Mosaikkarte von Madaba

Mosaikkarte von Madaba
Linker Teil der Mosaikkarte
Jerusalem auf der Mosaikkarte von Madaba

Die Mosaikkarte von Madaba (auch Madaba-Mosaik oder Palästina-Mosaik) ist Teil eines spätantiken Mosaiks in der St.-Georgs-Kirche in Madaba (Jordanien). Das Madaba-Mosaik ist die älteste im Original erhaltene kartografische Darstellung des sogenannten Heiligen Landes und insbesondere Jerusalems. Sie stammt aus dem mittleren 6. Jahrhundert n. Chr.

Geschichte

Die Mosaikkarte von Madaba zeigt in Jerusalem die Nea-Kirche, die am 20. November 542 geweiht wurde. In Jerusalem nach 570 errichtete Bauwerke fehlen in der Mosaikdarstellung, so dass die Entstehung der Karte auf den Zeitraum von 542 bis 570 eingegrenzt werden kann. Das Mosaik wurde von unbekannten Künstlern im Auftrag der christlichen Gemeinde der Stadt Madaba geschaffen, die in der Spätantike Bischofssitz war. Die Karte verzeichnet wichtige christliche Pilgerstätten auf beiden Seiten des Jordan.

In der Spätantike wurden in der Stadt noch weitere aufwendige Mosaiken angefertigt, die teils erhalten sind und besichtigt werden können. 614 wurde Madaba von den Persern erobert, kam 630 zurück an das byzantinische Reich, fiel dann um 636 an die Araber und wurde 746 durch ein Erdbeben stark zerstört. Die daraufhin von ihren Bewohnern verlassene Stadt verfiel.

1894 wurde das Mosaik während der Arbeiten für den Bau einer neuen griechisch-orthodoxen Kirche an der Stelle der spätantiken Ruine freigelegt. Große Teile der ungeschützten Mosaikkarte wurden in den folgenden Jahrzehnten durch Brände, Bauarbeiten, Feuerbestattungen in der Kirche sowie Wasser- und Feuchtigkeitseinwirkungen beschädigt. Im Dezember 1964 stellte die Volkswagenstiftung dem Deutschen Verein zur Erforschung Palästinas schließlich 90.000 DM für die Rettung des Mosaiks zur Verfügung. Unter Leitung des späteren Direktor des Rheinischen Landesmuseums Trier, Heinz Cüppers, und der Alttestamentler Herbert Donner wurden von September 1965 bis November 1965 die dringend erforderlichen Arbeiten zur Restaurierung und Konservierung der erhalten gebliebenen Teile der Mosaikkarte durchgeführt.

Beschreibung

Das Bodenmosaik befindet sich vor der Apsis der St.-Georgs-Kirche in Madaba und ist nicht genordet, sondern so nach Osten ausgerichtet, dass die Lage der Orte auf der Karte etwa den tatsächlichen Himmelsrichtungen entspricht. Ursprünglich hatte es eine Länge von 21 m und eine Breite von 7 m und bestand aus über zwei Millionen tesserae. Die heutige Größe beträgt 16 m × 5 m. Im 8. Jahrhundert ließen die muslimischen Umayyaden-Herrscher einige der figürlichen Elemente aus dem Mosaik entfernen.

Topografische Darstellung

Auf der Mosaikkarte von Madaba wurde ursprünglich ein Gebiet vom Libanon im Norden bis zum Nildelta in Ägypten und vom Mittelmeer bis zur östlichen Wüste dargestellt. Die Karte zeigt u. a. das (fischlose) Tote Meer mit zwei Booten, Brücken, die die Ufer des Jordan verbinden, im Jordan schwimmende Fische, die vor dem salzigen Toten Meer zurückweichen; einen von Ikonoklasten durch willkürlich eingefügte Tesserae fast unkenntlich gemachten Löwen, der in der Wüste Moabs eine Gazelle jagt, das mit Palmen umstandene Jericho, Betlehem und andere biblisch-christlichen Stätten. Die Karte diente schwerlich dazu, Pilgern die Orientierung im Heiligen Land zu erleichtern, sondern hatte offenbar repräsentativen Charakter. Alle naturräumlichen Einheiten sind mit Erläuterungen in griechischer Sprache beschriftet, die sich zumeist auf die Bibel beziehen. In einer Kombination von Klapp-Perspektive und vogelschauartiger Darstellung sind ungefähr 150 Städte und Dörfer auf der Mosaikkarte abgebildet und benannt.

Taufort des Johannes an der Mündung des Jordan und ein (unkenntlich gemachter) Löwe, der eine Gazelle jagt

Das größte und detailreichste Element der topografischen Darstellung ist Jerusalem im Zentrum der Karte, das mit HAΓΙA ΠOΛIϹ IEPOYϹAΛHM (griechisch Ἁγία πόλις Ιερουσαλήμ, „Heilige Stadt Jerusalem“) bezeichnet wird. Das Mosaik zeigt gut erkennbar einige signifikante Strukturen der Altstadt von Jerusalem: das Damaskustor, das Löwentor, das Goldene Tor, das Zionstor, die Grabeskirche, die Davidszitadelle und den Cardo Maximus. Die nachvollziehbare Darstellung der Topografie der Stadt macht die Madabakarte zum wichtigsten Zeugnis für das spätantike Jerusalem. Einzigartig sind zudem die detaillierten Darstellungen der Städte Neapolis, Askalon, Gaza, Pelusium und Charachmoba auf der Madabakarte, die jeweils durch charakteristische Bauten (Tempel, Kirchen, Säulenstraßen etc.) gekennzeichnet werden.

Wissenschaftliche Bedeutung

Die Mosaikkarte von Madaba ist das älteste bislang bekannte geografische Bodenmosaik. Sie ist für die Lokalisierung und Verifizierung biblischer Stätten von großer Bedeutung. Die Auswertung der Madabakarte trug zum Beispiel dazu bei, die Frage nach der topografischen Lage von Askalon (auf der Karte ’Asqalan) zu lösen. 1967 wurden bei Ausgrabungen im jüdischen Viertel von Jerusalem die Nea-Kirche und der Cardo Maximus an den Stätten entdeckt, die ihre Darstellung auf der Madabakarte vermuten ließ.

Kopien der Mosaikkarte

Eine Kopie der Mosaikkarte von Madaba befindet sich in der Sammlung des Archäologischen Instituts der Universität Göttingen. Sie wurde 1965 von den Archäologen des Rheinischen Landesmuseums Trier bei den Restaurierungsarbeiten in Madaba angefertigt. Eine weitere Nachbildung der Karte, die von Studenten der Madaba Mosaic School erstellt wurde, ist im Foyer des Akademischen Kunstmuseums in Bonn zu sehen.

Literatur

  • Hans Georg Thümmel: Zur Deutung der Mosaikkarte von Madeba. In: Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 89, 1973, S. 66–79.
  • Herbert Donner: Mitteilungen zur Topographie des Ostjordanlandes anhand der Mosaikkarte von Mādebā: Eine Nachlese. In: Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 98, 1982, S. 174–191.
  • Herbert Donner: The Mosaic Map of Madaba: an introductory guide. Kok Pharos Publishing House, Kampen 1992, ISBN 90-390-0011-5.
  • Herbert Donner, Heinz Cüppers: Die Mosaikkarte von Madeba. Tafelband (= Abhandlungen des Deutschen Palästinavereins. Band 5). Harrassowitz, Wiesbaden 1977, ISBN 3-447-01866-6 (kein Textband erschienen).
  • Andrew M. Madden: A New Form of Evidence to Date the Madaba Map Mosaic. In: Liber Annuus 62, 2012, S. 495–513.
  • Rainer Warland: Die Mosaikkarte von Madaba und ihre Kopie in der Sammlung des Archäologischen Instituts der Universität Göttingen. In: Antike Welt. Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte 23, 1992, S. 287–296.
  • Rainer Warland: Die Mosaikkarte von Madaba und ihre Kopie in der Sammlung des Archäologischen Instituts der Universität Göttingen. In: Georgia Augusta. Band 71, 1999, S. 41–48 (Digitalisat).
  • Herbert Donner, Heinz Cüppers: Die Restauration und Konservierung der Mosaikkarte von Madeba. In: Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 83, 1967, S. 1–33.
  • Michael Avi-Yonah: The Madaba mosaic map: with introduction and commentary. Israel Exploration Society, Jerusalem 1954.
  • Eugenio Alliata, Michele Piccirillo (Hrsg.): The Madaba Map: Centenary 1897–1997. Travelling through the Byzantine Umayyad period. Proceedings of the International Conference held in Amman, 7-9 April 1997 (= Studium Biblicum Franciscanum, Collectio Maior 40). Jerusalem 1999.
  • David H. K. Amiran: The Madaba Mosaic Map as a Climate Indicator for the Sixth Century. In: Israel Exploration Journal 47, 1/2, 1997, S. 97–99.
  • Victor Roland Gold: The Mosaic Map of Madeba. In: The Biblical Archaeologist 21, Nr. 3, September 1958, S. 49–71.

Weblinks

Commons: Mosaikkarte von Madaba – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 31° 43′ N, 35° 48′ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Madaba BW 8.JPG
Autor/Urheber: Berthold Werner, Lizenz: CC BY 3.0
Mosaikkarte von Madaba, Jerusalem auf dem berühmten Landkartenmosaik
Madaba Map reproduction.jpg
Autor/Urheber: Bernard Gagnon, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Reproduction of the Madaba Map discovered in Saint George Church in Madaba, Jordan
Sapsaphas Madaba.jpg
Autor/Urheber: Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird Disdero als Autor angenommen (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., Lizenz: CC BY-SA 2.5
Site(s) of Baptism on Madaba Map; M. Disdero, Madaba 21/02/2007
Madaba BW 9.JPG
Autor/Urheber: Berthold Werner, Lizenz: CC BY 3.0
Madaba, Jerusalem auf dem berühmten Landkartenmosaik