Marianne Hoppe

© Oliver Mark, CC BY-SA 4.0
Marianne Hoppe fotografiert von Oliver Mark, Berlin 2001

Marianne Stefanie Paula Henni Gertrud Hoppe (* 26. April 1909 in Rostock; † 23. Oktober 2002 in Siegsdorf[1]) war eine deutsche Schauspielerin.

Leben

Marianne Hoppe (1935)

Marianne Hoppe, Tochter des Rittergutsbesitzers Gustav Hoppe und dessen Ehefrau Margarethe, geb. Küchenmeister[2] wuchs auf Gut Felsenhagen[3] in der Ostprignitz auf. Sie besuchte 1924 bis 1926 das Königin-Luise-Stift in Berlin und anschließend die Handelsschule in Weimar. Marianne Hoppe nahm Schauspielunterricht bei Lucie Höflich und debütierte 1928 in einer Matinee der „Bühne der Jugend“, die aus der Schauspielschule des Deutschen Theaters hervorgegangen war.

In den 1930er Jahren begann sie ihre Karriere am Theater. 1928 bis 1930 spielte sie am Deutschen Theater unter Max Reinhardt, 1930 bis 1932 am Neuen Theater in Frankfurt am Main und 1932 bis 1934 an den Münchner Kammerspielen. Sie war seit 1935 am Preußischen Staatstheater in Berlin unter dem Intendanten Gustaf Gründgens engagiert.

Von 1936 bis 1946 war sie mit ihm verheiratet. Die Ehe sollte beide vor Verfolgung durch das NS-Regime schützen: Beide waren homosexuell[1][4] oder bisexuell.[5] 1946 wurde aus einer Verbindung mit einem britischen Journalisten der Daily Mail, Ralph Izzard, den sie bereits seit 1933 kannte,[6] ihr einziges Kind, der Sohn Benedikt Hoppe, geboren, der als Journalist arbeitet.[7] Später lebte sie in einer Beziehung mit Therese Giehse.[8] In den 1970er Jahren lebte Hoppe mit der Schauspielerin Anni Mewes zusammen.

Berühmt wurde Marianne Hoppe auch als Star der UFA. Bedeutende Filmrollen waren die der Elke in der Verfilmung von Theodor Storms Novelle Der Schimmelreiter und als Effi Briest in Der Schritt vom Wege sowie die Madeleine in Romanze in Moll. Sie stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[9]

Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sie sich auf ihre Theaterarbeit und war verbunden mit den Theatern in Düsseldorf (Düsseldorfer Schauspielhaus), Hamburg (Deutsches Schauspielhaus), Bochum und Frankfurt am Main. Zuletzt war sie regelmäßig im Berliner Ensemble sowie am Wiener Burgtheater zu sehen. Sie stand noch bis ins hohe Alter von 88 Jahren auf der Bühne. In Kir Royal (1986) spielte sie eine Episoden-Hauptrolle.

Zu den herausragenden Arbeiten zählen König Lear unter der Regie von Robert Wilson und Quartett von Heiner Müller unter der Regie des Autors, Am Ziel (Salzburger Festspiele, 1981) und Heldenplatz (Wiener Burgtheater, 1988) von Thomas Bernhard (Regie jeweils Claus Peymann). Ihre letzte Rolle spielte sie im Berliner Ensemble als Ersatz für den erkrankten Bernhard Minetti in Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui von Bertolt Brecht, Regie Heiner Müller.

Grabstätte von Marianne Hoppe

2001 sorgte der Dokumentarfilm von Werner Schroeter Die Königin – Marianne Hoppe noch einmal für Aufsehen.

Hoppes Spielweise war durch eine Mischung aus sowohl Burschikosität und Kraft als auch kühler Distanziertheit und Zerbrechlichkeit gekennzeichnet. Eine charismatische Anziehungskraft fesselte ihr Publikum auch wegen ihrer ganz besonderen Stimme. Nicht selten trat sie auch mit selbstgestalteten literarischen Programmen hervor; so stellte sie nach dem tragischen Tod Ingeborg Bachmanns einen Rezitationsabend mit Texten der Schriftstellerin zusammen, der auch als Sprechplatte erschien.

Ihren Wohnsitz hatte Marianne Hoppe im oberbayrischen Siegsdorf. Auf dem dortigen Friedhof befindet sich auch ihr Grab.[10]

Das Deutsche Theatermuseum in München erwarb 2016 ihren Nachlass.[11]

Filmografie (Auswahl)

Theater (Auswahl)

PremiereStückRolleAutorTheaterHörspielfassung
04.03.1928Mörder für unsLucieWilli SchäferdieckDeutsches Theater (Berlin)
09.06.1928ArtistenTänzerinGloryl Watters, Arthur HopkinsDeutsches Theater Berlin
12.07.1928Der PräsidentElmire BlanchonnetGeorg KaiserKomödienhaus am Schiffbauerdamm
25.10.1928Romeo und JuliaPage des ParisWilliam ShakespeareBerliner Theater
17.01.1929Soeben erschienenNoemieEdouard Bourdet
15.02.1929Die lustigen Weiber von WindsorAnne PageWilliam ShakespeareDeutsches Theater (Berlin)
11.11.1929Vom Teufel geholterstes StubenmädchenKnut HamsunDeutsches Theater (Berlin)
11.03.1930Die liebe Feindinjunges MädchenA.P. AntoineDeutsches Theater (Berlin)
02.08.1930Die Prinzessin und der EintänzerPrinzessin RoxyAlexander Engel, Leo KellerNeues Theater (Frankfurt a. M.)
16.08.1930Das Konto XUlli von WaldhofenRudolf Bernauer, Rudolf OesterreicherNeues Theater (Frankfurt a. M.)
13.09.1930Eltern und KinderHypatiaGeorge Bernard ShawNeues Theater (Frankfurt a. M.)
18.09.1930Freudiges EreignisFloyd Dell, Thomas MitchellNeues Theater (Frankfurt a. M.)
04.10.1930Gott, König und VaterlandJelenaLeo LaniaNeues Theater (Frankfurt a. M.)
30.12.1935Faust IGretchenJohann Wolfgang von GoethePreußisches Staatstheater (Berlin)
06.03.1938Frau Warrens GewerbeVivieGeorge Bernard ShawPreußisches Staatstheater (Berlin)
07.11.1947Die FliegenElektraJean-Paul SartreNeues Theater (Düsseldorf)
14.01.1949Torquato TassoLeonore von EsteJohann Wolfgang von GoetheNeues Theater (Düsseldorf)
04.05.1949Barbara BlombergBarbara BlombergCarl ZuckmayerNeues Theater (Düsseldorf)24.06.1949
10.05.1950Endstation SehnsuchtBlancheTennessee WilliamsSchloßpark-Theater (Berlin)
02.11.1950Anna, Königin für 1000 TageAnna BoleynMaxwell AndersonNeues Theater (Düsseldorf)
09.12.1950Die Cocktail PartyCelia CoplestoneT. S. EliotOpernhaus (Düsseldorf)7.02.1951
11.09.1951Maria StuartMaria StuartFriedrich von SchillerDeutsches Schauspielhaus (Hamburg)
09.11.1951Ein Mädchen vom LandeGeorgie ElginClifford OdetsSchloßpark-Theater (Berlin)
06.08.1952Finden Sie, dass Constanze sich richtig verhält?ConstanzeWilliam Somerset MaughamKleine Komödie (München)
15.04.1953CandidaCandidaGeorge Bernard ShawStädtische Bühnen (Düsseldorf)
23.10.1954Um LucretiaLucile BlanchardJean GiraudouxStädtische Bühnen (Düsseldorf)
02.06.1956Requiem für eine NonneTemple StevensWilliam FaulknerVolkstheater (Wien)
18.10.1956Tagebuch der Anne FrankEdith FrankFrances Goodrich, Albert HackettKammerspiele (München)
02.06.1957Ein TraumspielIndras TochterAugust StrindbergVolkstheater (Wien)
29.07.1957Fast ein Poet (DSE)Deborah HarfordEugene O’NeillLandestheater (Salzburger Festspiele)
07.10.1957An Einzeltischen (DE)Sybil Railton-BellTerence RattiganRenaissancetheater (Berlin)
05.04.1958Fast ein PoetDeborah HarfordEugene O’NeillFreie Volksbühne (Berlin)
12.06.1958Die TroerinnenKassandraEuripidesSchiller-Theater (Berlin)26.10.1958
06.10.1959Süßer Vogel Jugend (DE)Alexandra del LagoTennessee WilliamsSchiller-Theater (Berlin)
24.02.1960Ein Glas WasserHerzogin von MarlboroughEugène ScribeKammerspiele (Köln)
18.09.1960EgmontMargarethe von ParmaJohann Wolfgang von GoetheSchiller-Theater (Berlin)
04.01.1961TotentanzAliceAugust StrindbergSchloßpark-Theater (Berlin)
01.03.1961Der blaue BollFrau BollErnst BarlachSchiller-Theater (Berlin)
09.05.1962Das KonzertMarie HeinkHermann BahrTheater am Besenbinderhof (Hamburg)
01.07.1962Maria StuartElisabethFriedrich von SchillerBad Hersfelder Festspiele
20.10.1962ÖdipusIokasteSophoklesResidenztheater (München)

Hörspiele (Auswahl)

Hörspielrollen
DatumTitelAutorRegieSenderRolle
24.06.1949Barbara BlombergCarl ZuckmayrWilhelm SemmelrothNWDRBarbara Blomberg
23.10.1950Torquato TassoJohann Wolfgang von GoetheHannes KüpperBRLeonore Este
7.02.1951Die CocktailpartyT. S. EliotGustaf GründgensNWDRCelia Copplestone
8.03.1951Die FluchtFritz HochwälderLudwig CremerNWDRDie Frau
6.09.1951Der Tod des EmpeklodesFriedrich HölderlinWilhelm SemmelrothNWDRPanthea
6.03.1952ElektraEuripidesLudwig CremerNWDRElektra
14.10.1952Das FestbankettHellmut von CubbeHeinz-Günter StammBR, RBGewissen
16.12.1952Die versunkene GlockeGerhart HauptmannHeinz-Günter StammBRMagda
4. Februar 1967Das JagdgewehrYasushi InoueKlaus GmeinerORF SalzburgNicht angegeben
15.10.1985Doktor Faustus – ElektrisiertGertrude SteinFriedhelm OrtmannWDRGertrude Stein
8.02.1997Ajax zum BeispielHeiner MüllerWolfgang RindfleischMDR

Quelle:[12]

Dokumentarfilm über Marianne Hoppe

Auszeichnungen und Ehrungen

Literatur

  • Gero von Boehm: Marianne Hoppe. 3. April 1989. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 190–200.
  • Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 433 f.
  • Petra Kohse: Marianne Hoppe. Eine Biografie. Ullstein, Berlin 2001. ISBN 3-89834-028-7.
  • Birgit Pargner: Marianne Hoppe. Erst Schönheit, dann Klugheit und dann das helle saubere Herz. Henschel, Leipzig 2009. ISBN 978-3-89487-646-3.
  • Ingrun Spazier: Marianne Hoppe – Schauspielerin. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 14, 1989.
  • Carola Stern: An den Wassern des Lebens. Gustaf Gründgens und Marianne Hoppe. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005. ISBN 3-462-03604-1.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 1995, 2. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 320 f.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 4: H – L. Botho Höfer – Richard Lester. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 53 f.
  • Peter Michalzik: Horváth, Hoppe, Hitler : 1926 bis 1938 : das Zeitalter der Masse. Berlin : Aufbau, 2022.
Commons: Marianne Hoppe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Axel Schock & Karen-Susan Fessel: OUT! - 800 berühmte Lesben, Schwule und Bisexuelle, Querverlag, Berlin 2004, ISBN 3-89656-111-1
  2. Degeners Wer ist’s? 10. Ausgabe. Degener, Berlin 1935. Who’s who in the Catholic World. 3. Aufl. Intercontinental Book and Publ., Wien 1983.
  3. Märkische Allgemeine Zeitung: Wo Marianne Hoppe aufwuchs. Abgerufen am 23. Januar 2023.
  4. Schauspielerkollegen witzelten damals: „Hoppe, Hoppe Gründgens, wann kommen denn die Kindgens? Es kommen keine Kindgens und das hat seine Gründgens!“Auf den Wassern des Lebens. Über die Doppelbiografie von Carola Stern (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive) Netzeitung, abgerufen am 22. Februar 2007
  5. Süddeutsche Zeitung: Zur Hochzeit eine Hauptrolle. 15. April 2016, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  6. Marianne Hoppe heißt dieses Kind, Die Zeit, Nr. 34, 15. August 1980
  7. Was aus den Kindern berühmter Eltern wurde - WELT. Abgerufen am 23. Januar 2023.
  8. Süddeutsche Zeitung: Zur Hochzeit eine Hauptrolle. Abgerufen am 16. August 2022.
  9. Hoppe, Marianne, in: Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main : S. Fischer, 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 266f.
  10. Klaus Nerger: Das Grab von Marianne Hoppe. In: knerger.de. Abgerufen am 12. Juli 2024.
  11. Christiane Lutz: Zur Hochzeit eine Hauptrolle. sueddeutsche.de, 15. April 2016, abgerufen am 15. April 2016.
  12. ARD Hörspieldatenbank. Abgerufen am 12. Dezember 2020.

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Marianne Hoppe (1909-2002), deutsche Schauspielerin