Liste der Gemälde von Leonardo da Vinci

Porträt des Leonardo da Vinci,
Rötel auf Papier, 27,5 × 19,0 cm,
Francesco Melzi um 1510

Leonardo da Vinci (1452–1519) war einer der führenden Künstler der Renaissance.

Der Nachlass

Die Anzahl der erhaltenen Gemälde Leonardo da Vincis ist gering. Zurzeit werden ihm lediglich fünfzehn erhaltene Gemälde, ganz oder teilweise zugeschrieben. Die Datierung der Werke ist oft unsicher. Die meisten von ihnen liegen als Ölgemälde vor, auf Holz als Bildträger. Erhalten ist aber auch das Wandbild im Refektorium des Klosters Santa Maria delle Grazie in Mailand: „Das letzte Abendmahl“.

Die Zuschreibung weiterer Bilder ist umstritten. Einige sind verschollen und auf ihre vormalige Existenz weisen heute nur Zeugenberichte hin, Kopien zeitgenössischer Künstler sowie Leonardos Studien und Entwürfe zur Vorbereitung der Gemälde. Man geht allerdings davon aus, dass nicht mehr als eine Handvoll Werke, die ausschließlich oder größtenteils von ihm selbst stammen, verlorengegangen sind. Und von jenen Gemälden, die heute als Hauptwerke Leonardos betrachtet werden, scheint er fünf oder sechs, darunter die „Mona Lisa“, niemals aus den Händen gegeben zu haben.[1]

Jüngstes Beispiel einer bisher umstrittenen Zuschreibung ist das Bildnis „La Bella Principessa“. Im Jahr 2009 erregte der britische Kunsthistoriker Martin Kemp Aufsehen mit der Neuzuschreibung des Gemäldes. Kemp begründete die Zuschreibung der „Bella Principessa“ durch forensische Untersuchungsmethoden.[2] Es wäre die erste Entdeckung eines zuvor unbekannten Leonardo-Werks seit 100 Jahren.[3][4]

Die geringe Anzahl der Gemälde wird oft mit der langsamen Arbeitsweise Leonardos erklärt und seiner geradezu chronischen Gewohnheit, die Fertigstellung der Werke stets hinauszuzögern. Bisweilen wird ihm unterstellt, er sei unfähig gewesen, begonnene Projekte zum Abschluss zu bringen.[5] Andererseits vermutet man, dass er als ideenreicher Ingenieur und erfinderischer Technologe nicht darauf angewiesen war, sein Einkommen aus dem Herstellen und dem Verkauf von Kunstwerken zu bestreiten.[1]

Dennoch wurden die wenigen Werke Leonardos, gemeinsam mit seinen Notizbüchern, Skizzen, Zeichnungen und wissenschaftlichen Abhandlungen, wegweisend für spätere Generationen von Künstlern.

Die Werkstatt Leonardos

Seine künstlerische Ausbildung erhielt Leonardo, etwa von 1470 bis 1477, als Schüler des Malers und Bildhauers Andrea del Verrocchio (1435/36–1488) in Florenz. Einigen Gemälden Verrocchios aus dieser Zeit, wie Tobias und der Engel (datiert um 1470–1475) und Die Taufe Christi (datiert um 1472–1475), wird eine Beteiligung Leonardos zugeschrieben.[6][7][8]

Etwa ab 1477 führte Leonardo da Vinci in Florenz ein eigenes Atelier. In Mailand, wo er ab 1482 wirkte, gründete er erst Ende der 1480er Jahre eine Werkstatt (ital.: bottega), in der er Schüler ausbildete und Gesellen beschäftigte, aber auch Handwerker, wie den Metallurgen und Farbenmischer Tommaso Masini (1462/66 – um 1520). Ab 1490/92 befand sich die Werkstatt in der „Corte Vecchia“ (ital. für Alte Hofhaltung), an der Stelle des heutigen Palazzo Reale, im Süden der Piazza del Duomo.[9] Aus ihr gingen Künstler wie Ambrogio de Predis (um 1455– nach 1508), Giovanni Antonio Boltraffio (1467–1516), Cesare da Sesto (1477–1523) und Marco d’Oggiono (um 1475– um 1530) hervor.

Es wird berichtet, dass die Gesellen die Aufträge des Meisters nach dessen Anweisungen ausführten und Leonardo gelegentlich selbst Hand anlegte.[10] In späteren Epochen war es durchaus üblich, dass der Meister auch die Arbeiten seiner Mitarbeiter signierte. Die Künstler des 15. und 16. Jahrhunderts signierten ihre Arbeiten jedoch selten. Von Leonardos Gemälden oder jenen, die nachweislich in seiner Werkstatt entstanden, trägt keines eine Signatur.[11]

Leonardos wohl letztes Gemälde, Johannes der Täufer, wird um 1513–1516 datiert. Es wird angenommen, dass er in seinen letzten Lebensjahren an den Folgen eines Schlaganfalls litt, einer rechtsseitigen Hemiparese. Da Leonardo Linkshänder war und mit der linken Hand zeichnete und schrieb, war er weiterhin in der Lage, Zeichnungen und Skizzen anzufertigen. Gemälde aus den Jahren 1516 bis 1519 sind jedoch nicht bekannt.[12]

Bekannte Werke und ihre Standorte

Standorte der Gemälde von Leonardo da Vinci in Europa

Die Gemälde befinden sich heute in verschiedenen Sammlungen Europas und Nordamerikas.

Das „Bildnis der Ginevra de’ Benci“ ist momentan das einzige Gemälde von Leonardo da Vinci, das sich derzeit in einer Sammlung außerhalb Europas befindet, in der National Gallery of Art in Washington D.C.

Die National Gallery of Art erwarb das Werk im Jahr 1967 für 5 Millionen US-Dollar.[13] Damit war das Bildnis der Ginevra de’ Benci das bis dahin am teuersten verkaufte Gemälde.

Im gleichen Museum befindet sich das Madonnenbild „Maria mit dem Kinde und einem Granatapfel“ (auch „Madonna Dreyfus“ genannt). Die Urheberschaft ist jedoch umstritten und wird heute Lorenzo di Credi (um 1459–1537) zugeschrieben.

Am 15. November 2017 wurde das Gemälde „Salvator mundi“ in einer Auktion des Auktionshauses Christie’s für den Rekordbetrag von 450,3 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 382 Millionen Euro) an einen unbekannten Bieter verkauft. Nach Angaben von Christie’s ist es damit das teuerste jemals versteigerte Kunstwerk.[14]

Ausstellung

Die National Gallery in London zeigte vom 9. November 2011 bis 5. Februar 2012 in der Ausstellung „Leonardo da Vinci - Painter at the court of Milan“ neun der fünfzehn erhaltenen Gemälde Leonardo da Vincis und eine große Zahl seiner Skizzen und Zeichnungen.[15][16]

Die folgende Liste bekannter Werke Leonardo da Vincis schließt verschollene Gemälde ein und Arbeiten, die ihm nicht zweifelsfrei zugeschrieben werden.

Titel
(Ausführung; Format)
DatierungMuseum/SammlungStandortZuschreibungAbbildung
Tobias und der Engel
(Tempera auf Holz; 66 × 84 cm)
um 1470–1475National GalleryLondonAndrea del Verrocchio, Beteiligung Leonardo da Vincis umstritten
Die Taufe Christi
(Öl auf Holz; 152 × 180 cm)
um 1472–1475UffizienFlorenzAndrea del Verrocchio und Leonardo da Vinci
Die Verkündigung
(Öl und Tempera auf Holz; 98 × 217 cm)
um 1472–1475UffizienFlorenzgesichert
Die Anbetung des Kindes mit zwei Engeln in einer Landschaft
(Tempera auf Holz; 47 × 60 cm)
um 1473–1478Institute of ArtsDetroitUmkreis von Andrea del Verrocchio, Beteiligung Leonardo da Vincis umstritten
Madonna mit der Nelke
(Öl auf Holz; 47,5 × 62 cm)
um 1473–1478Alte PinakothekMünchengesichert
Bildnis der Ginevra de’ Benci
(Öl auf Holz; 37 × 43 cm)
um 1474–1478National Gallery of ArtWashingtongesichert
Madonna Dreyfus
(Öl auf Holz; 13 × 16 cm)
um 1475–1480National Gallery of ArtWashingtonumstritten, vermutl. Lorenzo di Credi
Madonna Benois
(Öl auf Leinwand; 31 × 48 cm)
um 1475–1478EremitageSt. Petersburggesichert
Der heilige Hieronymus
(Öl und Tempera auf Holz; 73,5 × 103 cm; unvollendet)
um 1480Vatikanische MuseenVatikangesichert
Zur dargestellten Person, siehe Hieronymus (Kirchenvater).
Die Anbetung der Könige aus dem Morgenland
(Öl auf Holz; 247 × 246 cm, unvollendet)
um 1481UffizienFlorenzgesichert.
Zum dargestellten Sujet, siehe Heilige drei Könige.
Die Felsgrottenmadonna, 1. Version
(Öl auf Holz; 122 × 199 cm)
um 1483–1486LouvreParisgesichert
Dame mit dem Hermelin
(Öl und Tempera auf Holz; 40 × 55 cm)
um 1483–1490NationalmuseumKrakaugesichert
Bildnis eines Musikers
(Öl und Tempera auf Holz; 32 × 45 cm)
um 1485–1490Pinacoteca AmbrosianaMailandumstritten
Zur Biografie der vermutlich dargestellten Person, siehe Franchino Gaffurio.
Madonna Litta
(Öl und Tempera auf Leinwand; 33 × 42 cm)
um 1490–1495EremitageSt. Petersburgumstritten
La Belle Ferronnière
(Öl auf Holz; 44 × 62 cm)
um 1490–1496LouvreParisumstritten
Zur Biografie der dargestellten Person, siehe La Belle Ferronière.
La Bella Principessa
(Kreide und Tusche auf Vellum; 22 × 33 cm)
um 1490 ?Privatbesitzumstritten
Die Felsgrottenmadonna, 2. Version
(Öl auf Holz; 120 × 189,5 cm)
um 1493–1508National GalleryLondongesichert
Das letzte Abendmahl
(Seccomalerei; 904 × 422 cm)
um 1494–1498Kloster Santa Maria delle GrazieMailandgesichert
Karton für Porträt Isabella d’Este
(Kreide und Rötel auf Papier, perforiert; 46 × 63 cm)
1499–1500LouvreParisgesichert
durch Briefe sind mindestens zwei Porträtzeichnungen Isabella d’Este dokumentiert und 1501–1506 ihre Aufforderungen, das versprochene Porträt in Farbe auszuführen
Salvator Mundi
(Öl auf Holz; 46 × 66 cm)
um 1500Privatbesitzumstritten
Madonna mit der Spindelum 1501verschollen,
verschiedene Kopien vorhanden
die Arbeit Leonardos an diesem Gemälde gilt als gesichert
Die Schlacht von Anghiari
(vermutlich unvollendet[17])
um 1503–1506verschollen,
ursprünglicher Standort als Wandbild im Palazzo Vecchio, Florenz.
Studien vorhanden im Bestand der Royal Collection, Windsor
die Arbeit Leonardos an diesem Gemälde gilt als gesichert.
Zum Ereignis der Schlacht, siehe Schlacht von Anghiari.
Bildnis der Mona Lisa
(Öl auf Holz; 53 × 77 cm)
um 1503–1506LouvreParisgesichert
Leda mit dem Schwanum 1503–1508verschollen,
verschiedene Studien vorhanden
die Arbeit Leonardos an diesem Gemälde gilt als gesichert.
Zum dargestellten Sujet, siehe Leda (Mythologie).
Anna selbdritt
(Öl auf Holz; 130 × 168 cm)
um 1508–1510LouvreParisgesichert
La Scapigliata
(Öl auf Holz; 21 × 24,7 cm)
um 1508Galleria nazionale di ParmaParmagesichert
Bacchus
(Öl auf Holz; 115 × 177 cm)
um 1510–1515LouvreParisgesichert
Johannes der Täufer
(Öl auf Holz; 57 × 69 cm)
um 1513–1516LouvreParisgesichert

Literatur

  • David Alan Brown: Leonardo da Vinci: Origins of a Genius. Yale University Press, New Haven, 1998, ISBN 0-300-07246-5.
  • Frank Zöllner: Leonardo da Vinci – Sämtliche Gemälde und Zeichnungen. Taschen, Köln 2011, ISBN 978-3-8365-2972-3.
  • Charles Nicholl: Leonardo da Vinci – Die Biographie. S. Fischer, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-10-052405-8.
  • Franziska Windt: Andrea del Verrocchio und Leonardo da Vinci: Zusammenarbeit in Skulptur und Malerei. Rhema, Münster 2003, ISBN 3-930454-39-4.
  • Daniel Arasse: Leonardo da Vinci. Dumont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2002, ISBN 978-3-8321-7150-6.
  • Martin Kemp: Leonardo. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56821-3.

Weblinks

Commons: Gemälde von Leonardo da Vinci – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Kemp, S. 20
  2. Tom O’Neill: La Bella Principessa - ein echter da Vinci? In: National Geographic Deutschland. Februar 2012, S. 122–129.
  3. Neuer da Vinci entdeckt? – Teure Prinzessin. (Memento vom 17. Oktober 2009 im Internet Archive) In: Süddeutsche Zeitung, 14. Oktober 2009.
  4. Da Vinci-Code entschlüsselt: Echtes Bild, falsche Frau?, von Ulli Tückmantel. In: RP Online, 15. Oktober 2009.
  5. Kemp, S. 7
  6. Kemp, S. 288
  7. Brown, S. 51
  8. Nicholl, S. 122 ff
  9. Nicholl, S. 323
  10. Nicholl, S. 300
  11. Angela Ottino della Chiesa (Hrsg.): The Complete Paintings of Leonardo da Vinci. Weidenfeld & Nicolson, London 1969, ISBN 0-297-17702-8
  12. Nicholl, S. 600
  13. Ingeborg Walter, Roberto Zapperi: Das Bildnis der Geliebten: Geschichten der Liebe von Petrarca bis Tizian. C. H. Beck, München 2007, S. 57 ISBN 978-3-406-55502-2
  14. Da-Vinci-Gemälde für 450.312.500 Dollar versteigert, spiegel.de, 16. Oktober 2017.
  15. Ausstellung „Leonardo da Vinci - Painter at the court of Milan“ (Memento vom 24. April 2012 im Internet Archive) auf der offiziellen Website der National Gallery (London)
  16. Da Vinci in London - Der Herrscher über die Seelen In: faz.net, 8. November 2011
  17. Kemp, S. 27

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Leonardo, ultima cena (restored) 02.jpg

LEONARDO da Vinci The Last Supper

Mixed technique, 460 x 880 cm

Convent of Santa Maria delle Grazie, Milan
Leonardo da Vinci - Virgin and Child with St Anne C2RMF retouched.jpg
Dieses Bild wurde digital nachbearbeitet. Folgende Änderungen wurden vorgenommen: increased brightness and contrast for better viewing on screens. Das Originalbild kann hier eingesehen werden: La Vierge, l'Enfant Jésus et sainte Anne, by Leonardo da Vinci, from C2RMF.jpg.

Leonardo da Vinci - Portrait of a Musician - Pinacoteca Ambrosiana.jpg
The Portrait of a Musician is an unfinished painting widely attributed to the Italian Renaissance artist Leonardo da Vinci, dated to etwa 1483–1487. Produced while Leonardo was in Milan, the work is painted in oils, and perhaps tempera, on a small panel of walnut wood. It is his only known male portrait painting, and the identity of its sitter has been closely debated among scholars. Until the 20th century it was thought to show Ludovico Sforza, a Duke of Milan and employer of Leonardo. During a 1904–1905 restoration, the removal of overpainting revealed a hand holding sheet music, indicating that the sitter was a musician. This version is from the website of the Pinacoteca Ambrosiana, the museum that houses the painting, and has darker and more realistic tones that are not sacrificed by the flash of a camera.
Europe laea location map.svg
Autor/Urheber: Alexrk2, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Positionskarte Europa; Politisch mit Staatsgrenzen, Inlandgewässer; Flächentreue Azimutalprojektion
Leonardo da Vinci or Boltraffio (attrib) Salvator Mundi circa 1500.jpg
A painting recently by some experts authenticated as the work of Leonardo da Vinci. "Salvator Mundi," dating to around 1500. It depicts a half-length figure of Christ with one hand raised in blessing and the other holding an orb.
Lascapigliata.jpg
La Scapigliata
Andrea del Verocchio - Tobias and the Angel.jpg
Das Gemälde wurde an einen noch zu ermittelnden Assistenten delegiert. Der Fisch (Martin Kemp und National Gallery), der Hund (David Alan Brown, Kurator für Malerei der italienischen Renaissance an der National Gallery of Art in Washington D.C., Charles Nicholl, Leonardo-Biograf) und National Gallery und die Locke des Haarschopfes (Charles Nicholl) des Tobias werden möglicherweise dem jungen Leonardo da Vinci (1452−1519) zugeschrieben, der etwa von 1470 bis 1477 seine künstlerische Ausbildung in der florentiner Werkstatt Verrocchios erhielt.