Kopfkissenbuch

Die Hofdame Sei Shōnagon

Das Kopfkissenbuch (auch: „Kopfkissenhefte“) (jap. 枕草子, Makura no Sōshi) der Dame Sei Shōnagon ist eines der frühesten und zugleich bedeutendsten literarischen Prosawerke der japanischen Literatur. Es entstand um das Jahr 1000 n. Chr. und gehört zu der Heian-Periode.

Es ist eine Art Tagebuch, geschrieben von Sei Shōnagon, die der Kaiserin als Hofdame diente und eine freundschaftliche Beziehung zu ihr entwickelte. Das Werk enthält wenige Sinismen und ist vorwiegend in Kana-Schrift verfasst. Da Kaiserin Fujiwara no Sadako (藤原定子), deren Hofdame Sei Shōnagon war, im Jahr 1001 starb, wird oft angenommen, der Text sei nach dem Jahr 1001 von der Verfasserin eingehend bearbeitet und redigiert worden. Wegen der komplexen handschriftlichen Überlieferung bereitet das Werk große textkritische Probleme.

Der Name des Werks wird auf die Aufbewahrung der Aufzeichnungen in einem hohlen Kopfkissen (枕) aus Porzellan zurückgeführt. Das Kopfkissenbuch besteht aus 320 meist kurzen Einträgen zu verschiedenen Themen des Alltags am kaiserlichen Hof und bildet so eine Sammlung scharfsinniger Beobachtungen, verschiedener Anekdoten, Aufzählungen von Dingen und sehr direkter, offener Meinungen sowie Eindrücke und Gefühle. Es ist so eine wichtige Quelle für die Kulturgeschichte der Heian-Zeit. Die Einträge sind scheinbar kunstlos niedergeschrieben. Dieser Schreibstil wird mit dem Ausdruck „zui-hitsu“ – „aus dem Pinsel geflossen“ bezeichnet. Sei Shonagon gilt als die erste Meisterin dieses Stils.

Das Werk wird in Europa seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts rezipiert. Englische und französische Übersetzungen erschienen seit 1889, die erste deutsche Übertragung erschien 1944. In Peter Greenaways Film Die Bettlektüre wird häufig auf das Buch verwiesen und daraus zitiert. In Hanns-Josef Ortheils Roman Liebesnähe (2011) spielt das Buch eine besondere Rolle.

Literatur

Sei Shōnagon, Illustration in einer Ausgabe von Hyakunin Isshu (Edo-Periode)
  • Sei Shōnagon: The Pillow Book. Translated by Meredith McKinney. Penguin Books, London 2006, ISBN 0-14-044806-3. (englische Neuübersetzung)
  • Bruno Lewin: Japanische Chrestomathie. Von der Nara-Zeit bis zur Edo-Zeit. I. Kommentar. Harrassowitz, Wiesbaden 1965, S. 151–157. (gibt die wichtigsten philologischen Informationen)
  • Sei Shōnagon: Das Kopfkissenbuch der Dame Sei Shonagon. Nach dem ums Jahr 1000 japanisch verfaßten "Skizzenbuch unterm Kopfkissen". Bearbeitet von Helmut Bode. Heimeran, München 1944. (Auswahl, später in der Insel-Bücherei mit dem Titel Das Kopfkissenbuch der Dame Sei Shonagon nachgedruckt)
  • Sei Shōnagon: Das Kopfkissenbuch der Hofdame Sei Shonagon. Hrsg. und aus dem Japanischen übersetzt von Mamoru Watanabé. Manesse-Verlag, Zürich 1997, ISBN 3-7175-1364-8. (zuerst 1952 erschienen, enthält etwa zwei Drittel des Textbestands)
  • Horst Arnold-Kanamori: Klassisches Japanisch V – Makuranosôshi II. Die "Kopfkissenhefte" der Sei Shônagon – Aufzeichnungen einer japanischen Hofdame um das Jahr 1000, 2. Teil. Kovač, Hamburg 2002. (= Ulmer Sprachstudien; 10.) ISBN 3-8300-0655-1.
  • Horst Arnold-Kanamori: Klassisches Japanisch II. Die "Kopfkissenhefte" der Sei Shônagon – Aufzeichnungen einer japanischen Hofdame um das Jahr 1000, 1. Teil. Kovač, Hamburg 2001. (= Ulmer Sprachstudien; 5.) ISBN 3-8300-0294-7.
  • Sei Shōnagon: Die Kopfkissenhefte der Sei Shonagon. Aufzeichnungen einer japanischen Hofdame um das Jahr 1000. Ausgewählt, mit Vorwort und hrsg. von Gerhart Haug. Drei Fichten, München 1948. (Auswahl)
  • 清 少納言 (Sei Shōnagon): 枕草子 (Makura no Sōshi). 新編日本古典文学全集. 松尾 聡 (Matsuo Satoshi)/ 永井 和子 (Nagai Kazuko) (翻訳), 小学館 (Shōgakukan), Tōkyō 1997. (= Shinpen Nihon koten bungaku zenshū; 18.) ISBN 4-09-658018-X. (derzeit die Standardausgabe)
  • Sei Shōnagon: Kopfkissenbuch, übersetzt von Michael Stein. Übersetzerpreis der Japan Foundation 2016. Manesse, Zürich 2016, ISBN 978-3-7175-2314-7.

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Sei Shonagon (清少納言)