Johann von Staupitz

Johann von Staupitz

Johann von Staupitz OESA/OSB (* um 1465 in Motterwitz; † 28. Dezember 1524 in Salzburg) war ein katholischer, reformorientierter Theologe, der vor allem als Förderer und Beichtvater des jungen Martin Luther bekannt ist.

Leben

Familie und Ausbildung

Gedenktafel am Haus, Collegienstraße 54, in Wittenberg
Wappen der Familie von Staupitz

Staupitz stammte aus dem sächsischen Adelsgeschlecht von Staupitz. Seine Schwester Magdalena von Staupitz gehörte zusammen mit Katharina von Bora zu den neun Nonnen, die 1523 im Zuge der Reformation aus dem Kloster Nimbschen flohen; sie wurde in Grimma auf dem Rittergut Motterwitz geboren.[1] Johann von Staupitz gab seinem Bruder Günther das Gut Dabrun als Lehen. Die Mutter der beiden Brüder zog mit nach Dabrun. Im Jahre 1483 immatrikulierte er sich an der Universität Köln, erwarb 1484 den Grad des Baccalaureus und wechselte für ein Jahr an die Universität Leipzig. Nach der Promotion zum Magister Artium in Köln (1489) kehrte er in seine Heimat zurück.[2]

Er trat 1490 in München in den Orden der Augustiner-Eremiten ein und wurde 1497 Prior in Tübingen. Dort immatrikulierte er sich am 30. Mai 1497 an der Universität Tübingen,[3] wo er 1498 als baccalaureus biblicus die vorgeschriebene Vorlesetätigkeit aufnahm und als Kollege des Reformtheologen Reinhard Gaißer genannt wird,[4] der 1514 als intellektueller Kopf des Armen Konrads von sich reden machte.

Am 7. Juli 1500 wurde er zum Doctor theologiae promoviert. 1502 berief ihn Kurfürst Friedrich III. nach Wittenberg als Gründungsprofessor zum Aufbau der dort entstehenden Universität. Dafür warb er auch Tübinger Professoren wie den späteren württembergischen Kanzler Ambrosius Volland an. 1502 bis 1512 war Staupitz Professor und erster Dekan der theologischen Fakultät an der neuen Universität in Wittenberg. 1503 wurde Staupitz zum Prior des Augustinerkonvents in München gewählt und wurde am 7. Mai 1503 in Eschwege Generalvikar der deutschen Observanten-Kongregation des Augustinerordens, ein Amt, das er bis zum 29. August 1520 innehatte. Er übernahm diese Funktion von dem im gleichen Jahr verstorbenen Andreas Proles.

Erste Begegnung mit Martin Luther (1506)

Am 3. April 1506 kam es zur ersten Begegnung zwischen Luther und Staupitz, während einer Visitationsreise, im Augustinerkloster zu Erfurt. Nach Luthers Eintritt in den Augustinerorden war es vor allem Staupitz der ihn mit der spätmittelalterlichen Mystik bekannt machte und ihn in seiner weiteren Entwicklung entscheidend prägte. 1512 machte er Martin Luther zu seinem Nachfolger in den Bibelwissenschaften an der Universität in Wittenberg. Staupitz war Luthers Beichtvater und befreite ihn 1518 von der Gehorsamspflicht gegenüber dem Augustinerorden. 1518 ermutigte Staupitz Luther, als er vor Kardinal Cajetan am Reichstag in Augsburg erscheinen sollte. Staupitz hielt die Kluft der Glaubensrichtungen für überbrückbar und blieb ein Freund Martin Luthers, den er am 14. September 1518 bat, „Wittenberg zu verlassen und zu ihm zu kommen um miteinander zu leben und zu sterben“[5]. Anfang 1521 lehnte Staupitz einen Widerruf der Lehre Luthers mit dem Hinweis ab, dass diese Lehre nicht von diesem stamme. In seinem Brief vom 1. April 1524 tadelte Staupitz Luther gegenüber das Abtun vieler katholischer Übungen und das Verwerfen der Gelübde, stellt aber fest, dass er Luther viel zu verdanken habe und dass er wünsche, wenigstens noch eine Stunde mit Luther sprechen zu dürfen, um diesem „die Geheimnisse seines Herzens“ zu eröffnen.[6] Seine zuerst im Stift St. Peter in Salzburg aufbewahrte Korrespondenz mit Martin Luther wurden im 17. Jahrhundert verbrannt.[7]

Generalvikar der deutschen Observanten-Kongregation des Augustinerordens (1503–1520)

Von 1503 bis 1520 war Staupitz Generalvikar der deutschen Observanten-Kongregation des Augustinerordens. Seine Reformbemühungen stießen auf Widerstand innerhalb des Ordens und auch seitens des Papstes, sodass sich Staupitz 1512 den praktischen Aufgaben seines Vikariats zuwandte. Dabei widmete er sich der Seelsorge in Süddeutschland (München, Nürnberg, Salzburg) und führte 1513 Visitationsreisen nach Rom und bis in die Niederlande durch. Schon gleich nach seiner Wahl zum Generalvikar setzte er sich 1503 für die Errichtung des Augustiner-Eremitenklosters in Sternberg ein. Nach der Belegung des Klosters 1514 durch den Schweriner Bischof Peter Wolkow mit dem Kirchenbann setzte er sich mit päpstlicher Unterstützung erfolgreich für dessen Aufhebung ein.[8]

Staupitz als Abt Johann IV. des Benediktinerstiftes St. Peter zu Salzburg

Salzburger Zeit (1520–1524)

1520 war er Domprediger in Salzburg, wurde jedoch im Jahr darauf des Amtes enthoben, weil er die Erwartungen nicht erfüllte.[9] Mit päpstlicher Genehmigung wechselte er in den Benediktinerorden und wurde am 22. August 1522 zum Abt von St. Peter in Salzburg gewählt, wo er am 28. Dezember 1524 starb. In der dortigen Marienkapelle wurde er bestattet; seine Grabplatte ist erhalten.[10]

Werke

Staupitz verfasste zahlreiche Schriften, die stark von der mittelalterlichen Mystik beeinflusst sind:

  • Decisio questionis de audientia misse in parochiali ecclesia dominicis et festivis diebus. Tübingen 1500.
  • Von der Nachfolge des willigen Sterbens Christi. 1515.
  • Libellus de executione aeternae praedestinationis. 1517.
  • Von der Liebe Gottes. 1518.
  • Von dem heiligen rechten christlichen Glauben. 1525.

Rezeption

Literatur

  • Richard Wetzel: Staupitz und Luther. In: V. Press (Hrsg.): Martin Luther: Probleme seiner Zeit. Stuttgart 1986, ISBN 3-608-91431-5.
  • Rudolf K. Markwald: A Mystic’s Passion: The Spirituality of Johannes von Staupitz in his Lenten Sermons: translation and commentary. New York 1990.
  • Markus Wriedt: Staupitz, Johann von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 95 (Digitalisat).
  • Johann Friedrich von SchulteStaupitz, Johann von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 529–533.
  • Lothar zu Dohna, Richard Wetzel: Staupitz, theologischer Lehrer Luthers. Neue Quellen – bleibende Erkenntnisse. Tübingen 2018, ISBN 978-3-16-156125-2.
  • W. Günter: Johann von Staupitz (ca. 1468–1524). In: Erwin Iserloh (Hrsg.): Katholische Theologen der Reformationszeit. Band 5, Münster 1988, S. 11–31.
  • Klaus KienzlerJohann von Staupitz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 10, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-062-X, Sp. 1250–1253.
  • Adolar Zumkeller:
    • Johann von Staupitz und die klösterliche Reformbewegung. In: Analecta Augustiniana. 52, 1989.
    • Johannes von Staupitz und seine christliche Heilslehre. Würzburg 1994.
  • Markus Wriedt: Gnade und Erwählung: eine Untersuchung zu Johann von Staupitz und Martin Luther. Mainz 1991, ISBN 3-8053-1162-1.
  • Heinrich Fausel: Dr. Martin Luther: sein Leben und Werk. Neuhausen 1996.[12]
  • Berndt Hamm: Johannes von Staupitz. In: Religion in Geschichte und Gegenwart. 4., völlig neu bearb. Auflage. 2001, ISBN 3-16-146944-5, S. 538f.

Weblinks

Commons: Johann von Staupitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Doris Riffelmann: Magdalena von Staupitz. Evangelische Frauen in Deutschland e.V., abgerufen am 10. November 2018.
  2. Markus Wriedt: Staupitz, Johann von in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 95–96 [1]
  3. Siehe Heinrich Hermelink: Die Matrikeln der Universität Tübingen: 1477–1600. Leipzig 1906, S. 116: „20. Frater Johannes de Stapitz M. a. et s. theol. lector ordinis heremitarum S. Augustini, dedit 1 ß [Schilling] pedello (30. Mai)“
  4. Siehe Anmerkung bei Heinrich Hermelink: Die Matrikeln der Universität Tübingen: 1477–1600. Leipzig 1906, S. 81: „Theol. Reinh. Gaisser ex Stuttgardia principiavit in bibliam 10. Jan. 1499 et habuit collegam dom. priorem Joh. Stüpitz [= Johann von Staupitz] ...“ (Digitalisat)
  5. Gerhard Ebeling: Luthers Seelsorge: Theologie in der Vielfalt der Lebenssituationen an seinen Briefen dargestellt. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1997, ISBN 3-16-146712-4, S. 183.
  6. Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 117-118 (1978), S. 197.
  7. Johann Sallaberger: Johann von Staupitz, Luthers Vorgesetzter und Freund, und seine Beziehungen zu Salzburg. In: Analecta Augustiniana. Band 28, 1978, S. 108–154, 153, Nr. 200.
  8. Ingo Ulpts: Der Augustiner-Eremitenkonvent Heilig-Grab in Sternberg. In: Die Bettelorden in Mecklenburg. 1995, S. 140, 300–302.
  9. Anton Schmid: Die Anfänge der Domprädikaturen in den deutschsprachigen Diözesen. In: Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte. Band 89, Heft 1–2, 1994, S. 78–110, hier S. 91.
  10. Adolf Hahnl: Das Staupitz-Epitaph in der St. Veitskapelle von St. Peter. Anmerkungen zum loco sepulturae. In: Tagungsband: Staupitz, Luther und Salzburg in den Jahren 1517–1524 (= Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich. Nr. 134/135). 1. Auflage. Leipzig 2021, ISBN 978-3-374-07016-9, S. 83–89.
  11. 8. November im Ökumenischen Heiligenlexikon
  12. posthum erschienen; Fausel lebte 1900 bis 1967.
VorgängerAmtNachfolger
Simon III. GarchanetzAbt des Stiftes St. Peter
1522–1524
Kilian Püttricher

Auf dieser Seite verwendete Medien

Martin Luther, the man and his work (1911) (14761914744).jpg
Autor/Urheber: Internet Archive Book Images, Lizenz: No restrictions

Identifier: martinluthermanh00mcgi (find matches)
Title: Martin Luther, the man and his work
Year: 1911 (1910s)
Authors: McGiffert, Arthur Cushman, 1861-1933
Subjects: Luther, Martin, 1483-1546
Publisher: New York, The Century Co.
Contributing Library: Princeton Theological Seminary Library
Digitizing Sponsor: MSN

View Book Page: Book Viewer
About This Book: Catalog Entry
View All Images: All Images From Book
Click here to view book online to see this illustration in context in a browseable online version of this book.

Text Appearing Before Image:
d no concern.At the time h£ said his first mass he was so overcomewith dread lest he make a mistake in word or gesture,and thus commit a mortal sin, that he almost fled fromthe altar. The experience is a common one with thosewho have some public duty to perform for the firsttime, but mistakes in such a case are not usually inter-preted as sins. It was Luthers religious reading ofthe situation that made it particularly harrowing. And not simply was the sacred ceremony of themass beset with danger to his sensitive conscience, theminute monastic code of manners and morals offeredhim abundant opportunity for sin. Nothing could wellbe ethically more unwholesome than to interpret anyviolation of its thousand and one precepts as an offenseagainst God, and it is not surprising that the youngmonk who was thus interpreting them grew more andmore morbid. Above all, he was troubled because hecould not control his thoughts and feelings. Not exter-nal acts alone seemed evil, but wandering mind and
Text Appearing After Image:
JOHANN VoX STAUPITZ Portrait in possession of the Benedictine Convent of St. Peterat Salzburg LIFE AS A MONK 29 unruly emotions and especially the all too frequentlack of real joy and exultation in his devotions. His unhappiness, to be sure, was not constant.Speaking of his own experiences at a later time heonce said: I know a man who has often, though onlyfor brief periods, suffered the pains of hell such as notongue or pen could describe and no one could believe,if he had not himself felt them. If they had lasted fora half or even a tenth part of an hour, he would haveperished altogether and his bones would have crumbledto ashes. In the very nature of the case such agonycould not continue indefinitely. There were periodswhen he was well satisfied with himself and enjoyedpeace with God and his own conscience; seasons, too,when he was thinking of other things and sharing inthe every-day interests of convent life. We get manyhints in his writings that the Erfurt monastery was thescene,

Note About Images

Please note that these images are extracted from scanned page images that may have been digitally enhanced for readability - coloration and appearance of these illustrations may not perfectly resemble the original work.
JohannvonStaupitz.jpg
Johann von Staupitz († 1524)
Coat of Arms - Staupitz (Meissen).jpg

Coat of Arms, Staupitz Family, Meissen Saxony (from: Johann Siebmacher: New Wappenbuch, scan from: Horst Appuhn, Johann Siebmachers Wappenbuch. Die bibliophilen Taschenbücher 538, 2. verb. Aufl , Dortmund 1989

Meißner, Blatt 151)