Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum

Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum
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Partei­vorsitzenderHans Joachim Grimm (i.U)
General­sekretärJudith Jahnke (i.U)
Stell­vertretende VorsitzendeStephan „Mao“ Meyer (i.U), Alex Zielke (i.U), Riza A. Cörtlen (i.U)
Bundes­schatz­meisterRolf Götze (i.U)
Gründung18. September 1988
Gründungs­ortBerlin, Lausitzer Platz
Mitglieder­zahlca. 400
Durch­schnitts­alter39 Jahre
Frauen­anteil60 %
Websitewww.kpd-rz.de

Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum (Kurzbezeichnung: KPD/RZ) war eine Spaßpartei, in der Tradition der Spaßguerilla, gegründet im Jahre 1988 im Norden von Berlin-Kreuzberg. Sie bezeichnete sich als die einzige demokratische Massenpartei der extremen Mitte. Ihr Motto lautete Radikal gegen jeden Extremismus. Seit etwa 2005 war die KPD/RZ nur noch schwer öffentlich erkennbar, laut eigener Sprachregelung „ist der gesamte Vorstand der Partei im Untergrund“. Ehemals führende Personen wie Riza A. Cörtlen treten seit 2006 für die Die Partei bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen an.[1] In einem Arte-Beitrag wurde die Fusion der KPD/RZ mit Die Partei bereits 2005 bekannt gegeben.[2] Am 3. April 2016 veröffentlichte Die Partei Berlin auf ihrem Youtube-Kanal den Videomitschnitt der vorläufigen Abschiedspressekonferenz der Kreuzberger Patriotischen Demokraten/Realistisches Zentrum vom 1. April 2016 mit dem Titel „KPD/RZ übergibt politische Verantwortung an die Partei DIE PARTEI“[3], auf der Riza A. Cörtlen vermummt vor Pressevertretern einen Text vorliest.

Geschichte

Die Kiezpartei KPD/RZ begann als humorige Kolumnistenfraktion der Autonomen namens „MuZ“ (Menschenverachtend und Zynisch)[4] In Erscheinung trat sie zuerst mit einer kostenlos verteilten Zeitung mit Namen RZ (insgesamt 12 Ausgaben), deren Erstausgabe am 1. April 1989 erschien.[5][6] Mitarbeiter waren: Bommi Baumann, Bert Bunkert, Karsten Dose, Hans Durst, Wiglaf Droste, Bernhard Feder, Rolf Goetze, Gernot Hoffmann, Helmut Höge, Thomas Kapielski, Cluse Krings, Christiane Kühn, Beate Kupstor, Harm Los, Stefan M. Meyer, Isabel Montes, Pinus, Otto Graf Vieh, Sibylle Schmidt, A. Schmidt, Wolfgang Kröske alias „Dr. Seltsam“[7][8][9] Sabine Vogel, Frank Wendler. Später trat sie zu Wahlen an. Spitzenkandidaten der KPD/RZ waren unter anderem Norbert Hähnel und Bela B. Die Ärzte zählten neben der Terrorgruppe zu den parteinahen Musikgruppen aus Berlin. Die Terrorgruppe nahm unter dem Namen Stadtteilgruppe eine Wahlkampf-Single für die KPD/RZ mit dem Titel Kreuzberg zuerst! auf. Die KPD/RZ organisierte 1993 einen unbefristeten Hungerstreik vor dem Postamt am Halleschen Tor sowie mit einer Lichterkette um das Postamt 36 in der Skalitzer Straße Widerstand gegen die Einführung der neuen „falschen“ Postleitzahlen. Eine weitere wichtige Aktion der Partei war die Demonstration gegen nächtliche Ruhestörung und sinnlose Gewalt, bei der rund 2500 Demonstranten am 1. Mai 1995 zur Nachtzeit durch Berlin-Kreuzberg zogen, mittels aller möglicher Instrumente einen Höllenlärm veranstalteten und dabei „Ruhe! Ruhe!“ skandierten. Diese Demonstration musste kurzfristig von der KPD/RZ organisiert werden, da keine politische Gruppierung bereit war, an diesem ersten Mai eine Kundgebung in Kreuzberg zu veranstalten. Ein Schwerpunkt der politischen Arbeit der KPD/RZ war die Ablehnung der Bezirksreform, durch die Kreuzberg mit Friedrichshain fusioniert wurde. Daraus resultierten die (offiziell angemeldeten) alljährlichen Straßenschlachten gegen Friedrichshain auf der Oberbaumbrücke von 1995 bis 2006. Über diese Schlachten wurde 2007 von A. Friedman (USA) und K. Klimkiewicz (Polen) für das Berlinale Talent Campus ein prämierter Dokumentarfilm gedreht: Wasserschlacht – The Great Border Battle.

Wahlergebnisse

Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 1995 erhielt die Partei im Bezirk Kreuzberg 1.472 Zweitstimmen (2,8 Prozent in Kreuzberg) und wurde die fünftgrößte Partei Kreuzbergs. Motto des Wahlkampfs war „Was wir versprechen, sind Versprechungen“.

Bei der Abgeordnetenhaus-Wahl 1999 erreichte sie landesweit 3.390 Stimmen (0,2 Prozent). Zitat: 1999 errang die KPD/RZ nach einem fulminanten Wahlkampf mit Forderungen wie »Rauchverbot in Einbahnstraßen« und »Ausgehverbot für Männer bei Temperaturen über 30 Grad« mehr als doppelt so viele Stimmen wie die FDP in Kreuzberg.[10] In Kreuzberg errang die KPD/RZ mit 1.950 Stimmen (4,2 Prozent) ein Mandat in der Kreuzberger BVV, welches als erster Kandidat im Rotationsprinzip von Nanette Fleig (Listenplatz 1) ausgefüllt wurde. Danach folgten noch weitere Mandatsträger. Durch die Kombination aus Bezirksreform und frühzeitigen Neuwahlen veranlasst durch den Berliner Bankenskandal ging dieses aber 2001 verloren.[11][12]

Im Jahr 2001 vereinigten sich, der Zwangssituation der Bezirksreform geschuldet, KPD/RZ und Friedrichshainer Amorphe Zentralisten (FAZ) kurzfristig zu einer Partei namens SED (von lat. sed: aber, dennoch), die im neu geschaffenen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg noch im selben Jahr zur Wahl antrat. Sie traf durch Wahlplakate mit dem Slogan „SED – Opfer müssen verzichten können“ (Anfang September 2001) und politischen Kampagnen (Mitte August 2001), wie z. B. die städtische Subventionierung des Hoch- und Tiefbaugewerbes entlang des ehemaligen Mauerstreifens in Berlin, zwar den „Nerv der Zeit“, wurde aber dennoch mit 1,9 Prozent abgestraft und scheiterte an der 3-Prozent-Hürde.

Alle drei Parteien (KPD/RZ, FAZ, SED) existierten seit der „Wahlschlappe“ unabhängig voneinander weiter.

Seit der Bundestagswahl 2005 tritt die KPD/RZ nicht mehr bei Wahlen an, sondern berät ideologisch im Hintergrund unter anderem Die Partei in deren politischem Auftreten.

Bekannte Mitglieder

Politische Ziele

Die KPD/RZ fordert die „radikale Demokratie“. Einige ihrer Partei-Ziele sind:

  • Ausgehverbot für Männer bei Außentemperaturen über 30°
  • Nachtflugverbot für Pollen
  • Förderung der Kreuzberger Zeppelinindustrie
  • Rauchverbot in Einbahnstraßen
  • Flottere Melodien für Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr
  • Kreuzberg braucht einen ganzjährig eisfreien Tiefseehafen
  • Halbierung der Schwerkraft bis zum Jahr 2010
  • Ökologische Kriegsführung durch bleifreie Betankung von Panzern
  • Rotationsprinzip für Straßennamen
  • Abtragung des Kreuzberges und Wiederaufschüttung an repräsentativer Stelle
  • Zuzugssperre für Süddeutsche, insbesondere Schwaben[27][28]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b abgeordnetenwatch.de
  2. „PARTEI“ und KPD/RZ: Die Vereinigung von 2005 (ARTE)
  3. KPD/RZ übergibt politische Verantwortung an die Partei DIE PARTEI
  4. a b Helmut Höge: Reintegrationsmaßnahmen. In: taz, 8. Oktober 1999
  5. biblioman.info (Memento vom 14. September 2016 im Internet Archive)
  6. zvab.com
  7. Der Frühschoppen
  8. Höhnende Wochenschau
  9. Der Ziegelbrenner
  10. jungle-world.com (Memento vom 14. September 2016 im Internet Archive)
  11. Holger Stark: Berlin KPD/RZ-Kandidatin Nanette Fleig will Bürgermeisterin der Herzen sein – nach der Auflösung der Sponti-Gruppe ist sie parteilos. In: Der Tagesspiegel, 11. Oktober 1999
  12. Andreas Spannbauer: TAZ 12. Oktober 1999
  13. Angie Pohlers: Weltuntergang in Kreuzberg „Die Partei“ feiert mit K.I.Z am Oranienplatz Hip Hop-Konzert und Polit-Satire: K.I.Z lassen ihre Fans die Booties shaken, Riza A. Cörtlen von der „Partei“ ruft sich zum Regierenden aus und Berlin feiert den „Nachfolger“ von Michael Müller. In: Der Tagesspiegel, 16. Juli 2015
  14. Extremisten der Mitte. In: Die Zeit, Nr. 30/1993
  15. hansdurst.com (Memento vom 14. Februar 2005 im Internet Archive)
  16. a b freshfamily.de
  17. die-beste-band-der-welt.de
  18. Ingeborg Harms: Berliner Canapés: Grotten-TV. In: Die Zeit, Nr. 19/2015
  19. Jens Uthoff: Mit aller Kraft der Nasenflügel. In: taz,30. April 2012
  20. Jens Uthoff: Zinken putzen – Oberkreuzberger Nasenflötenorchester feiert seinen 20. Geburtstag. In: Der Tagesspiegel, 12. Mai 2012
  21. Karin Schmidl: Das Kreuzberger Nasenflötenorchester ist alles andere als seriös – Gefiepter Kuschelrotz. In: Berliner Zeitung, 7. Dezember 2005
  22. lecorte.de
  23. Sabine Lueken: Frau Schmidt aus Kreuzberg. In: Kreuzberger Chronik, Juli 2005, Ausgabe 69
  24. Gunnar Hinck: Kandidatin für Berlin-Wahl – Früher taz, jetzt AfD. In: taz, 4. August 2016
  25. Fabian Federl: AfD-Wahlkampf in Friedrichshain-Kreuzberg. Wie Rechts- um Linksalternative werben. In: Der Tagesspiegel, 21. Juli 2016
  26. Fabian Federl: Linker Bezirk in Berlin Wie die AfD in Friedrichshain und Kreuzberg punkten will. In: Der Tagesspiegel, 9. Juni 2016
  27. Endlich: die KPD/RZ hat Antworten auf alle unsere Fragen! In: Die Tageszeitung: taz. 4. März 1989, ISSN 0931-9085, S. 28 (taz.de [abgerufen am 15. Mai 2021]).
  28. Extremisten der Mitte. In: Die Zeit. 23. Juli 1993, abgerufen am 15. Mai 2021.

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