Kreishauptmannschaft Bautzen

Die Kreishauptmannschaft Bautzen (obersorbisch Wokrjesne hejtmanstwo Budyšin) war eine Verwaltungseinheit in Sachsen. Sie umfasste das nach 1815 beim Königreich Sachsen verbliebene Gebiet der Oberlausitz und existierte von 1835 bis 1932.

Geschichte

Siegelmarke Königlich Sächsische Kreishauptmannschaft Bautzen W0220054

Am 1. Mai 1835 wurden im Königreich Sachsen zum ersten Mal Provinzialbehörden installiert, die mit den preußischen Regierungsbezirken vergleichbar waren. Es entstanden die Kreisdirektionen Dresden, Leipzig, Zwickau und Bautzen, letztere ist als verwaltungstechnischer Nachfolger des Markgrafentums Oberlausitz (ohne die 1815 an Preußen abgetretenen Gebiete) anzusehen. Durch die sächsische Verwaltungsreform von 1873 wurden die vier Kreisdirektionen in „Kreishauptmannschaften“ überführt. Im Jahr 1900 entstand zusätzlich noch die Kreishauptmannschaft Chemnitz.

Aufgrund der Weltwirtschaftskrise wurde zum 1. Juli 1932 im Zeichen von Sparmaßnahmen die kleinste sächsische Kreishauptmannschaft Bautzen mit der Kreishauptmannschaft Dresden zur Kreishauptmannschaft Dresden-Bautzen zusammengelegt. Diese wurde 1939 in Regierungsbezirk Dresden-Bautzen umbenannt, bestand aber in dieser Form nur bis 1943. Nach 1945 gab es Planungen zur erneuten Errichtung von Regierungsbezirken (Dresden, Chemnitz, Leipzig, Zwickau und erneut Bautzen), die aber zugunsten der Verwaltungsneugliederung in der DDR fallengelassen wurden.

Obwohl Bautzen im 19. Jahrhundert eine Kleinstadt war, wurde sie verwaltungsfunktional mit den bedeutenden Großstädten Leipzig und Dresden gleichgestellt und gehörte somit zu den vier, später fünf zentralen Orten von Sachsen. Diese herausgehobene Stellung lässt sich mit der besonderen Geschichte der Oberlausitz und des Oberlausitzer Sechsstädtebunds erklären, deren „Hauptstadt“ Bautzen über Jahrhunderte war. Der Kreishauptmann von Bautzen stand also in gewisser Tradition der Landvögte der Oberlausitz.

Bautzen war mit seinem Dom auch Sitz der Apostolischen Präfektur Meißen. Nach ihrer Lage bzw. ihrem Sitz wurde die Präfektur auch Apostolische Präfektur der Lausitzen oder Apostolische Präfektur Bautzen genannt. Der Heilige Stuhl hatte das lausitzische Diözesangebiet des Bistums Meißen 1567 verselbständigt, wobei eine Apostolische Präfektur kirchenrechtlich ein Bistum auf Probe darstellt.[1] Dagegen wurde das Bistum Meißen mit Sitz in Meißen 1581 in seinem kursächsischen Kerngebiet aufgehoben. Im lausitzischen Diözesangebiet Meißens hatte der dortige königlich-böhmische Landesherr Katholiken und Kirche nicht bedrängt. Als die Lausitzen 1635 ans lutherische Kursachsen fielen, sicherte dieses im Übergabevertrag (Traditionsrezess) zu, die religiösen Verhältnisse nicht zu ändern.

Am 24. Juni 1921 erhob Benedikt XV. die Präfektur Meißen zum neuen Bistum Meißen, wobei Bautzen als Sitz der vormaligen Präfektur nun Bischofsstadt wurde.[1] Das in Dresden ansässige Apostolische Vikariat in den Sächsischen Erblanden wurde gleichzeitig aufgehoben und sein Gebiet dem Bischof in Bautzen zugeordnet.[1]

Der Verlust der zentralen Verwaltungsposition der Stadt wurde in gewissem Maße durch die Verlagerung anderer überregionaler Funktionen nach Bautzen kompensiert. So entstand im Jahr 1933 nach der Auflösung der Kreishauptmannschaft in Bautzen unter anderem das erste staatliche Regionalarchiv in Sachsen (heute Staatsfilialarchiv Bautzen). Bautzen blieb Bischofsstadt, bis Bischof Gerhard Schaffran den Sitz am 25. März 1980 nach Dresden verlegte, was sich auch im neuen Namen Bistum Dresden-Meißen widerspiegelt. Heute ist die Ortenburg Sitz des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts.

Kreishauptmann

Auf der Ortenburg saß der Kreishauptmann.

Gliederung

Zur Kreishauptmannschaft Bautzen gehörten die Amtshauptmannschaften Bautzen, Kamenz, Löbau und Zittau. Am 1. Dezember 1910 sah die Statistik wie folgt aus:[2]

Einwohnerverzeichnis
VerwaltungseinheitKommunenFläche in km²Einwohnerzur Gemeindeauflistung
Amtshauptmannschaft Bautzen256826,49136.600siehe: Gemeindeverzeichnis Amtshauptmannschaft Bautzen 1910
Amtshauptmannschaft Kamenz119695,94076.070siehe: Gemeindeverzeichnis Amtshauptmannschaft Kamenz 1910
Amtshauptmannschaft Löbau093523,09107.580siehe: Gemeindeverzeichnis Amtshauptmannschaft Löbau 1910
Amtshauptmannschaft Zittau062424,21123.299siehe: Gemeindeverzeichnis Amtshauptmannschaft Zittau 1910
KREISHAUPTMANNSCHAFT5302.469,730.443.549
15 größte Städte und weitere Gemeinden (kursiv: keine Stadt) sowie 10 einwohnerstärkste Gutsbezirke
PlatzKommuneAmtshauptmannschaftEinwohnerzahlPlatzselbständiger GutsbezirkAmtshauptmannschaftEinwohnerzahl
01ZittauZittau37.08401Kloster Sankt MariensternKamenz159
02BautzenBautzen32.75402Gutsbezirk Kloster Sankt MarienthalZittau156
03NeugersdorfLöbau11.59503Rittergut Berthelsdorf bei HerrnhutLöbau130
04KamenzKamenz11.53304Rittergut DrehsaBautzen121
05LöbauLöbau11.26105Rittergut NeschwitzBautzen099
06EbersbachLöbau09.58506Rittergut SchmöllnBautzen095
07SeifhennersdorfZittau08.11607Rittergut BaruthBautzen094
08BischofswerdaBautzen08.04808Rittergut Mittelsohland am RothsteinLöbau093
09GroßröhrsdorfKamenz08.01209Rittergut KleinbautzenBautzen085
10GroßschönauZittau07.80610Schloß Reibersdorf*Zittau081
11Reichenau*Zittau07.386
12OlbersdorfZittau05.463
13Sohland an der SpreeBautzen05.335
14EibauLöbau05.244
15PulsnitzKamenz04.111
Summe:173.3330
(*) heute zu Polen

Die beiden Städte Bautzen und Zittau wurden erst 1922 als eigenständige Stadtkreise aus den jeweiligen Amtshauptmannschaften ausgegliedert.

Einwohnerentwicklung

JahrEinwohner
1834257.444
1837262.913
1840270.515
1843276.548
1846286.171
1849290.589
1852295.947
1855294.851
JahrEinwohner
1858301.153
1861308.488
1864316.886
1867322.909
1870328.312
1875339.203
1878345.400
1881350.131
JahrEinwohner
1886359.352
1890370.739
1894382.168
1898395.452
1902411.909
1906429.160
1910443.549
1914454.100

Anmerkungen:

  • 1846: Schirgiswalde (ca. 2000 Einwohner) kommt an Sachsen.
  • 1855: Die Stadt Stolpen (1347 Einwohner) geht an die Kreishauptmannschaft Dresden über.

Sonstiges

Das Kraftfahrzeug-Kennzeichen in der Kreishauptmannschaft Bautzen: I[3]

Literatur

  • Erich Merkel: Sächsische Bürgerkunde. Ein gemeinverständlicher Abriss der Verfassung und Verwaltung in Sachsen und dem deutschen Reiche. Leipzig 1913.
  • Thomas Klein (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe B: Mitteldeutschland. Band. 14: Sachsen. Johann-Gottfried-Herder-Institut, Marburg/Lahn 1982, ISBN 3-87969-129-0, S. 274 f.
  • Rochus Schrammek: Verkehrs- und Baugeschichte der Stadt Bautzen. Domowina-Verlag, Bautzen 1984.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Eintrag zu Diözese Dresden-Meißen auf catholic-hierarchy.org; abgerufen am 18. Juli 2016.
  2. Willkommen bei Gemeindeverzeichnis.de. Abgerufen am 5. September 2023.
  3. Thomas Noßke: Kraftfahrzeug-Kennzeichen im Deutschen Reich. Abgerufen am 14. Juni 2019.

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Ortenburg Bautzen 101.jpg
Autor/Urheber: Stephan M. Höhne, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Ortenburg in Bautzen.

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Siegelmarke Königlich Sächsische Kreishauptmannschaft Bautzen W0220054.jpg

Siegelmarke
Titel: Königlich Sächsische Kreishauptmannschaft Bautzen
Beschreibung: hellgrün, weiß, geprägt
Ort: Bautzen

Größe: 4x4 cm