Olga Taussky-Todd

Olga Taussky-Todd in Göttingen, 1932

Olga Taussky-Todd (geboren 30. August 1906 in Olmütz, Österreich-Ungarn als Olga Taußky[1]; gestorben 7. Oktober 1995 in Pasadena, Kalifornien) war eine US-amerikanische Mathematikerin. Bekannt wurde sie in der Algebra als eine der Wegbereiterinnen der (numerischen) Matrizentheorie.

Leben

Olga Taußky war eine Tochter von Julius David Taußky (1862–1918) und Ida Pollach. Ihr Vater war ein Industriechemiker, Journalist und Direktor einer Essigfabrik in Linz. Ihre Schwester Ilona (* 1905) arbeitete als Chemikerin, die Schwester Hertha (* 1909) als Pharmazeutin.[2]

Taußky studierte Mathematik an der Universität Wien und wurde 1930 bei Philipp Furtwängler über das zahlentheoretische Thema: Über eine Verschärfung des Hauptidealsatzes promoviert. Furtwängler war es kurz zuvor erstmals gelungen, den Hauptidealsatz zu beweisen. Taussky nahm in dieser Zeit fallweise am Wiener Kreis und regelmäßig am Mathematischen Kolloquium Karl Mengers teil.[3]

1931 erhielt sie eine Assistentenstelle in der damaligen Mathematikhochburg, der Universität Göttingen. Ihre Aufgabe bestand darin, David Hilberts Gesammelte Werke herauszugeben und darin noch vorhandene Fehler zu beseitigen. Dabei beschäftigte sie sich auch intensiv mit dessen Zahlbericht. Es entstand die langjährige Freundschaft zur bedeutenden Mathematikerin Emmy Noether. Das gemeinsame Arbeitsgebiet war die algebraische Zahlentheorie. 1934 musste Taussky wegen ihrer jüdischen Herkunft emigrieren und ging zunächst mit Emmy Noether an das Bryn Mawr College in Pennsylvania, USA.

1935, nach Noethers Tod, ging sie nach England und wurde Fellow im Girton College der Cambridge University, ebenso wie Bryn Mawr ein Frauen-College. 1938 heiratete sie den englischen Mathematiker John Todd (1911–2007), einen Kollegen an der Universität London. Im Zweiten Weltkrieg analysierte sie (in Zusammenarbeit mit ihrem Mann) am National Physical Laboratory die Vibrationen von Flugzeugen und entwickelte dafür bahnbrechend die Numerik von Matrizen, an deren Ausbau sie in der Folgezeit maßgeblich beteiligt war, zunächst am „National Bureau of Standards“ der USA. Sie wurde später allgemein als Pionierin der Matrizentheorie verehrt. Daneben arbeitete sie weiter auf dem Gebiet der algebraischen Zahlentheorie, das sie nach wie vor als ihr eigentliches Gebiet betrachtete. Hier entwickelte sie unter anderem algorithmische Methoden, teilweise in Zusammenarbeit mit Hans Zassenhaus und anderen.

1957 folgte das Ehepaar einem Ruf an das California Institute of Technology (CALTECH) in Pasadena (bei Los Angeles), wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Zunächst war nur ihr Mann Professor, sie selbst Forschungsassistentin, aber mit den Pflichten einer vollen Professorenstelle. Erst als eine andere, viel jüngere Frau um 1970 als erste Professorin am Caltech gefeiert wurde, ließ sie ihren Status zu einer vollen Professorenstelle 1971 korrigieren. 1981 hielt sie die Noether Lecture. 1975 wurde sie Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit 1985 war sie korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[4]

Werke (Auszug)

  • How I became a torchbearer for matrix theory, American Mathematical Monthly Bd. 95, 1988
  • Sums of squares, American Mathematical Monthly Bd. 77, 1970
  • A recurring theorem on determinants, American Mathematical Monthly Bd. 56, 1949

Auszeichnungen

Literatur

  • Claudia Wurzinger: Taussky-Todd, Olga. In: Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hrsg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Böhlau, Wien u. a. 2002, ISBN 3-205-99467-1, S. 729–731.
  • Christa BinderTaußky, Olga. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 813 f. (Digitalisat).
  • Case, Leggett (Hrsg.): Complexities- woman in mathematics, Princeton 2005
  • Albers, Alexanderson: Mathematical people, Math.Association America 1985 (autobiographischer Essay)
  • Stadler, Friedrich: Studien zum Wiener Kreis. Ursprung, Entwicklung und Wirkung des Logischen Empirismus im Kontext. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997. Kurzbiografie und Bibliografie von Olga Taussky-Todd: 784–796.
  • Taussky, Olga, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,2. Saur, München 1983 ISBN 3-598-10089-2, S. 1156f.
  • Chandler Davis: Remembering Olga Taussky-Todd. Mathematical Intelligencer Bd. 19, 1997, Nr. 1 (sowie Beitrag von Edmund Hlawka)

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Christa Binder: Taußky (seit 1938 Taussky-Todd), Olga. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 813 (Digitalisat).
  2. Christa Binder: Taußky (seit 1938 Taussky-Todd), Olga. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 813 (Digitalisat).
  3. Stadler, Friedrich: Studien zum Wiener Kreis. Ursprung, Entwicklung und Wirkung des Logischen Empirismus im Kontext. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997, 784.
  4. Olga Taussky-Todd Nachruf von Friedrich L. Bauer im Jahrbuch 1996 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (PDF-Datei).
  5. orf.at - Sieben Frauendenkmäler für Uni Wien. Artikel vom 28. Oktober 2015, abgerufen am 28. Oktober 2015.
  6. derStandard.at - Arkadenhof der Uni Wien beherbergt nun auch Frauen-Denkmäler. Artikel vom 30. Juni 2016, abgerufen am 1. Juli 2016.

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Mathematikerin Olga Taussky-Todd in Göttingen, 1932.