Kurt Latte

Kurt Latte (* 9. März 1891 in Königsberg i. Pr.; † 18. Juni 1964 in Tutzing) war ein deutscher Altphilologe.

Leben

Lattes Vater war der Königsberger Arzt Isaak Latte, der als Medizinstudent Mitglied des Corps Masovia geworden und als Alter Herr ausgeschieden war (siehe Corps Masovia Königsberg zu Potsdam#Normannia II).

Kurt Latte studierte an der Albertus-Universität Königsberg, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin Klassische Philologie. Bei Ludwig Deubner schrieb er seine Doktorarbeit über kultische Tänze im antiken Griechenland.[1] 1913 wurde er in Königsberg zum Dr. phil. promoviert. Anschließend begann er mit der Edition des Wörterbuchs des Hesychios von Alexandria. Nachdem er am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, war Latte 1920–1923 Assistent am Institut für Altertumskunde der Universität Münster. Dort habilitierte er sich 1920 mit einer Arbeit über griechisches und Gewohnheits- und Sakralrechtswesen im antiken Rom.[2] In dieser Zeit führte er den Begriff der Erfolgsethik im Kontext antiker Ethik ein. Als Nachfolger von Johannes Mewaldt kam er 1923 auf den Lehrstuhl der Preußischen Universität zu Greifswald. 1926 wechselte er als Nachfolger von Günther Jachmann an die Universität Basel. An der Georg-August-Universität Göttingen folgte er 1931 Eduard Fraenkel als o. Professor. Aufgrund seiner Klassifizierung als Jude durch die Nationalsozialisten wurde er am 1. April 1936 zwangsemeritiert.[3] 1937 kehrte Latte von einer Gastprofessur an der University of Chicago nach Deutschland zurück. Er überstand die nationalsozialistische Herrschaft in Hamburg (unterstützt durch Bruno Snell), Düsseldorf (Am Ellerforst 24) und Osterode am Harz, wohin ihn sein früherer Greifswalder Kollege Konrat Ziegler eingeladen hatte, der ihn zeitweilig versteckte. 1945 konnte er seinen Göttinger Lehrstuhl wieder übernehmen. Zugleich verhinderte er eine Berufung Zieglers, was zum Bruch zwischen den beiden Freunden führte. Nach seiner Emeritierung 1957 zog er nach Tutzing und hielt bis zu seinem Tod noch Seminare über griechisches Recht an der Universität München.

Wissenschaftlich beschäftigte sich Latte vor allem mit der Herausgabe des Hesychios und der antiken Religionsgeschichte. Er verfasste 137 Artikel für Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft.[4]

Ehrungen

Schriften

  • Heiliges Recht. Untersuchungen zur Geschichte der sakralen Rechtsformen in Griechenland. Mohr, Tübingen 1920; Nachdruck: Scientia, Aalen 1964.
  • Hesychii Alexandrini Lexicon. Band 1 und 2, Munksgaard, Hauniae (= Kopenhagen) 1953 und 1966.
  • als Neubearbeiter: Römische Religionsgeschichte. (= Handbuch der Altertumswissenschaft, Abt. 5: Geschichte der Philosophie, Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften, Religionsgeschichte, Teil 4). Beck, München 1960, Nachdruck 1976, ISBN 3-406-01374-0.
  • Kleine Schriften zu Religion, Recht, Literatur und Sprache der Griechen und Römer. Beck, München 1968, DNB 457365242.
  • Opuscula inedita. Zusammen mit Vorträgen und Berichten von einer Tagung zum vierzigsten Todestag von Kurt Latte (= Beiträge zur Altertumskunde, Band 219). Herausgegeben von Carl Joachim Classen. Saur, München 2005, ISBN 3-598-77831-7.

Literatur

  • Cornelia Wegeler: „… wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik“. Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut für Altertumskunde 1921–1962. Böhlau, Wien 1996, ISBN 3-205-05212-9, bes. S. 112–114, 172–180, 263–267.
  • Latte, Kurt. In: Lexikon Greifswalder Hochschullehrer 1775 bis 2006. Band 3: Lexikon Greifswalder Hochschullehrer 1907 bis 1932. Bock, Bad Honnef 2004, ISBN 3-87066-931-4, S. 132–133.
  • Hans Gärtner: „Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten!“ Unpublizierte Briefe Kurt Lattes aus den Jahren 1943–1946. In: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft. Band 5, 2002, S. 185–219 (PDF).
  • Dietmar Schmitz: Latte, Kurt. In: Peter Kuhlmann, Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 6). Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02033-8, Sp. 704–705.
  • Hans Huchzermeyer: Maschke – Latte: Porträt einer jüdisch-christlichen Familie aus Königsberg/Preußen. Abraham Maschke (Arzt) – Richard Maschke (Jurist) – Kurt Latte (Altphilologe). In: ders.: Studien zur Musik- und Kulturgeschichte Berlins, Pommerns und Ostpreußens im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Huchzen-Verlag, Minden 2013, ISBN 978-3-00-041716-0, S. 260–284.
  • Heinrich DörrieLatte, Kurt. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 685 f. (Digitalisat).
  • Wolfgang Kunkel: In memoriam Kurt Latte. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung. Band 82, 1965, S. 486–490.
  • Carl Joachim Classen: Kurt Latte. Professor der Klassischen Philologie 1931–1935; 1945–1957, in: Die klassische Altertumswissenschaft an der Georg-August-Universität Göttingen. Eine Ringvorlesung zu ihrer Geschichte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989 (Göttinger Universitätsschriften, Serie A, Schriften, 14) S. 197–233, ISBN 3-525-35845-8 (mit Foto).
  • Rudolf Stark: Kurt Latte †. In: Gnomon. Band 37, 1965, S. 215–219.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dissertation: De saltationibus Graecorum capita quinque.
  2. Habilitationsschrift: Heiliges Recht : Untersuchungen zur Geschichte der sakralen Rechtsformen in Griechenland.
  3. Cornelia Wegeler: „… wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik“. Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut für Altertumskunde 1921–1962. Böhlau, Wien 1996, S. 174.
  4. Register aller Artikel Lattes in der RE im Digitalisierungsprojekt zur RE auf Wikisource.
  5. Deceased Fellows. British Academy, abgerufen am 26. Juni 2020.
  6. Past Members: K. Latte. Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 24. Mai 2023.

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