Herrschaft Münzenberg

Die Herrschaft Münzenberg bezeichnet einen historischen Verwaltungs- und Gerichtsbezirk in der Wetterau, der als Kondominat verschiedener dort ansässiger Adelshäuser gemeinsam regiert wurde.

Geschichte

Münzenberger Erbschaft

Aus der Münzenberger Erbschaft, dem Nachlass Ulrichs II. von Münzenberg, erbten die Herrschaft Münzenberg 1255 als Allod seine sechs Schwestern. Die Erbschaft, darunter die Herrschaft Münzenberg, wurde ideell zu gleichen Teilen den sechs Erbinnen zugesprochen, von ihnen und ihren Rechtsnachfolgern aber als gemeinsames Kondominat verwaltet. Es erhielten zunächst je einen Anteil:

  • Adelheid, verheiratet mit Reinhard I. von Hanau
  • Isengard, verheiratet mit Graf Philipp I. von Falkenstein
  • Mechtild, verheiratet mit Engelhard von Weinsberg
  • Irmengard, verheiratet mit Konrad von Weinsberg
  • Hedwig, verheiratet mit Heinrich von Pappenheim
  • Agnes, verheiratet mit Konrad von Schöneberg

Anteile

Die Rechte an den Anteilen – und damit die Herrschaftsrechte über Münzenberg – wurden weiter vererbt und zum Teil auch verkauft, so dass sich immer neu unterschiedliche Eigentümergemeinschaften bildeten. Die einzelnen Eigentümer integrierten ihren jeweiligen Anteil in die Verwaltungsstrukturen ihrer eigenen Herrschaften, in der Herrschaft und späteren Grafschaft Hanau, sowie unter deren Erben, der Landgrafschaft Hessen-Kassel, wurde dieser Anteil z. B. in einem Amt Münzenberg zusammengefasst, in der Grafschaft Stolberg-Roßla gehörte er zum dortigen Amt Ortenberg und in der Grafschaft Solms-Braunfels zum Amt Hungen. Die Zuordnung der Anteile zu einzelnen Eigentümern entwickelte sich folgendermaßen:

Zeitraum HerrenBemerkungen
1255–1256Adelheid 1/6
⚭ Reinhard I. von Hanau
Isengard 1/6
⚭ Philipp I. von Falkenstein
Mechthild 1/6
⚭ Engelhard von Weinsberg
Irmengard 1/6
⚭ Konrad von Weinsberg
Agnes 1/6
⚭ Konrad von Schöneberg
Hedwig 1/6
⚭ Heinrich von Pappenheim
Aufteilung des Erbes auf sechs verheiratete Töchter
1256–1272Herrschaft Hanau 1/6Falkenstein 3/6Schöneberg 1/6Pappenheim 1/6Falkenstein erwarb 1256 die beiden Weinsberger Anteile.
1272–1286Hanau 1/6Falkenstein 4/6Pappenheim 1/6Falkenstein erwarb 1272 den Schöneberger Anteil.
1286–1418Hanau 1/6Falkenstein 5/6Falkenstein erwarb 1286 den Pappenheimer Anteil.
1418–1507Grafschaft Hanau 8/48Eppstein 20/48Solms-Greiffenstein 15/48Solms-Laubach 5/481418 erloschen die Falkensteiner. Ihr Anteil fiel zu gleichen Teilen an Solms und Eppstein. Der Solmser Anteil wurde im Verhältnis 3:1 zwischen den Linien Greiffenstein und Laubach geteilt.
1507–1581Grafschaft Hanau 8/48Königstein 20/48Solms-Greiffenstein 15/48Solms-Laubach 5/481507 trat der letzte männliche Vertreter der Familie von Eppstein seine Rechte gegen eine Pension an die Herren von Königstein ab.
1581–1684Grafschaft Hanau-Münzenberg8/48Mainz 10/48Stolberg-Gedern 10/48Solms-Greiffenstein 15/48Solms-Laubach 5/481581 Vom Eppsteiner Anteil kam die eine Hälfte an Stolberg-Gedern, die andere an Kurmainz.
1684–1736Hanau 18/48Stolberg-Gedern 10/48Solms-Greiffenstein 15/48
ab 1693 Solms-Braunfels
Solms-Laubach 5/481684 trat Mainz seinen Anteil im Rahmen eines Gebietstausches an Hanau ab.
ab 1736Landgrafschaft Hessen-Kassel 18/48Stolberg-Gedern 10/48Solms-Braunfels 15/48Solms-Laubach 5/481736 erbte die Landgrafschaft Hessen-Kassel die Grafschaft Hanau-Münzenberg, siehe Johann Reinhard III.

Im Zuge der Mediatisierung in der Folge der napoleonischen Kriege kam das Gebiet der Herrschaft überwiegend zum Großherzogtum Hessen, gehörte schließlich zum Landkreis Friedberg und nach der hessischen Gebietsreform 1974 zum Wetteraukreis.

Das Kondominat fand seine privatrechtliche Fortsetzung in Bezug auf die mit der früheren Herrschaft verbundenen Ländereien bis in die 1930er Jahre.

Bestandteile

Literatur

  • Anette Löffler: Die Herren und Grafen von Falkenstein (Taunus) = Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 99. Darmstadt 1994, Bd. 1, S. 361ff.
  • Regina Schäfer: Die Herren von Eppstein. = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau. Wiesbaden 2000, S. 80, 85, 91, 103, 116, 442.
  • Vorläuffige kurtze Anmerckungen über die sogenannte Beschreibung derer hanau-müntzenbergischen Lande von der hanau-müntzenbergischen Regierung vor einiger Zeit publiciret worden. o. O. 1723.
  • Günther Binding: Burg Münzenberg – Eine staufische Burganlage. = Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft 20. Bonn 1963. Rezensionen dazu: Nassauische Annalen 75 (1964), S. 326; Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 13 (1963), S. 368ff.
  • Franziska Haase: Ulrich I., Herr von Hanau 1281-1306. masch. Diss. Münster 1924, S. 4, 14.
  • Walter Hävernick: Das ältere Münzwesen der Wetterau bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts. = Veröffentlichung der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck XVIII,1). Marburg 1936.
  • Günter Hoch: Territorialgeschichte der östlichen Dreieich. Marburg 1953, S. 119.
  • Dommerich: Urkundliche Geschichte der allmählichen Vergrößerung der Grafschaft Hanau von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis zum Aussterben des Hauses 1736. In: Mitteilungen des Hanauer Bezirksvereins für Geschichte und Landeskunde 1/2 (1860), S. 31.
  • Ernst Julius Zimmermann: Hanau Stadt und Land. 3. Auflage. Hanau 1919, ND 1978.
  • Johann Jacob Moser: Reichs-Fama, Bd. 22,. Frankfurt 1736, S. 220ff.
  • Ferdinand Heß: Die kirchliche Entwicklung der Gemeinherrschaft Münzenberg bis zur Durchführung der Reformation (12.–16. Jahrhundert). In: Beiträge zur hessischen Kirchengeschichte. Ergänzungsband 10 zum Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde. Darmstadt 1935, S. 1–43.
  • Regnerus Engelhard: Erdbeschreibung der Hessischen Lande casselischen Antheils mit Anmerkungen aus der Geschichte erläutert. Bd. 2. Kassel 1778, S. 813.