florenz. Papst Sixtus war ein Feind der Medici; er hatte die Herrschaft über die Festung Imola an der Grenze zwischen der Toskana und dem Kirchenstaat erlangt, die Lorenzo seinerseits für Florenz haben wollte. Der Erwerb war von der Pazzi-Bank finanziert worden, obwohl Francesco de’ Pazzi Lorenzo versprochen hatte, den Papst nicht zu unterstützen. Als Gegenleistung hatte Sixtus den Pazzi das Monopol für die Alaun-Minen von Tolfa versprochen – Alaun war ein wichtiges Beizmittel in der Textilfärberei, die wiederum ein wichtiger Bestandteil des Textilhandels und damit der Florentiner Wirtschaft war; darüber hinaus hatte er der Pazzi-Bank lukrative Rechte an der päpstlichen Vermögensverwaltung zugesprochen. Sixtus ernannte seinen Neffen Girolamo Riario zum Statthalter in Imola und Francesco Salviati zum Erzbischof von Pisa, einem früheren wirtschaftlichen Konkurrenten und nunmehr Untergebenen von Florenz. Lorenzo wiederum befahl Pisa, Salviati von seinem Bischofssitz auszusperren.

Die Verschwörung

Salviati und Francesco de’ Pazzi stellten den Plan zur Ermordung Lorenzos und Giulianos auf. Riario selbst blieb in Rom. Der Plan war weitgehend bekannt, der Papst soll gesagt haben: „Ich unterstütze es – solange niemand getötet wird.“ 2004 wurde von Marcello Simonetta, einem Historiker an der Wesleyan University in Connecticut, ein chiffrierter Brief in den Archiven der Familie Ubaldini gefunden und entschlüsselt. Er deckte auf, dass Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, ein päpstlicher Condottiere, tief in die Verschwörung verstrickt war: Er hatte zugesagt, 600 Soldaten außerhalb von Florenz in Stellung zu bringen, um auf den geeigneten Moment zum Eingreifen zu warten.

Der Anschlag

Am Sonntag, den 26. April 1478, während des Hochamts im Dom Santa Maria del Fiore, wurde Giuliano de’ Medici von einer Gruppe, darunter ein Priester, niedergestochen; er verblutete auf dem Boden der Kathedrale, während sein Bruder Lorenzo verwundet entkam und von dem Humanisten Angelo Poliziano in der Sakristei eingeschlossen wurde. Der Versuch, das Amt des Gonfaloniere und die Signoria zu besetzen, wurde vereitelt, als der Erzbischof und das Oberhaupt der Salviati-Familie in einem Raum gefangen wurden, deren Türen verborgene Riegel hatten. Der Staatsstreich war gescheitert.

Standgericht an den Verschwörern

Bernardo di Bandino Baroncelli wurde am 29. Dezember 1479 gehängt (Skizze von Leonardo da Vinci)

Die wütenden Florentiner töteten die Verschwörer, die sie ergreifen konnten. Jacopo de’ Pazzi wurde aus einem Fenster gestoßen, von der Menge aufgegriffen, nackt durch die Straßen der Stadt gestoßen und in den Arno geworfen. Der Familie Pazzi wurden ihre Florentiner Besitzungen weggenommen, jede Spur ihres Namens wurde getilgt. Salviati, obwohl Erzbischof, wurde an den Mauern des Palazzo della Signoria gehängt. Obwohl Lorenzo an die Menge appellierte, wurden neben den Verschwörern auch viele getötet, die nur der Verschwörung bezichtigt wurden. Lorenzo gelang es, den Kardinal Raffaele Riario zu retten, einen Neffen des Papstes, der fast sicher mit der Verschwörung nichts zu tun hatte, ebenso wie zwei Verwandte der Verschwörer. Die entkommenen Beteiligten wurden durch ganz Italien gejagt. Weitere Bestrafungen hingegen, die Lorenzo angeordnet haben soll (darunter angeblich Hunderte von Hinrichtungen), sind historisch nicht bezeugt.

Folgen

Als Folge der sogenannten Pazzi-Verschwörung wurde Florenz vom Papst wegen der Tötung des Erzbischofs unter Interdictum gestellt, so dass das Lesen der Messe und die Kommunion verboten war. Sixtus verpflichtete den traditionellen militärischen Arm des Papstes, den König von Neapel, Ferdinand I. (Ferrante), Florenz anzugreifen. Da er keine Hilfe von seinen üblichen Verbündeten, Bologna und Mailand, erhielt, war Lorenzo gezwungen, sich mit geschickter Diplomatie über den Tag zu retten. Er segelte nach Neapel und begab sich in die Gewalt Ferrantes, der ihn drei Monate gefangen hielt, bevor er ihn mit Geschenken freiließ. Lorenzos Mut und seine machiavellistische Realpolitik zeigten Ferrante, wie der Papst sich verhalten würde, falls er auf seinem Feldzug im Norden zu erfolgreich wäre.

Adaption

Trivia

„Pazzo“ (Plural „pazzi“) heißt im Italienischen „verrückt“. Wegen der Ähnlichkeit der Wörter wird oft behauptet, dass das italienische Wort für „verrückt“ auf die florentinische Familie Pazzi zurückgehe. Das ist allerdings nicht zutreffend.[1]

Literatur

  • Francesco Guicciardini: Storie Fiorentino. Herausgegeben von Alessandro Montevecchi. Biblioteca Universale Rizzoli, Mailand 1998, ISBN 88-17-17233-2 (Classici della BUR. L1233).
  • Luca Landucci: Ein florentinisches Tagebuch. 1450–1516. Nebst einer anonymen Fortsetzung. Übersetzt, eingeleitet und erklärt von Marie Herzfeld. 1. Band 3. und 4. Tausend. Diederichs, Jena 1927 (Das Zeitalter der Renaissance. 1. Serie, 5).
  • Ingeborg Walter: Der Prächtige. Lorenzo de’ Medici und seine Zeit. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50309-8.
  • Angelo Poliziano: Della congiura dei Pazzi. (Coniurationis Pactianae Commentarium). Herausgegeben von Alessandro Perosa. Antenore, Padua 1958 (Miscellanea erudita 3).
  • Tobias Daniels: La congiura dei Pazzi: i documenti del conflitto fra Lorenzo de’ Medici e Sisto IV. Le bolle di scomunica, la “Florentina Synodus”, e la “Dissentio” insorta tra la Santità del Papa e i Fiorentini. Edizione critica e commento, Edifir, Florenz 2013, ISBN 978-88-7970-649-0
  • Lauro Martines: Die Verschwörung. Aufstieg und Fall der Medici im Florenz der Renaissance. Aus dem Englischen von Eva Dempewolf. Primus-Verlag, Darmstadt 2004, ISBN 3-89678-254-1.
  • Niccolò Machiavelli: Opere. Band 7: Istorie Fiorentine. Herausgegeben von Franco Gaeta. Feltrinelli, Mailand 1962 (Biblioteca di classici italiani 12 = Universale economica 397/398).
  • Tobias Daniels: La congiura dei Pazzi nell’informazione e nella cronistica tedesca coeva, in: Archivio Storico Italiano 627 - Disp. I (2011), S. 23–76
  • Gino Capponi: Storia della Repubblica di Firenze. Barbera, Florenz 1875.

Weblinks

Anmerkungen

  1. https://www.etimo.it/?term=pazzo

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