Natascha Kohnen

Natascha Kohnen, 2018

Natascha Kohnen (* 27. Oktober 1967 in München) ist eine deutsche Politikerin (SPD), Redakteurin, und Biologin. Seit 2008 ist sie Abgeordnete des Bayerischen Landtags, von 20. Mai 2017 bis 24. April 2021 war sie Landesvorsitzende der BayernSPD. Von 2009 bis 2017 war sie Generalsekretärin der BayernSPD. Von 2015 bis 2019 war sie Mitglied im Bundesvorstand der SPD, zunächst als Beisitzerin, von 2017 bis 2019 als stellvertretende SPD-Vorsitzende. Sie war Spitzenkandidatin der BayernSPD zur Landtagswahl 2018.

Leben

Kohnen wuchs im Münchner Stadtteil Maxvorstadt auf. Nach ihrem Abitur 1987 studierte sie bis 1992 Biologie an der Universität Regensburg. Danach arbeitete die Diplom-Biologin[1] als Lektorin und Redakteurin. So war sie 1994 bis 1995 als Lektorin im Bereich Naturwissenschaften im Oldenbourg Verlag in München tätig. 1996 bis 2002 war sie selbständige Lektorin im Fachbereich Naturwissenschaften sowie 1997 bis 1999 im französischsprachigen Bereich. Ab 2001 betrieb Kohnen ein eigenes Redaktionsbüro mit freien Mitarbeitern.

Sie lebt in Neubiberg bei München in einer Beziehung. Aus einer 22-jährigen Ehe, die 2008 endete, hat sie erwachsene Kinder: einen Sohn und eine Tochter.[2]

Politik

Natascha Kohnen ist seit 2001 Mitglied der SPD und war von 2003 bis 2009 Vorsitzende der SPD in Neubiberg sowie bis 2009 stellvertretende Unterbezirks­vorsitzende der SPD München-Land.[3] Auf dem 60. Ordentlichen Landesparteitag der BayernSPD in Weiden wurde sie am 11. Juli 2009 zur Generalsekretärin der BayernSPD gewählt. Von 2013 bis 2015 war sie Vorsitzende der SPD München-Land, seit Dezember 2015 ist sie im Bundesvorstand der SPD.[3] Bei einer Mitgliederbefragung im Vorfeld der Wahl des Landesvorsitzenden der BayernSPD im Frühjahr 2017 war sie, von ihrem Vorgänger Florian Pronold vorgeschlagen, eine von sechs Kandidaten und erreichte 53,8 Prozent der Stimmen.[4] Beim Parteitag am 20. Mai 2017 wurde sie mit 88,3 Prozent der Delegiertenstimmen zur Landesvorsitzenden der SPD in Bayern gewählt.

Kohnen gehörte von Mai 2002 bis September 2010 dem Gemeinderat von Neubiberg an. Bei der Landtagswahl in Bayern 2008 wurde sie im Wahlkreis Oberbayern gewählt und ist seit dem 20. Oktober 2008 Abgeordnete im bayerischen Landtag. Dort gehört sie seit der 18. Legislaturperiode dem Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr[5] an und ist Wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion[6]. Zudem war sie von 2013 bis 2018 Mitglied im Rundfunkrat. Von 2011 bis 2013 war sie auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bayerischen Landtag.

Im November 2017 wurde Kohnen vom Landesvorstand der BayernSPD als Spitzenkandidatin für die bayerische Landtagswahl 2018 vorgeschlagen.[7] Am 10. März 2018 wurde sie auf dem 69. Außerordentlichen Landesparteitag der BayernSPD als Spitzenkandidatin gewählt. Bei der Landtagswahl 2018 erreichte die SPD unter Führung Kohnens mit 9,7 Prozent das zu diesem Zeitpunkt schlechteste Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt und wurde hinter CSU, Grünen, Freien Wählern und der AfD nur noch fünftstärkste Kraft im Maximilianeum, vor der FDP.

Im Stimmkreis München-Land-Süd ging Kohnens persönliches Erststimmenergebnis als Spitzenkandidatin bei den Wahlen 2018 auf 12,2 % zurück (gegenüber 20,5 % im Jahr 2013).[8]

Im November 2020 kündigte sie an, 2021 nicht erneut als Landesvorsitzende zu kandidieren, damit mehr Jüngere die Verantwortung an der Spitze übernehmen.[9][10] Auf einem Online-Parteitag im April 2021 setzten sich als Nachfolger Florian von Brunn und Ronja Endres als Doppelspitze durch.[11] Gleichzeitig kündigte Kohnen an, ihr Landtagsmandat zu behalten, um sich auch weiterhin für ihre Partei und insbesondere für die Themen Wohnungs- und Bodenpolitik einzusetzen.[12] Im Februar 2022 kündigte Kohnen an, bei der Landtagswahl 2023 nicht erneut zu kandidieren.[13]

Kontroversen

Natascha Kohnen wurde im Verfahren zum Mitgliederentscheid 2017 über den Landesvorsitz „Pöstchenklüngelei“ und „schlechter Stil“ vorgeworfen, sie würde innerparteiliche Kritiker aushebeln und abstrafen.[14]

Als stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende positionierte sie sich im September 2018 gegen die Beförderung von Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär im Bundesinnenministerium und stellte sich damit gegen die damalige Parteivorsitzende Andrea Nahles, die der Personalie zugestimmt hatte.[15]

Nach der Landtagswahl 2018 geriet sie wegen des historisch schlechten Wahlergebnisses unter Druck. Die frühere Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin Renate Schmidt bemängelte Kohnens mangelnde Präsenz im Wahlkampf und legte ihr den Rücktritt nahe.[16] Münchens Alt-Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2013, Christian Ude, warf Kohnen einen „politikfreien, inhaltsleeren Wahlkampf“ vor und legte ihr ebenfalls den Rücktritt nahe.[17] Rücktrittsforderungen kamen auch aus der Landtagsfraktion der BayernSPD, der Bayerischen Landesgruppe im Deutschen Bundestag und von einzelnen Kommunalpolitikern.[18][19] In Kohnens eigenem Stimmkreis im südlichen Landkreis Münchens wurde ein offener Brief formuliert, Kohnen möge einer Erneuerung an der Parteispitze in Bayern nicht im Wege stehen.[20]

Weblinks

Commons: Natascha Kohnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Natascha Kohnen „In der SPD muss es einen Richtungswechsel geben“, 15. Mai 2016, Die Welt
  2. Nürnberger Nachrichten vom 16. November 2020, S. 3
  3. a b Natascha Kohnen Landesvorsitzende der BayernSPD. SPD, abgerufen am 2. Juli 2018.
  4. Lisa Schnell: Natascha Kohnen setzt sich durch. Sueddeutsche.de, 12. Mai 2017, abgerufen am 16. Mai 2017.
  5. Bauausschuss | Bayerischer Landtag. Abgerufen am 26. August 2021.
  6. Natascha Kohnen - BayernSPD Landtagsfraktion. Abgerufen am 26. August 2021.
  7. Natascha Kohnen ist Spitzenkandidatin der SPD. Bayerischer Rundfunk, 13. November 2017, archiviert vom Original am 2. Juli 2018; abgerufen am 2. Juli 2018.
  8. Ergebnis Landtagswahl 2018. Landeswahlleiter, 19. Oktober 2018, abgerufen am 19. Oktober 2018.
  9. Kohnen zieht sich vom Vorsitz der Bayern-SPD zurück. In: politik-kommunikation.de. Politik & Kommunikation, 16. November 2020, abgerufen am 17. November 2020.
  10. Natascha Kohnen hört als SPD-Landeschefin auf. 14. November 2020, abgerufen am 26. August 2021.
  11. Bayerischer Rundfunk, 24. April 2021: Endres und von Brunn gewählt: BayernSPD bekommt Doppelspitze
  12. Ende einer Karriere: SPD-Chefin Natascha Kohnen zieht sich zurück. Abgerufen am 26. August 2021.
  13. Ex-SPD-Bayern-Chefin Kohnen macht 2023 Schluss. Abgerufen am 16. April 2023.
  14. Eva Lell: Es rumort in der BayernSPD. BR24, 2. Mai 2017, abgerufen am 2. Mai 2017.
  15. Natascha Kohnen: SPD-Vize will Minister-Veto gegen Maaßen-Beförderung. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 16. April 2023]).
  16. Reante Schmidt kritisiert Natascha Kohnen scharf. Süddeutsche Zeitung, 20. Oktober 2018, abgerufen am 20. Oktober 2018.
  17. Münchner Ex-OB legt Natascha Kohnen Rücktritt nahe. Tagesspiegel, 14. Oktober 2018, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  18. Von Brunn: Strategie um Kohnen hat nicht funktioniert. Die Welt, 15. Oktober 2018, abgerufen am 15. Oktober 2018.
  19. Thomas Hossfeld: Heftige Kritik am "Weiter so" der SPD-Spitze. Straubinger Tagblatt, 27. November 2018, abgerufen am 27. November 2018.
  20. Wut-Brief an Bayerns SPD-Spitze. BILD, 11. November 2018, abgerufen am 11. November 2018.

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