Industrie- und Gewerbeausstellung Düsseldorf

Panorama der Ausstellung, Ansicht von der Oberkasseler Brücke
Schaubild der Ausstellung, Vogelperspektive 1901
Lageplan, 1902
Pavillon Friedrich Krupp mit einem 54 m hohen Schiffgefechtsmast
Kunstpalast (Ausstellungspalast), erbaut für die Industrie- und Gewerbeausstellung Düsseldorf 1902
Ansicht der Ausstellungshalle des Bochumer Vereins, heute Jahrhunderthalle Bochum
Ausstellungsgebäude der Krefelder Maschinenfabrik Schaef & Langen
Majolikahäuschen, Ausstellungspavillon der Firma Villeroy & Boch
Ehemalige Ausstellungshalle der Gutehoffnungshütte, heute Museo Universitario del Chopo, Mexiko-Stadt
Postkarte mit einem Ausschnitt des 15 × 120 Meter großen Cycloramas Blüchers Rheinübergang bei Kaub am 1. Januar 1814, das ab 1898 von Gustav Wendling, Hugo Ungewitter und Max Clarenbach für die Panorama-Rotunde geschaffen wurde[1]

Die Industrie- und Gewerbeausstellung Düsseldorf (vollständiger Titel: Industrie- und Gewerbeausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke, verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunstausstellung Düsseldorf 1902) war eine Ausstellung, die vom 1. Mai bis zum 20. Oktober 1902 in Düsseldorf veranstaltet wurde und rund fünf Millionen internationale Besucher zählte, unter ihnen Kaiser Wilhelm II. (am 15. August 1902), Kronprinz Wilhelm, der als Schirmherr der Ausstellung fungierte und sie eröffnete, der siamesische Kronprinz Vajiravudh, fast alle regierenden deutschen Fürsten, der Reichskanzler Bernhard von Bülow und zahlreiche Minister des In- und Auslandes.[2] Vorbild war die Weltausstellung Paris 1900.

Planungen

Initiatoren der Ausstellung waren Fritz Roeber, Georg Oeder, Paul Clemen und Heinrich Lueg, die an die Erfolge der Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke von 1880, welche noch im Zoologischen Garten in Düsseldorf-Düsseltal stattgefunden hatte, anknüpfen wollten. Lueg, der Leiter der Ausstellung von 1880 und seit 1882 Vorstandsvorsitzender des Central-Gewerbe-Vereins für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke, führte erste Gespräche mit dem Industriellen Friedrich Alfred Krupp, mit dessen Direktoriumsvorsitzenden Hanns Jencke sowie mit dem Düsseldorfer Regierungspräsidenten Georg von Rheinbaben, um deren Unterstützung bei dem Projekt zu sichern. Krupps Zusage, die als besonders wichtig erachtet wurde, stand unter der Bedingung, dass die großen Wirtschaftsvereine an der Ausstellung ebenfalls teilnehmen. Nach entsprechenden Verhandlungen erklärten die Nordwestliche Gruppe des Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller, der Verein Deutscher Eisenhüttenleute und der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen am 14. August 1898 ihre Mitwirkungsbereitschaft. Planerische Unterstützung fand Lueg insbesondere bei dem Düsseldorfer Beigeordneten und späteren Oberbürgermeister Wilhelm Marx, der die Stadtverordneten-Versammlung am 13. Dezember 1898 mit dem Plan der Rheinufervorschiebung befasste. Durch das Projekt wurde auch das geplante Ausstellungsgelände auf der Golzheimer Insel nördlich der Oberkasseler Brücke um einige Meter angehoben und so für Ausstellungszwecke hergerichtet. Nicht nur Fortschritte in Industrie und Gewerbe sollten gezeigt werden, auch Kunstgewerbe sowie historische und zeitgenössische Kunst. Um eine große Halle für Kunstausstellungen, den späteren Kunstpalast, zu finanzieren, riefen Fritz Roeber und der Verein der Düsseldorfer Künstler 1898 einen Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen ins Leben. Dieses Gebäude sollte über die Industrie- und Gewerbeausstellung hinaus den Düsseldorfer Künstlern einen dauerhaften Rahmen zur Präsentation bieten.[3]

Die architektonische Gesamtleitung der Ausstellung hatten die Düsseldorfer Architekten Josef Kleesattel und Adolf Schill neben weiteren Mitgliedern eines Bauausschusses[4][5] ab 1901 inne, nachdem der Hamburger Architekt Georg Thielen, der die Pläne des Ausstellungsgeländes für 168 Ausstellungsgebäude entwickelt hatte, überraschend verstorben war.[6] Beide Architekten führten auch die Entwurfs- und Bauarbeiten für die Hauptindustriehalle zu Ende, in deren Gestaltung sich kein Geringerer als Wilhelm II. persönlich eingemischt hatte.[7]

Ausstellung

Durch die Ausrichtung der Leistungsschau mit rund 2500 Ausstellern präsentierte sich die Stadt Düsseldorf, die um 1900 die Oberkasseler Brücke als feste Rheinbrücke erbaut, ihr Rheinufer vorgeschoben und nach Plänen von Johannes Radke umgestaltet sowie die elektrische Straßenbahn bis an den Eingang der Ausstellung im Bereich der heutigen Fritz-Roeber-Straße herangeführt hatte, als Hauptstadt einer modernen, aufstrebenden Industrieregion. Das Ausstellungsgelände mit 160 verschiedenen Bauten, das Kunst- und Ausstellungshallen, einen Vergnügungspark, gastronomische Einrichtungen, ein Panorama in einer Rotunde an der Stelle der heutigen Tonhalle sowie ein eigenes Elektrizitätswerk enthielt, erstreckte sich auf fast zwei Kilometern Länge und bis zu 350 Metern Breite am Rheinufer der Stadtteile Golzheim und Pempelfort über die gesamte Golzheimer Insel, den heutigen Rheinpark Golzheim. Die Panorama-Rotunde zeigte in ihrem zylindrischen Innenraum das 15 × 120 Meter große Historienbild Blüchers Rheinübergang bei Caub am 1. Januar 1814, gemalt von Hugo Ungewitter und Gustav Wendling sowie seinem Assistenten Max Clarenbach.[8] Von Golzheim aus führte das Ausstellungsgelände über den heutigen Ehrenhof bis in den Hofgarten. Ein Hauptgebäude der Ausstellung war der Kunstpalast nach Entwürfen der Architekten Albrecht Bender und Eugen Rückgauer, ein neobarock-eklektizistischer,[9] kuppelgekrönter Bau mit 14 Sälen, der wegen der darin stattfindenden Kunstausstellungen seit 1912 Ausstellungspalast genannt wurde. In den Jahren 1925 bis 1926 sowie 1999 bis 2000 wurde er von dem heutigen Museum Kunstpalast überbaut. Parallel zur Ausstellung wurden 134 Kongresse und Tagungen abgehalten. Am Ende hatte der Garantiefond von anfangs drei Millionen Goldmark, der 1898/99 zur Finanzierung der Ausstellung mit zum Teil kleinen Beträgen aus der Düsseldorfer Bürgerschaft eingerichtet worden war, einen Überschuss von rund 1,4 Millionen Goldmark erwirtschaftet.

Insbesondere die Montanindustrie des Ruhrgebietes – z. B. die Unternehmen Krupp, Hörder Bergwerks- und Hütten-Verein und Bochumer Verein – sagten bereits frühzeitig ihre Teilnahme zu und bauten für diese Leistungsschau große Hallen. Eine dieser Ausstellungshallen, entworfen von Bruno Möhring und gebaut von der Gutehoffnungshütte in Oberhausen, wurde nach der Ausstellung abgebaut und in Mexiko-Stadt wiederverwendet, wo sie noch heute als Museo Universitario del Chopo Ausstellungszwecken dient. Eine weitere Halle Bruno Möhrings wurde in Köln wiedererrichtet. Eine andere Halle wurde nach Bochum transloziert, wo sie heute unter dem Namen Jahrhunderthalle für Messen und Musikveranstaltungen genutzt wird. Der Köttgen-Pavillon steht heute in Bergisch Gladbach. Die großenteils temporären Ausstellungsarchitekturen verknüpften neue industrielle und kunsthandwerkliche Fertigungsmethoden mit den Formen des Jugendstils, teilweise auch mit den Formen des Neobarock oder eklektizistischer Stilmischungen. Ein herausragendes Beispiel für die Architektur des Jugendstils war das im Hofgarten errichtete Majolikahäuschen des Unternehmens Villeroy & Boch.

Ausdruck des Interesses für den Orient und des Orientalismus war die „Kairo-Straße“. Während der Ausstellung bezogen über hundert Araber dort ein „Arabisches Dorf“. Außerdem gab es ein „Nubisches Dorf“, das von ungefähr 30 Bewohnern bevölkert wurde.[10] Die zeitgenössische Rheinromantik drückte sich durch einen Nachbau der „Ruine der Burg Rüdesheim“ aus. Ferner gab es Nachbildungen von Motiven aus dem Sulden- und Zillertal.[11]

Literatur

  • Gottfried Stoffers (Hrsg.): Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung Düsseldorf 1902. Die Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunst-Ausstellung Düsseldorf 1902. August Bagel, Düsseldorf 1903 (Digitalisat 1, Digitalisat 2).
  • Berthold Braun: Eisenbahn-Fahrbetriebsmittel auf der Industrie- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902. In: Constantin von Popp (Red.): Zeitschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, Nr. 52/1902 (LIV. Jahrgang), S. 893–906. – Volltext online (PDF; 55 MB).
  • Hanns v. Zobeltitz: Momentbilder von der Ausstellung zu Düsseldorf. In: Velhagen & Klasings Monatshefte. Jg. 16 (1901/1902), Bd. 2, Heft 11, Juli 1902, S. 569–581.

Weblinks

Commons: Gewerbe- und Industrieausstellung 1902, Düsseldorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bettina Baumgärtel: Die Düsseldorfer Malerschule und ihre internationale Ausstrahlung. In: Bettina Baumgärtel (Hrsg.): Die Düsseldorfer Malerschule und ihre internationale Ausstrahlung 1819–1918. Band 1, 2011, S. 37 f.
  2. Hugo Weidenhaupt: Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf. Triltsch Verlag, Düsseldorf 1983, neunte überarbeitete Auflage, S. 137
  3. Zur Geschichte des Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstellungen@1@2Vorlage:Toter Link/www.diegrosse.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im November 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Webseite im Portal diegrosse.de, abgerufen am 29. August 2014
  4. Friedrich Schaarschmidt: Zur Geschichte der Düsseldorfer Kunst, insbesondere im XIX. Jahrhundert, herausgegeben vom Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Verlag August Bagel, Düsseldorf 1902, S. 353, online
  5. Alexander Fils: Die ‚Kleine Weltausstellung‘ in Düsseldorf 1902. Einleitung, ISBN 978-90-288-1865-1
  6. Melanie Florin: Das Majolikahäuschen von Villeroy & Boch im Düsseldorfer Hofgarten. Grupello Verlag, Düsseldorf 2006, ISBN 3-89978-0574, S. 24, PDF-Datei im Portal grupello.de, abgerufen am 23. Dezember 2013
  7. Rheinisch-Westfälische Industrie- und Gewerbeausstellung Düsseldorf 1902 (Memento desOriginals vom 20. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kmkbuecholdt.de, Webseite im Portal kmkbuecholdt.de, abgerufen am 6. Dezember 2015
  8. Bettina Baumgärtel: Chronik der Düsseldorfer Malerschule 1815–2011. In: Bettina Baumgärtel (Hrsg.): Die Düsseldorfer Malerschule und ihre internationale Ausstrahlung 1819–1918. Band 1, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2011, ISBN 978-3-86568-702-9, S. 374
  9. Paul Clemen: Die deutsch-nationale Kunstausstellung zu Düsseldorf. In: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur. Heft 23, 1902, S. 530–544 (Digitalisat)
  10. Lothar Pützstück: Afrika und Düsseldorf im Deutschen Reich (1871–1945). In: Marianne Bechhaus-Gerst, Reinhard Klein-Arendt (Hrsg.): AfrikanerInnen in Deutschland und schwarze Deutsche – Geschichte und Gegenwart. LIT Verlag, Münster 2004, ISBN 3-8258-6824-9, S. 62 (Google Books)
  11. Stefanie Schäfers, S. 33
  12. Paul Clemen, S. 533
  13. Paul Clemen, S. 539
  14. Paul Clemen, S. 541/542

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Aussenansicht der Ausstellungshalle des Bochumer Vereins auf der Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902, der späteren Jahrhunderthalle in Bochum

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Die Betonanlage vor dem Kunstpalast vom Rhein aus gesehen auf der Industrie- und Gewerbeausstellung Düsseldorf 1902
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Düsseldorf, Majolikahäuschen von Villeroy & Boch im Düsseldorfer Hofgarten, erbaut nach Entwürfen von Anton Joseph Pleyer im Jahre 1902, abgebrochen 1926, 1.jpg