Herzogliches Museum Gotha

Das Herzogliche Museum nach der Wiedereröffnung 2013

Das am Schlosspark südlich gegenüber von Schloss Friedenstein gelegene Herzogliche Museum Gotha ist ein Museumsgebäude im Stil der Neorenaissance aus dem 19. Jahrhundert. Seit der Wiedereröffnung 2013 zeigt es die Kunstsammlung der Herzöge von Sachsen-Gotha mit ägyptischen und griechisch-römischen Antiken, Malerei der Renaissance, ostasiatischer Kunst aus China und Japan sowie Skulpturen aus verschiedenen Epochen. Ein Meisterwerk der Ausstellung ist das Gothaer Liebespaar, ein Gemälde von 1480.

Geschichte

Herzog Ernst II., Bauherr des Herzoglichen Museums

19. Jahrhundert

Das beständige Anwachsen der Herzoglichen Sammlungen auf Schloss Friedenstein, die unter anderem eine Bibliothek, ein Münzkabinett, ein Naturalienkabinett, ein Kunstkabinett, eine Gemäldegalerie und eine Kupferstichsammlung umfassten, gab den Anlass für einen separaten repräsentativen Museumsneubau. 1863 beauftragte Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, mit der Zustimmung des Landtages des Herzogtums Sachsen-Gotha unter der Bedingung der Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit bei freiem Eintritt an Sonntagen, den Neubau eines besonderen Museums. Es sollte nach dem Willen des Herzogs künftig alle Sammlungen bis auf die Bibliothek beinhalten. Anfangs wurde mit ca. 120.000 Talern Baukosten, aus dem Domänenvermögen finanziert, gerechnet.

1864 wurde der Wiener Architekt und Baurat Franz von Neumann der Ältere (1815–1888), der seit 1839 in herzoglichen Diensten stand, mit den Planungen betraut,[1] das südlich des Schlosses Friedenstein auf dem Gelände des ehemaligen Herzoglichen Küchengartens errichtet werden sollte. Neumann ermittelte bei einer Bauzeit von vier Jahren für seine Planung eine Bausumme (ohne Inneneinrichtung) von 145.000 Talern. Im Juni 1864 begannen die Bauarbeiten.

Der Tannengarten wurde ab 1869 als natürliche „Fortsetzung“ der naturkundlichen Sammlung des Museums angelegt

Noch während des Museumsbaus wurde 1869 südlich des Gebäudes mit der Anlage des sogenannten Tannengartens begonnen.[2] Ausgehend von der breiten Freitreppe an der südlichen Terrasse des Museums legte der gothaische Oberhofgärtner Carl Theobald Eulefeld (1818–1877) einen breiten Promenadenweg an, der die Fläche des einstigen Küchengartens in zwei Hälften teilt und in den Südteil des Englischen Gartens mit dem Großen Parkteich führt. Hauptsächlich im Frühjahr 1872 wurden im Tannengarten rund 170 Nadelgehölze von über 40 verschiedenen Sorten aus aller Welt in Gruppen angepflanzt.[2] Die dendrologische Sammlung des Gartens wurde dabei bewusst als natürliche „Fortsetzung“ der naturkundlichen Sammlung des Museums konzipiert und bis 1882 komplettiert.

1867 musste das unzureichende Baubudget, mit Einwilligung des Landtags, auf 200.000 Taler aufgestockt werden. 1870 zeichneten sich insbesondere zur Vollendung des Innenausbaus Baukosten von 400.000 Talern ab, was aufgrund der ungeklärten Restfinanzierung im November 1870 zur Einstellung der Bauarbeiten für vier Jahre führte. Nachdem sich der Architekt zu Einschränkungen bereit erklärte und der Herzog eine Übernahme von etwa 70 Prozent der fehlenden Mittel sowie der Landtag die restlichen 30 Prozent zusagten, kam es im Mai 1875 zu einer Wiederaufnahme der Bauarbeiten. Als sich Anfang 1878 eine erneute Überschreitung der Kalkulation für den Innenausbau zeigte, wurde dem Oberbaurat Franz von Neumann die Oberbauleitung entzogen und der Auftrag gekündigt.[3] Am 17. April 1879, 15 Jahre nach Baubeginn, konnte das Haus schließlich eröffnet werden. Darin wurden das Kunstkabinett, das Chinesische Kabinett, das Naturalienkabinett, Kupferstichkabinett, die Gemäldegalerie und die Sammlung der Gipsabgüsse untergebracht.

20. Jahrhundert

Am Ende des Zweiten Weltkriegs erlitten die Sammlungen des Herzoglichen Museums durch Auslagerung, Plünderung und Entnahmen große Verluste. Die noch vorhandenen Teile der Kunstsammlungen wurden 1945 in die Sowjetunion abtransportiert und nach ihrer Rückgabe 1956 im Schloss Friedenstein untergebracht. Die naturwissenschaftlichen Sammlungen verblieben im Museumsgebäude und wurden um den Bestand des Naturkundlichen Heimatmuseums erweitert. Nach dem Umbau des Gebäudes wurde am 1. August 1954 im ehemals Herzoglichen Museum das Biologische Zentralmuseum eröffnet. Das zu dieser Zeit größte Naturmuseum Thüringens erhielt den Namen Naturkundemuseum, ab 1971 war es das Museum der Natur Gotha.

21. Jahrhundert

Ausstellungsstück, asiatisches Porzellan

Im Zuge einer Neukonzeption der Gothaer Museumslandschaft wurde das Haus im Jahre 2010 geschlossen und die Bestände der naturkundlichen Sammlungen bis Ende 2011 schrittweise in das Schloss Friedenstein verlagert. Nach einer grundlegenden Sanierung für neun Millionen Euro wurde das Herzogliche Museum mit 3000 Quadratmetern Ausstellungsfläche am 19. Oktober 2013[4] wiedereröffnet. Zu den bemerkenswerten Schätzen zählen unter anderem eine Ägyptische Sammlung, die als eine der frühesten auf dem Kontinent gilt, zahlreiche Antiken, Porzellan aus Meißen und Asien, japanische Lackobjekte, Plastiken von der Gotik bis zum Klassizismus, darunter eine beachtliche Houdon-Sammlung, niederländische und altdeutsche Gemälde wie das „Gothaer Liebespaar“ und zahlreiche Werke Lucas Cranachs, außerdem Gemälde von Rubens bis Caspar David Friedrich. Zusätzlich ist ein Raum für Wechselausstellungen des bedeutenden Kupferstichkabinetts vorgesehen und eine Sonderausstellungsfläche für große Ausstellungen der Stiftungsmuseen.

Direktoren

Ausstellung

Die Ausstellung zeigt im Souterrain antike und ägyptische Kunst sowie italienische Korkmodelle antiker Bauten aus dem 18. Jahrhundert. Im Erdgeschoss befindet sich der Skulpturensaal sowie ein weiterer Saal für Wechselausstellungen. Im Obergeschoss sind Gemälde ausgestellt, wobei der Schwerpunkt auf Werken niederländischer Meister (Renaissance) sowie Lucas Cranach d. Ä. liegt. Außerdem befinden sich dort die Sammlungen ostasiatischer Kunst, die chinesisches Porzellan, japanische Lackarbeiten und anderes umfassen.

Architektur

Straßenfassade des Herzoglichen Museums Gotha
Blick ins Treppenhaus

Franz von Neumann orientierte sich in seinen Plänen an bestehenden Museumsneubauten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, verwirklichte aber gleichzeitig auch eigene Ideen, die wiederum für spätere Bauten wegweisend wurden. Für die Gestaltung der Fassade, war sicherlich Versailles die wichtigste Inspiration. Das Mauerwerk besteht zum größten Teil aus Seeberger Sandstein, teilweise kamen auch Steine aus Pirna in Sachsen zum Einbau. Durch eine Glaskuppel auf der Mitte des Gebäudes, den repräsentativen Haupteingang und durch die pavillonartige Gestaltung der Ecken wird der mittlere Teil besonders betont. Zwei von Bildhauer Franz Melnitzky modellierte sitzende Löwen an der Freitreppe und zwei allegorische Sandstein-Statuen im Eingangsportal empfangen den Besucher. Auf den Ecken der Attika befinden sich Figurengruppen, die Kunst und Wissenschaft symbolisieren.

Im Inneren führt der Weg zu den Sälen und Kabinetten durch ein prächtiges sehr klar strukturiertes Vestibül. Italienischer Marmor und ein mehrfarbiges Steinmosaik bestimmen das Gesamtbild des Raumes. Im Souterrain gibt es eine Reihe kleinteiliger Kabinette, darüber im Erdgeschoss befinden sich zwei großzügige, von Licht durchflutete Säulenhallen und im Obergeschoss Oberlichtsäle, die wiederum von Kabinetten umgeben sind. Die gläserne Kuppel ist über einem zentralen Oktogon errichtet, in dessen Mitte eine lebensgroße Bronzeskulptur Ernsts II. in der Kleidung eines Ritters vom Hosenbandorden steht, die vom Bildhauer Christian Behrens 1882 gestaltet wurde.

Sonstiges

Das Gebäude befindet sich in städtischem Besitz, das Museum wird von der seit 2004 bestehenden Stiftung Schloss Friedenstein Gotha betreut. Direktor der Stiftung ist seit 2007 Martin Eberle.[5]

Literatur

  • Stiftung Schloss Friedenstein Gotha (Hrsg.): Museen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha: Schlossmuseum, Museum der Natur, Museum für Regionalgeschichte und Volkskunde. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2007, ISBN 978-3-422-06620-5.
  • Wolfgang Zimmermann: Der Bau des Herzoglichen Museums zu Gotha (1864–1879). In: Harald Bachmann, Wener Korn, Helmut Claus, Elisabeth Dobritzsch (Hrsg.): Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, 1818–1893 und seine Zeit, Jubiläumsschrift im Auftrag der Städte Coburg und Goth. Maro Verlag, Augsburg 1993, ISBN 3-87512-198-8, S. 249–261.
  • Martin Eberle: Herzogliches Museum Gotha. Münzkabinett, Kupferstichkabinett, Ostasiatika. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2013, ISBN 978-3-95462-017-3.

Weblinks

Commons: Herzogliches Museum Gotha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Architekturzentrum Wien – Architektenlexikon: Franz Neumann d. Ä.
  2. a b Jens Scheffler: Die Anlagen am Neuen Museum (Tannengarten). In: Im Reich der Göttin Freiheit. Gothas fürstliche Gärten in fünf Jahrhunderten, Gotha 2007, S. 189ff.
  3. Wolfgang Zimmermann: Der Bau des Herzoglichen Museums zu Gotha (1864–1879)
  4. Homepage Stiftung Schloss Friedenstein Gotha: Herzogliches Museum Gotha: Eröffnung am 19. Oktober 2013, abgerufen am 20. Oktober 2013
  5. Homepage mitteldeutscher verlag, abgerufen am 20. Oktober 2013

Koordinaten: 50° 56′ 36″ N, 10° 42′ 21″ O

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Ducal Museum in Gotha 18.jpg
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Ducal Museum in Gotha, Thuringia, Germany
Genien Gotha.JPG
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Zwei Genien der Eintracht und Harmonie, chinesisches Porzellan, um 1700, ausgestellt im Herzoglichen Museum Gotha (Thüringen).
Tempel des Portunus Gotha.JPG
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Tempel des Portunus, Modell aus Kork, Antonio Chichi, Rom, 3. Viertel 18. Jahrhundert, ausgestellt im Herzoglichen Museum Gotha (Thüringen).
Hippolytos Sarkophag Gotha.JPG
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Fragment eines Sarkophags mit Darstellung der Hippolytos-Sage, Marmor, attische Werkstatt, 2. Viertel 3. Jahrhundert nach Christus, ausgestellt im Herzoglichen Museum Gotha (Thüringen).
Treppenhaus Museum Gotha.JPG
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Treppenhaus des Herzoglichen Museums in Gotha (Thüringen).
Yixing-Teekannen Gotha.JPG
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Teekannen aus Yixing, China, Steinzeug, 18. Jahrhundert, ausgestellt im Herzoglichen Museum Gotha (Thüringen).
Farnesischer Stier Gotha.JPG
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Skulptur eines Farnesischen Stiers von Adriaen de Vries, Bronze, 1614, ausgestellt im Herzoglichen Museum Gotha (Thüringen).
Lucas Cranach d.Ä. - Verdammnis und Erlösung (Schloss Friedenstein).jpg

Nach den Briefen des Apostels Paulus wird der Weg des Menschen aus Verdammnis, Sünde und Gesetz zu ewigem Leben, Glaube und Gnade aufgezeigt. Da für Martin Luther die Sünde untrennbar mit dem menschlichen Wesen verbunden ist, bedarf der Gläubige des mosaischen Gesetzes, um sich seiner Sündhaftigkeit bewusst zu werden. Er muss erkennen, dass er an den Geboten des strafenden alttestamentarischen Gottes scheitert und verzweifeln wird. Diese Verzweiflung ist Voraussetzung für die Errettung durch Christus und das Evangelium. Entsprechend der von Luther vorgenommenen Differenzierung trennt der Baum in der Bildmitte die gegenübergestellten Ereignisse aus dem Alten und dem Neuen Testament. Auf der linken Bildhälfte des Gesetzes ist der Lebensbaum vertrocknet, auf der rechten Seite des Evangeliums trägt er grünende Äste. Links jagen Tod und Teufel den sündigen Menschen ins Höllenfeuer, während er nach rechts zu Moses blickt, der in einer Gruppe von Propheten des Alten Testaments auf die Tafeln der zehn Gebote verweist. Darstellungen des Sündenfalls und des Jüngsten Gerichts in der weiten Landschaft zeigen Ursprung und Strafe der menschlichen Verfehlung. Die für Luther wichtige Szene der ehernen Schlange aus dem Alten Testament deutet typologisch auf die Kreuzigung hin und zeigt die Rettung der Israeliten vor dem Gift durch Befolgung der Weisung Gottes.

Direkt rechts des Baumstamms ist Johannes der Täufer zusammen mit dem nackten Menschen der linken Seite zu sehen. Johannes als der letzte Prophet vor Christus steht für Luther zwischen Gesetz und Evangelium, weshalb ihm hier die Rolle des Vermittlers zukommt. Er lenkt die Aufmerksamkeit des Nackten, der vollkommen ruhig und mit gefalteten Händen dasteht, auf den Gekreuzigten am rechten Rand des Bildes. Von der Seitenwunde Christi geht ein Blutstrahl aus, der sich über nahezu die gesamte Breite der rechten Hälfte erstreckt und auf der Brust des Nackten niedergeht. In dem Blutstrahl erscheint die Taube des Heiligen Geistes. Hier zeigt sich, dass allein Christus, der stellvertretend für den Menschen gestorben ist und dessen frohe Botschaft vom Heiligen Geist übermittelt wird, die Verurteilung durch das Gesetz aufheben kann. Nur durch seinen Glauben, sola fide, wird der Mensch der göttlichen Vergebung in Form des erlösenden Blutstrahls teilhaftig. Durch den auferstandenen Christus, der sich über die Grabeshöhle hinter dem Kreuz in den Himmel erhebt, sind Tod und Teufel, die den Sünder auf der linken Seite verfolgten, gebannt: Beide liegen besiegt vor dem Kreuz, unter dem Lamm Gottes, das wie der Auferstandene die Siegesfahne trägt. Der Sünder der Seite des Gesetzes ist hier jedoch ein Gerechter, womit das Gothaer Bild den Aspekt des simul iustus et peccator verdeutlicht. Vor den Toren der Stadt Bethlehem erscheint im Hintergrund der rechten Seite die Verkündigung an die Hirten. Wie die Erhöhung der ehernen Schlange, die das Auge des Betrachters direkt daneben auf der anderen Seite des Baums findet, zeigt diese Szene das Anerkennen von Gottes Wort durch den Menschen. Für den Betrachter wird verdeutlicht, dass Gesetz und Evangelium die gleiche frohe Botschaft verkünden, die immer zu Christus hinführt. Zitate aus dem Alten und Neuen Testament im unteren Bereich der Tafel unterstreichen die Aussage und liefern zudem die biblische Legitimation der Darstellung.
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Das „Gothaer Liebespaar“, Gemälde des Meisters des Amsterdamer Kabinetts, um 1480, ausgestellt im Herzoglichen Museum Gotha (Thüringen).
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Herzogliches Museum (Schlossseite) in Gotha (Thüringen, Deutschland)
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Modell des Konstantinsbogens aus Kork, Rom, 3. Viertel 18. Jahrhundert, ausgestellt im Herzoglichen Museum Gotha (Thüringen).
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Nootka-Scheinzypressen im Gothaer Schlosspark.