Kreis Schleswig

WappenDeutschlandkarte
Kreis Schleswig
Deutschlandkarte, Position des Kreises Schleswig hervorgehoben
Basisdaten (Stand 1974)
Koordinaten:54° 31′ N, 9° 34′ O
Bestandszeitraum:1867–1974
Bundesland:Schleswig-Holstein
Verwaltungssitz:Schleswig
Fläche:1.054,07 km2
Einwohner:101.400 (31. Dez. 1973)
Bevölkerungsdichte:96 Einwohner je km2
Kfz-Kennzeichen:SL
Kreisschlüssel:01 0 42
Kreisgliederung:79 Gemeinden
Lage des Kreises Schleswig in Schleswig-Holstein
Karte
Karte

Der Kreis Schleswig war von 1867 bis 1974 ein Landkreis in der preußischen Provinz bzw. dem Bundesland Schleswig-Holstein.

Geographie

Der Kreis lag im Norden Schleswig-Holsteins. Er grenzte Anfang 1974 im Uhrzeigersinn im Norden beginnend an die Kreise Flensburg-Land, Rendsburg-Eckernförde, Dithmarschen und Nordfriesland.

Geschichte

In der nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 entstandenen neuen preußischen Provinz Schleswig-Holstein wurden im Rahmen einer Verwaltungsstrukturreform zwanzig neue Kreise gebildet,[1] die bis zur Kreisreform im Jahr 1970 in ihrer Grundstruktur erhalten blieben. Der Kreis Schleswig umfasste bei seiner Gründung die Städte Schleswig und Friedrichstadt, die Flecken Kappeln (1870 Stadt) und Arnis (1934 Stadt), das Amt Gottorf, die diesem seit 1853 untergeordneten oktroyierten Köge Börmerkoog und Meggerkoog, die seit 1853 ebenfalls dem Amt unterstehenden adeligen Güter sowie das Gut Dollrott und teilweise Toestorf, die Ländereien des St. Johannisklosters und die Landschaft Stapelholm. Der größte Teil des neuen Kreises Schleswig gehörte zum Istathesyssel. Hinzu kamen die Landschaft Stapelholm und das historische Krongut Fræzlæt.

NS-Zeit

Ende November 1924 trat im Kreis Schleswig mit Ernst Graf zu Reventlow in einer vom örtlichen „Hypotheken- und Gläubigerverband“ einberufenen Versammlung in Schleswig erstmals ein prominentes NSDAP Parteimitglied auf.[2] Die NSDAP gründete ihre erste NSDAP-Ortsgruppe im Kreis Schleswig im März 1925. Zwei Jahre später, im Mai 1927, wurde sie, mit Tolk vereinigt, wiedergegründet.[3]

In dem von der Landwirtschaft dominierten Kreis Schleswig gewann die NSDAP zahlreiche Anhänger. Bei der Reichstagswahl im September 1930 erreichte sie mit ihrer zielgerichteten Agrarkampagne im Kreis Schleswig mehr als ein Drittel der Stimmen. Am 5. März 1933 zählte Schleswig mit 69,9 % zu den Landkreisen mit den höchsten NSDAP-Anteilen in der Provinz. In den kleineren Landgemeinden betrug der Anteil oft mehr als 75 %.[4] Der Anteil der NSDAP bei den Wahlen stieg von 4,2 % (4. Mai 1924) über 35,6 % (14. September 1930) und 70,2 % (31. September 1932) auf 95,6 % (7. November 1933).[5]

Kristallisationspunkt der NSDAP im Kreis Schleswig war die wenige Kilometer östlich der Kreisstadt gelegene Landgemeinde Tolk. Hier existierte schon 1924 ein Stützpunkt der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeitsgemeinschaft“. Starken Zulauf erhielt die NSDAP auch in den westlich von Schleswig gelegenen Geestdörfern wie Groß Rheide, Klein Rheide, Börm, Klein Bennebek, Jagel sowie dem Amt Silberstedt. In Schuby soll Thomas Frahm als Ortsgruppenleiter ein wahres „Schreckensregiment“ ausgeübt haben. Der SA-Sturm IV/86, Kreis Schleswig, zählte 650 Mann an neun Orten.[6]

Schon bei der Kommunalwahl im Dezember 1929 zogen fünf NS-Kandidaten mit 5.161 Stimmen in den Kreistag ein. Unter ihnen der Kreisleiter Joachim Meyer-Quade, ab 1932 SA-Oberführer und einer der führenden Nationalsozialisten der Provinz Schleswig-Holstein, und der spätere Flensburger Kreisleiter und Landrat Claus Hans sowie der Landwirt Jürgen Jöns, zugleich Kreisvorstandsmitglied des schleswig-holsteinischen Bauernbundes und schließlich der Gastwirt Albert Zerrahn. Für Claus Hans rückte 1932 Peter Börnsen, Mitglied des Deutschen Reichstags von 1933–1945, nach.[7]

Zahlreiche NSDAP-Versammlungen in den Herbstmonaten 1929 und 1930 führten zu steigenden Ortsgruppengründungen. Bis Ende 1929 gab es im Kreis Schleswig 18 NSDAP-Ortsgruppen mit 912 Mitgliedern, im Juni 1930 waren es 22 mi 990 Mitgliedern und Ende Januar 1933 3.525 Mitglieder, davon gehörten 1.070 der SA, und weitere 95 verschiedenen SS-Abteilungen an.[8]

Nach der Machtergreifung am 30. Januar 1933 kam es zur Gleichschaltung der Kreisverwaltung. Kreisleiter Joachim Meyer-Quade verkündete wenige Wochen später, dass diejenigen, die im Wege stehen und sich widersetzten, verschwinden müssten. Die meisten von ihnen wurden ersetzt durch Angehörigen der „Alten Garde“ der NSDAP, so auch im Kreis Schleswig, wie z. B. Albert Zerrahn, Otto Gestefeld, Erich Hasse und der vor keiner Gewaltanwendung zurückschreckenden Haudegen und späterer Schleswiger Kreisleiter Ernst Kolbe, und schließlich der Landrat in Schleswig von 1934–1945 Hans Kolbe, der bekannt wurde wegen seines rücksichtslosen Verhaltens gegenüber Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern zwischen 1941 bis 1945.[9]

Für die Verhafteten begann ein traumatischer Leidensweg, der viele zunächst in das eilends eingerichtete Konzentrationslager KZ Kuhlen bei Bad Segeberg führte. Als dieses zum Oktober 1933 aufgelöst wurde, wurden 15 vormals in Schleswig inhaftierte Häftlinge ins KZ Papenburg im Emsland verfrachtet.[10] Kurz darauf begann die Verfolgung der Juden und weiterer Andersdenkender mit dem gewaltsamen Boykott jüdischer Läden, z. B. in Kappeln und der Gemeinde Idstedt mit sog. „Prangermärschen“.[11]

Nachkriegszeit

Am 26. April 1970 wurden die Gemeinden Mehlby und Toesdorf aus dem Kreis Flensburg-Land sowie Kopperby aus dem aufgelösten Kreis Eckernförde in den Kreis Schleswig eingegliedert. Gleichzeitig gab der Kreis die Gemeinde Langstedt an den Kreis Flensburg-Land sowie die Stadt Friedrichstadt und die Gemeinden Seeth und Drage an den Kreis Nordfriesland ab.[12]

Die Zahl der Gemeinden des Kreises, die 1939 noch 103 betragen hatte, wurde durch Zusammenschlüsse und Eingemeindungen bis März 1974 auf 79 verringert.[13]

Am 24. März 1974 wurde der Kreis Schleswig mit dem Kreis Flensburg-Land zum Kreis Schleswig-Flensburg zusammengeschlossen.[14]

Einwohnerentwicklung

Kreis

JahrEinwohnerQuelle
186760.270[15]
190066.603[13]
191071.987[13]
192570.109[13]
193973.627[13]
1946133.971[16]
1950127.798[13]
196098.200[13]
1970100.000[17]
1973101.400[18]

Städte und größere Gemeinden

Angegeben werden die Fläche 1970 in ha und die Einwohner in den Jahren 1900, 1919, 1939, 1950, 1961, 1970 (Volkszählungsergebnisse).[12]

Städte

Stadtha
1970
190019191939195019611970
Arnis45500566534954758523
Kappeln3812.3842.6462.8345.0044.4764.031
Schleswig243017.91016.92326.05136.24733.76632.518

Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern

Gemeindeha
1970
190019191939195019611970
Böklund78854064364711089341148
Busdorf536577635740145611351474
Dannewerk16905861024702861
Erfde2629139915661662247318211844
Fahrdorf12023773893907467331392
Hollingstedt17597407887221267835844
Jübek111553679287012269581100
Kopperby2613266254454155614923611
Kropp3270141314731737367934684085
Meggerdorf23563523418991089769715
Mehlby13064315951078196215221553
Mohrkirch14401134
Norderstapel15916877556601103741715
Satrup23956157861089207917452837
Schuby2358715737731166611401630
Silberstedt232971671973316879891003
Steinfeld8735976325631060652632
Stolk14546746905961064751757
Struxdorf13376296526721199730710
Süderbrarup810135819832384429432613282
Süderstapel169679585176513039211024
Taarstedt13694253858171434871895
Tolk10475656137921285930975
Treia2175878967936186311801148

Landräte

Gemeinden 1974

Vor seiner Auflösung am 24. März 1974 gehörten dem Kreis Schleswig zuletzt die folgenden 79 Gemeinden an:

Alt Bennebek
Arnis, Stadt
Bergenhusen
Böel
Böklund
Bollingstedt
Boren
Borgwedel
Börm
Brarupholz
Brebel
Brodersby
Busdorf
Dannewerk
Dollrottfeld
Dörpstedt
Ekenis
Ellingstedt
Erfde
Esperstoft
Fahrdorf
Friedrichsau
Gammellund
Geltorf
Goltoft
Grödersby
Groß Rheide
Havetoft
Havetoftloit
Hollingstedt
Hüsby
Idstedt
Jagel
Jübek
Kappeln, Stadt
Kiesby
Klappholz
Klein Bennebek
Klein Rheide
Kropp
Loit
Lottorf
Lürschau
Meggerdorf
Mohrkirch
Neuberend
Norderbrarup
Norderstapel
Nottfeld
Nübel
Oersberg
Rabenkirchen-Faulück
Rüde
Rügge
Satrup
Saustrup
Schaalby
Scheggerott
Schleswig, Stadt
Schnarup-Thumby
Schuby
Selk
Silberstedt
Steinfeld
Stolk
Struxdorf
Süderbrarup
Süderfahrenstedt
Süderstapel
Taarstedt
Tetenhusen
Tielen
Tolk
Treia
Twedt
Uelsby
Ulsnis
Wagersrott
Wohlde

Ehemalige Gemeinden

Die folgende Liste enthält die Gemeinden des Kreises Schleswig, die während seines Bestehens in andere Gemeinden eingegliedert wurden oder aus dem Kreis ausschieden:[12]

Gemeindeeingemeindet
nach
Datum
ArenholzLürschau1. Oktober 1938
BargenErfde1. September 1971
BerendNübel1. Januar 1974
BöelschubyBöel1. Januar 1974
BreklingBrekling-Nübel1. Januar 1971
BuschauTwedt1. August 1970
DammholmHavetoftloit28. Februar 1970
Dragezum Kreis Nordfriesland26. April 1970
EsmarkSatrup28. Februar 1970
FaulückRabenkirchen-Faulück1. April 1971
FriedrichsanbauKlein Bennebek1. Oktober 1938
Friedrichstadtzum Kreis Nordfriesland26. April 1970
FriedrichswieseKropp1. April 1938
FüsingSchaalby1. Januar 1974
GeelBrodersby1. Februar 1974
Groß DannewerkDannewerk1. Oktober 1938
GrumbyTwedt1. August 1970
HostrupHavetoft1. Februar 1974
KetelsbyBoren1. Februar 1974
KiusUlsnis1. Februar 1974
Klein DannewerkDannewerk1. Oktober 1938
KlosterhofSchleswig1. Oktober 1936
Kopperby1Kappeln1. Januar 1974
KurburgDannewerk1. Oktober 1938
Langstedtzum Kreis Flensburg-Land26. April 1970
LindauBoren1. Februar 1974
Mehlby2Kappeln1. Januar 1974
MohrkirchosterholzMohrkirch1. Januar 1970
MohrkirchwesterholzMohrkirch1. Januar 1970
MoldenitSchaalby1. Januar 1974
NeubörmBörm1. Oktober 1938
NiederselkSelk1. April 1938
Nübel3Brekling-Nübel1. Januar 1971
ObdrupSatrup28. Februar 1970
OberselkSelk1. April 1938
RabenkirchenRabenkirchen-Faulück1. April 1971
RehbergSatrup28. Februar 1970
Sankt JürgenSchleswig1. Oktober 1936
SchnarupSchnarup-Thumby28. Februar 1970
ScholderupTaarstedt1. Oktober 1938
Seethzum Kreis Nordfriesland26. April 1970
StexwigBorgwedel1. Oktober 1938
ThumbySchnarup-Thumby28. Februar 1970
Toesdorf2Oersberg1. Januar 1971
TolkschubyTolk1. April 1942
TorsballigHavetoftloit1. Januar 1974
WesterakebyTaarstedt1. Oktober 1938
1 
Kopperby gehörte bis zum 26. April 1970 zum Kreis Eckernförde.
2 
Mehlby und Toesdorf gehörten bis zum 26. April 1970 zum Kreis Flensburg-Land.
3 
Die neugebildete Gemeinde Brekling-Nübel wurde am 1. Januar 1974 in Nübel umbenannt.

Kfz-Kennzeichen

Am 1. Juli 1956 wurde dem Kreis bei der Einführung der bis heute gültigen Kfz-Kennzeichen das Unterscheidungszeichen SL zugewiesen. Es wird im Kreis Schleswig-Flensburg durchgängig bis heute ausgegeben.

Weblinks

Commons: Kreis Schleswig – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Verordnung, betreffend die Organisation der Kreis- und Distriktbehörden, sowie die Kreisvertretung in der Provinz Schleswig-Holstein vom 22. September 1867, PrGS 1867, 1587
  2. Matthias Schartl: Eine Clique „Alter Kämpfer“ Aufstieg und Fall regionaler NSDAP-Eliten in Stadt und Landkreis Schleswig. In: Demokratische Geschichte – Jahrbuch für Schleswig-Holstein, vol. 15, 2003, S. 161–222.
  3. Kay Dohnke: Das „Kernland nordischer Rasse“ grüßt seinen Führer. Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte (Kiel), Nr. 50. Winter 2008. S. 8–27.
  4. Schartl, 2003, S. 166
  5. Schartl, 2003, S. 163
  6. Schartl, 2003, S. 168, 170-71
  7. Schartl, 2003, S. 166–67
  8. Schartl, 2003, S. 167
  9. Schartl, 2003, S. 219–220
  10. Schartl, 2003, S. 171–172
  11. Schartl, 2003, S. 207, 222
  12. a b c Statistisches Landesamt Schleswig-Holstein (Hrsg.): Die Bevölkerung der Gemeinden in Schleswig-Holstein. Historisches Gemeindeverzeichnis: Kreis Schleswig. Kiel 1972 (Digitalisat bei genealogy.net [abgerufen am 21. April 2015]).
  13. a b c d e f g Michael Rademacher: Kreis_schleswig. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  14. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 185.
  15. GenWiki: Kreis Schleswig
  16. Volkszählung 1946
  17. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1972
  18. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1975
  19. Matthias Schartl: Eine Clique „Alter Kämpfer“. Aufstieg und Fall regionaler NSDAP-Eliten in Stadt und Landkreis Schleswig. In: Birte Claasen, Uwe Danker et al. (Hrsg.): Demokratische Geschichte. Jahrbuch für Schleswig Holstein Bd. 15. Malente 2003, ISBN 3-933862-34-5, S. 161–222, hier S. 174 u. 181. (Online; PDF; 2,5 MB)
  20. Matthias Schartl: Eine Clique „Alter Kämpfer“ …, S. 211 f.
  21. Matthias Schartl: Eine Clique „Alter Kämpfer“…, S. 218.

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