Kiemenfußkrebse

Kiemenfußkrebse

Triops longicaudatus (Notostraca)

Systematik
Überstamm:Häutungstiere (Ecdysozoa)
Stamm:Gliederfüßer (Arthropoda)
Unterstamm:Krebstiere (Crustacea)
Klasse:Kiemenfußkrebse
Wissenschaftlicher Name
Branchiopoda
Latreille, 1817
Ordnungen

Die Kiemenfußkrebse (Branchiopoda, vgl. aber die ähnlich geschriebenen, nicht verwandten Brachiopoda) sind eine Klasse der Krebse. Sie umfassen die Kiemenfüßer (Anostraca), die Rückenschaler (Notostraca) und die Krallenschwänze (Onychura oder Diplostraca). Oft werden die größeren Vertreter, im Wesentlichen alle mit Ausnahme der Wasserflöhe (Cladocera) als „Großbranchiopoden“ oder auch „Urzeitkrebse“ zusammengefasst. Diese umfassen neben den Kiemenfüßern und den Rückenschalern die früher als „Conchostraca“ zusammengefassten Gruppen. Die Diplostraca (unter Einschluss der Wasserflöhe) und die Rückenschaler, also alle Kiemenfußkrebse außer den Kiemenfüßern, bilden die Gruppe der Blattfußkrebse oder Phyllopoda.

Die Kiemenfußkrebse sind typische Süßwasserbewohner, die sich ursprünglich aus marinen Vorfahren entwickelt haben. Aus dem Erdaltertum (Paläozoikum) sind zahlreiche Fossilien mariner Vertreter überliefert. Sekundär sind wenige Arten ins Meer zurückgekehrt. Rezente Formen, mit Ausnahme der artenreichen Gruppe der Wasserflöhe, also die „Großbranchiopoden“, haben vor allem in Relikt- und Extrembiotopen überlebt (z. B. temporäre stehende Gewässer, Binnensalzseen).

Argumente für eine Monophylie der Kiemenfußkrebse sind ihre amöbenähnlichen Spermien, der durch beborstete Rumpfextremitäten gebildete Filterapparat zur Nahrungsaufnahme sowie der Bau ihrer Nauplius-Larven.

Die Rumpfextremitäten der Branchiopoda sind ursprünglich zweiästige Blattbeine, die für die Untergruppe der Phyllopoda namensgebend sind, aber auch bei anderen Krebsen wie zum Beispiel den Leptostraca vorkommen. Sie haben ursprünglich drei Funktionen. Die Atmung übernehmen die an der äußeren Beinbasis befindlichen Kiemen (Epipoditen). Die Nahrungsaufnahme geschieht zunächst mithilfe des Filterapparats, der durch die langborstigen Blattbeine am Rumpf gebildet wird. Benachbarte Blattbeine bilden sukzessive temporäre Saugkammern. Der entstehende Wasserstrom treibt Nahrungspartikel aus dem Medium in die Borstenkämme der Blattbeine. Im Anschluss leiten weitere an der inneren Beinbasis befindliche Borsten die herausgefilterten Nahrungspartikel in einer ventralen Nahrungsrinne zum Mund. Die Fortbewegung geschieht durch metachronen Beinschlag und ist mit der beschriebenen filtrierenden Nahrungsaufnahme kombiniert. Die Beine können besonders bei miniaturisierten Formen sekundär abgewandelt sein.

Die Nauplius-Larve der Kiemenfußkrebse besitzt ungegliederte erste Antennen. An den Borsten der zweiten Antennen befindet sich eine Gelenkzone. Die Mandibeln sind einästig. Das Labrum ist verlängert.

Das System der Kiemenfußkrebse (Branchiopoda) ist mit seinen Teilgruppen im Folgenden dargestellt.

 Kiemenfußkrebse (Branchiopoda)  

 Kiemenfüßer (Anostraca)


   
  Phyllopoda  

 Rückenschaler (Notostraca)


  Krallenschwänze (Onychura)  

 Laevicaudata


  Onychocaudata  

 Spinicaudata


  Cladoceromorpha  

 Cyclestheria hislopi


  Cladocera  

 Haplopoda (=Leptodora kindti)


   

 Ctenopoda


   

 Onychopoda


   

 Anomopoda


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(c) Christian Fischer, CC BY-SA 3.0
Schuppenschwanz oder Frühjahrs-Rückenschaler, Lepidurus apus (Notostraca)
(c) Christian Fischer, CC BY-SA 3.0
Jungtier eines Feenkrebses, auch Frühjahrskiemenfußkrebs genannt, Eubranchipus grubii (Anostraca)
Wasserfloh (Daphnia spp.) im Dunkelfeld

Argumente für ein Monophylum Phyllopoda bestehend aus Rückenschalern (Notostraca) und Krallenschwänzen (Onychura) sind die Einlagerung der Komplexaugen in eine Tasche der Kopfkapsel (Internalisierung) sowie das 4-becherige Naupliusauge (bei den anderen Krebsen sind es nur drei).

Argumente für eine Monophylie der Krallenschwänze (Onychura) sind der sekundäre körperumhüllende Carapax, die Reduktion des primären Carapax zu einem Kopfschild sowie die Krallennatur der Schwanzgabel (Furca).

Zur Begründung eines Monophylums "Conchostraca" innerhalb der Krallenschwänze Onychura bestehend aus Laevicaudata und Spinicaudata fehlen Apomorphien. Bisher anerkannte Merkmale haben sich als konvergent herausgestellt.

Weiterhin gehört die Art Cyclestheria hislopii nicht zu den Spinicaudata, sondern bildet mit den Cladocera ein Monophylum. Dafür spricht als Apomorphie der jahreszyklische Wechsel von parthenogenetischen und bisexuellen Generationen, welcher in beiden Taxa vorkommt.

Literatur

  • H. E. Gruner: Klasse Crustacea. In H. E. Gruner (Hrsg.): Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I, 4. Teil: Arthropoda (ohne Insecta). Gustav Fischer Verlag, 1993.
  • H. K. Schminke: Crustacea, Krebse. In Westheide, Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere. Gustav Fischer Verlag, 1997.

Weblinks

Commons: Kiemenfußkrebse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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EubranchipusGrubii1.jpg
(c) Christian Fischer, CC BY-SA 3.0
Der Feenkrebs oder Kiemenfuß (Eubranchipus grubii) ist ein sogenannter "Urzeitkrebs", der im Frühjahr in kurzzeitig wasserführenden (astatischen) Überschwemmungs- bzw. Qualmwassertümpeln von Flussauen auftreten kann. Dieses leuchtend orange Exemplar ist kaum länger als 10 mm und stellt noch nicht die Adultform, sondern ein spätes Larven- bzw. Jungtierstadium ("Postmetanauplius-Stadium") dar. Die Art häutet sich vom Schlupf aus den Dauereiern bis zur Geschlechtsreife etwa 40-mal. Erst zuletzt bilden sich sichtbare geschlechtsspezifische Merkmale heraus (Männchen: vergrößertes 2. Antennenpaar am Kopf, Weibchen: Brutsack mit Eiern). Wo Feenkrebse vorkommen, kann manchmal auch noch der Schuppenschwanz (Lepidurus apus), ein weitläufiger Verwandter, gefunden werden.
Blattfusskrebs.jpg
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Blattfußkrebs, 100x, Dunkelfeld
LepidurusApus.jpg
(c) Christian Fischer, CC BY-SA 3.0
Der Schuppenschwanz, Frühjahrs-Rückenschaler oder Frühjahrs-Schildkrebs (Lepidurus apus) ist ein sogenannter "Urzeitkrebs", der im Frühjahr in kurzzeitig wasserführenden (astatischen), besonnten Überschwemmungs- bzw. Qualmwassertümpeln von Flussauen auftreten kann (vgl. Habitatfoto unten) — allerdings ist die Art ziemlich selten geworden. Länge dieses Exemplares: ca. 2,5 cm inkl. Schwanzfäden (also ein eher kleines Individuum; mögliche Maximallänge von Lepidurus apus: 5 cm). Ein morphologisches Unterscheidungsmerkmal zum recht ähnlichen Sommer-Rückenschaler (Triops cancriformis) ist das Vorhandensein einer zungenförmigen (hier grünlichen) Platte zwischen den Schwanzanhängen. Gemeinsam mit dem Schuppenschwanz findet man oft den Feenkrebs Eubranchipus grubii, der ansonsten aber auch schattigere Tümpel besiedelt.
Triops longicaudatus.jpg
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