Kraftwerk Scholven

Kraftwerk Scholven
Kraftwerk Scholven
Kraftwerk Scholven
Kraftwerk Scholven
Lage
Kraftwerk Scholven (Nordrhein-Westfalen)
Kraftwerk Scholven (Nordrhein-Westfalen)
Koordinaten51° 36′ 10″ N, 7° 0′ 34″ O
LandDeutschland Deutschland
OrtGelsenkirchen
Daten
TypDampfkraftwerk
PrimärenergieFossile Energie
BrennstoffSteinkohle
Leistung690 Megawatt
EigentümerUniper Kraftwerke GmbH
BetreiberUniper Kraftwerke GmbH
Schornsteinhöhe302 m
WebsiteUniper
Kraftwerk Scholven von Südwesten
Kraftwerk Scholven von Südwesten

Kraftwerk Scholven von Südwesten

Kühltürme von Norden
Kühltürme von Norden

Kühltürme von Norden

Kraftwerk Scholven von Nordwesten
Kraftwerk Scholven von Nordwesten

Kraftwerk Scholven von Nordwesten

Ansicht von der Halde Haniel in Bottrop
Ansicht von der Halde Haniel in Bottrop

Ansicht von der Halde Haniel in Bottrop

Am Schornstein befestigte Hochspannungsleitungen
Am Schornstein befestigte Hochspannungsleitungen

Am Schornstein befestigte Hochspannungsleitungen

f2

Das Kraftwerk Scholven ist ein Kraftwerk der Uniper Kraftwerke GmbH im Stadtteil Scholven der Stadt Gelsenkirchen.

Es besitzt heute noch eine installierte elektrische Leistung von 690 MW. Zwei am Standort befindliche Kraftwerksblöcke wurden mit Heizöl befeuert. Im Vollbetrieb war das Kraftwerk mit einer Gesamtleistung von 3.406 MW neben dem Kraftwerk Boxberg das leistungsstärkste deutsche Kraftwerk und galt als eines der leistungsstärksten Steinkohlekraftwerke Europas. Die Anlagen produzierten 2016 4,1 Millionen Tonnen CO2.

Die verbliebenen Blöcke B und C liefern Dampf an benachbarte Chemiebetriebe und Fernwärme an einige umliegende Städte. Die bereitgestellte elektrische Energie wird in benachbarte Betriebe sowie ins Netz von Amprion eingespeist.

Die Stilllegung von Scholven B wurde am 20. Mai 2022 von der Bundesnetzagentur für den 30. November 2024 angeordnet[1], was im Widerspruch zur Feststellung der Systemrelevanz steht. Denn die Bundesnetzagentur hat auch die Systemrelevanz der beiden Blocke festgestellt[2]: Scholven C bis zum 31. Oktober 2024 und Scholven B bis zum 30. Juni 2025.

Zukünftig soll das Kraftwerk von Kohle auf Erdgas umgestellt werden, wobei als Erstes ein in Kraft-Wärme-Kopplung betriebener GuD-Kraftwerksblock gebaut werden soll.[3]

Kraftwerkssilhouette

Die 302 Meter hohen Schornsteine, die zu den höchsten in Deutschland gehören, bilden zusammen mit den fünf noch existierenden Kühltürmen eine beeindruckende Industriekulisse. Daher wurde das Kraftwerksgelände und die benachbarte Halde Oberscholven Schauplatz im Tatort Die Kugel im Leib von 1979.

Früher verfügte das Kraftwerk über insgesamt fünf Schornsteine, davon war einer baugleich zum südlichen Schornstein; ein weiterer, von geringerer Höhe als die noch existierenden drei, war allein dem Block F zugeordnet. Diese wurden 1992/93 aufgrund der Umstrukturierung der Rauchgasentschwefelungsanlagen zurückgebaut und die Turmstümpfe, die auf aktuellen Luftbildern noch erkennbar sind, umgenutzt.

Die zwei nördlich stehenden Kühltürme wurden am 10. August 2008 gesprengt, da sie nach der Außerdienststellung der ölgefeuerten Blöcke G und H nicht weiter genutzt werden konnten.

Das 67 m hohe und 43 m breite Kesselhaus im Block G wurde am 17. Januar 2010 gesprengt.[4] Damit ist der Rückbau der Blöcke G und H weitgehend abgeschlossen.

Eine Besonderheit ist, dass der nördlichere der beiden Schornsteine auch als Hochspannungsmast dient.

Geschichte

Hervorgegangen ist das Kraftwerk aus einem Betrieb zur Deckung des Eigenbedarfes an Strom und Dampf der Zeche Scholven. Daraus entwickelte sich ein leistungsstarkes Großkraftwerk. In den Jahren 1968 bis 1971 gingen die nahezu baugleichen Steinkohlekraftwerk-Blöcke B–E in Betrieb, 1974 und 1975 folgten die baugleichen Ölkraftwerk-Blöcke G und H (50 % Anteil RWE Power), 1979 der Block F und Ende 1985 das Fernwärmekraftwerk Buer (FWK). Der Block G wurde im Sommer 2001, der Block H im Sommer 2003 endgültig stillgelegt. Der Rückbau der beiden Blöcke hatte Ende 2007 begonnen. Die Sprengung der beiden Kühltürme fand am 10. August 2008 um 12:17 Uhr statt.

Die Blöcke D bis F wurden Ende Dezember 2014 stillgelegt; die verbliebenen drei Blöcke B, C und FWK sollten ursprünglich Ende 2022 vom Netz gehen,[5] laufen jedoch aufgrund geänderter systemrelevanter Einstufung „bis auf weiteres“ weiter.[6]

Das Fernwärmekraftwerk Buer (FWK) mit einer elektrischen Leistung von 70 Megawatt wurde am 30. März 2023 auf Grundlage des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes abgeschaltet.[7]

Geplantes Gaskraftwerk

Auf dem Gelände plant Uniper die Errichtung eines neuen Gas-und-Dampf-Kombikraftwerks mit zwei Gasturbinen und einem Dampfkessel. Jede Siemens Energy SGT-800 Gasturbine hat eine elektrische Leistung von bis zu 62 Megawatt. Der Genehmigungsbescheid nach Bundes-Immissionsschutzgesetz wurde von der Bezirksregierung Münster im Jahr 2021 erteilt.[8] Der Baubeginn erfolgte im Februar 2020.[9]

Technische Daten

BlockBrennstoffLeistung (netto)InbetriebnahmeStilllegungSystemrelvantStilllegung angeordnet
BSteinkohle345 MWel196830.06.202530.11.2024
CSteinkohle345 MWel196931.10.2024
DSteinkohle345 MWel19702014
ESteinkohle345 MWel19712014
FSteinkohle676 MWel19792014
FWKSteinkohle70 MWel198530.03.2023
GHeizöl640 MWel19742001
HHeizöl640 MWel19752003

Netzanschluss

Der Anschluss ans Übertragungsnetz von Amprion erfolgt bei den Blöcken B–E auf der 220-kV-Höchstspannungsebene, wobei der Kamin Scholven B als Träger der vom Block D abgehenden Leitung dient und beim Block F auf der 380-kV-Ebene.[7]

Übersicht über die vom Kraftwerk Scholven abgehenden Hochspannungsleitungen, erstellt mit Daten von Openstreetmap

StartpunktSpannungLeitertypEndpunktBemerkungen
Kraftwerk Scholven, Block B380 kVViererbündelKusenhorstgemeinsame Verlegung mit Leitung von D und E bis Polsum, ab Polsum gemeinsame Verlegung mit Leitung von Block F
Kraftwerk Scholven, Block C220 kVZweierbündelBellendorfdurchgängig eigene Trasse
Kraftwerk Scholven, Block D220 kVVierer-/ZweierbündelKusenhorstNutzung des Kamins für die Blöcke B,C,D und E als Abspannmst, gemeinsame Verlegung mit Leitung von B und E bis Polsum
Kraftwerk Scholven, Block E220 kVZweierbündelBergmannsglückgemeinsame Verlegung mit Leitung von B und D bis Polsum
Kraftwerk Scholven, Block F380 kVViererbündelKusenhorsteigene Trasse mit ungenutzten Stromkreis bis Polsum, ab Polsum gemeinsame Verlegung mit Leitung von Block B

Emission von Schadstoffen und Treibhausgasen

Kritiker bemängeln am Kraftwerk Scholven die hohen Emissionen an Stickstoffoxiden, Schwefeloxiden, Quecksilber und Feinstaub, an dem Krebs erzeugende Substanzen (Blei, Cadmium, Nickel, PAK, Dioxine und Furane) haften können.[10] Eine von Greenpeace bei der Universität Stuttgart in Auftrag gegebene Studie kommt 2013 zu dem Ergebnis, dass die 2010 vom Kraftwerk Scholven ausgestoßenen Feinstäube und die aus Schwefeldioxid-, Stickoxid- und NMVOC-Emissionen gebildeten sekundären Feinstäube statistisch zu 1.378 verlorenen Lebensjahren führen.[11] Auf der Liste der „gesundheitsschädlichsten Kohlekraftwerke Deutschlands“ rangiert das Kraftwerk Scholven daher auf Platz 8.[12]

Außerdem stehen angesichts des Klimawandels die CO2-Emissionen des Kraftwerkes in der Kritik von Umweltverbänden.[13][14]

Das Kraftwerk Scholven meldete folgende Emissionen im europäischen Schadstoffregister PRTR:

Emissionen des Kraftwerks Scholven[15]
LuftschadstoffEmissionsmenge PRTR 2007Emissionsmenge PRTR 2008Emissionsmenge PRTR 2009Emissionsmenge PRTR 2010Emissionsmenge PRTR 2011Emissionsmenge PRTR 2012
Kohlenstoffdioxid (CO2)12.600.000.000 kg10.500.000.000 kg9.730.000.000 kg9.390.000.000 kg9.140.000.000 kg9.340.000.000 kg *
Stickstoffoxide (NOx/NO2)9.260.000 kg8.250.000 kg4.460.000 kg7.090.000 kg6.820.000 kg6.650.000 kg
Schwefeldioxide (als SOx/SO2)6.780.000 kg4.570.000 kg2.580.000 kg4.330.000 kg4.230.000 kg4.070.000 kg
Kohlenmonoxid (CO)501.000 kg632.000 kgkeine Angabenkeine Angabenkeine Angabenkeine Angaben
Feinstaub (PM10)326.000 kg276.000 kg140.000 kg244.000 kg227.000 kg213.000 kg
Quecksilber und Verbindungen (als Hg)471 kg461 kg111 kg135 kg134 kg144 kg
Nickel und Verbindungen (als Ni)304 kg298 kg75 kg86 kg88 kg110 kg
Arsen und Verbindungen (als As)151 kg133 kg35 kg51 kg56 kg47 kg
Kupfer und Verbindungen (als Cu)124 kg123 kgkeine Angabenkeine Angabenkeine Angaben183 kg
Chrom und Verbindungen (als Cr)128 kg111 kgkeine Angabenkeine Angabenkeine Angabenkeine Angaben
Cadmium und Verbindungen (als Cd)24 kg31 kg19 kg31 kg30 kg37 kg
* im PRTR fehlt in der Originalangabe „934.000.000 kg CO2“ für 2012 offensichtlich eine Null (Zugriff am 21. April 2014).

Weitere typische Schadstoffemissionen wurden nicht berichtet, da sie im PRTR erst ab einer jährlichen Mindestmenge meldepflichtig sind, z. B. Dioxine und Furane ab 0,0001 kg, Kupfer und Chrom ab 100 kg, Blei und Zink ab 200 kg, Ammoniak und Lachgas (N2O) ab 10.000 kg, flüchtige organische Verbindungen außer Methan (NMVOC) ab 100.000 kg und Kohlenmonoxid ab 500.000 kg.[16]

Die Europäische Umweltagentur hat die Kosten der Umwelt- und Gesundheitsschäden der 28.000 größten Industrieanlagen in Europa anhand der im PRTR gemeldeten Emissionsdaten mit den wissenschaftlichen Methoden der Europäischen Kommission abgeschätzt.[17] Danach liegt das Kraftwerk Scholven auf Rang 56 der Schadenskosten aller europäischen Industrieanlagen.[18]

Umwelt- und Gesundheitsschäden[18]
VerursacherSchadenskostenEinheitAnteil
Kraftwerk Scholven272–411Millionen Euro0,3–0,4 %
Summe 28.000 Anlagen102–169Milliarden Euro100 %

Siehe auch

Weblinks

Commons: Kraftwerk Scholven – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bundesnetzagentur - Gesetzliche Reduzierung. Abgerufen am 19. November 2023.
  2. Bundesnetzagentur - Systemrelevante Kraftwerke. Abgerufen am 19. November 2023.
  3. Uniper plant neue KWK-Anlage am Standort Gelsenkirchen-Scholven und gibt Projekt in Marl auf. In: Euwid-Energie.de. 20. Mai 2019, abgerufen am 13. Juni 2023.
  4. Sabrina Steiling: Kessel gesprengt werk=DerWesten.de. WAZ-Mediengruppe, 17. Januar 2010, archiviert vom Original am 24. Mai 2016; abgerufen am 13. Juni 2023.
  5. Ulf Meinke: Uniper legt Kohlekraftwerk Scholven in zwei Jahren still. In: WAZ.de. 20. Januar 2010, abgerufen am 13. Juni 2023.
  6. Block B bleibt länger am Netz. In: RadioEmscherLippe.de. 1. Februar 2023, abgerufen am 13. Juni 2023.
  7. a b Kraftwerksliste. Bundesnetzagentur, 19. Juli 2023, abgerufen am 21. Juli 2023.
  8. Immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsbescheid. (PDF) Bezirksregierung Münster, 7. Januar 2021, abgerufen am 22. Juli 2023.
  9. Uniper-Kraftwerk Scholven: Spatenstich für neue GuD-Anlage. 5. Februar 2020, abgerufen am 22. Juli 2023.
  10. Feinstaub. Quellen und verursachte Schäden. In: Umweltbundesamt.de. 9. Dezember 2022, abgerufen am 13. Juni 2023.
  11. Philipp Preis, Joachim Roos, Rainer Friedrich: Assessment of Health Impacts of Coal Fired Power Stations in Germany – by Applying EcoSenseWeb. (Memento vom 22. April 2014 im Internet Archive). (PDF; 1,2 MB). In: Greenpeace.de. 28. März 2013, abgerufen am 13. Juni 2023.
  12. Die zehn gesundheitsschädlichsten Kohlekraftwerke Deutschlands. (Memento vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive). (PDF 129 kB). In: Greenpeace.de. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  13. Kohlestrom hat keine Zukunft – Klimaschutz jetzt! (Memento vom 19. März 2014 im Internet Archive). Information zur Stromgewinnung aus Kohlekraftwerken. In: Bund.net. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, abgerufen am 13. Juni 2023.
  14. Energiepolitik – Die Zeit drängt. (Memento vom 19. Februar 2012 im Internet Archive). Information zur Energiewende in Deutschland. In: Wwf.de. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  15. Schadstoffe in meiner Nachbarschaft? (Memento vom 4. Januar 2010 im Internet Archive). In: PRTR.Bund.de. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  16. Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters und zur Änderung der Richtlinien 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates (Text von Bedeutung für den EWR) in der konsolidierten Fassung vom 1. Januar 2020
  17. Cost Benefit Analysis for air pollution policies. Kosten-Nutzen-Analyse zur Luftreinhaltepolitik. In: ec.europa.eu. Clean Air for Europe (CAFE) Programm, Europäische Kommission. Abgerufen am 13. Juni 2023.
  18. a b Revealing the costs of air pollution from industrial facilities in Europe. Offenlegung der Kosten der Luftverschmutzung aus Industrieanlagen in Europa. In: eea.europa.eu. Europäische Umweltagentur, Kopenhagen, 2011. Abgerufen am 13. Juni 2023.

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