Herbie Mann

Herbie Mann (1975)

Herbie Mann (* 16. April 1930 in Brooklyn, New York; † 1. Juli 2003 in Santa Fe), eigentlich Herbert Jay Solomon, war ein US-amerikanischer Jazz- und Fusion-Flötist und Komponist (zunächst auch Klarinettist und Saxophonist). Er zählt zu den frühen Vertretern der Weltmusik.

Leben und Wirken

Herbie Mann begann seine Musikerkarriere als Tenorsaxophonist in einer Militärband in Triest[1]. Anfang der 1950er Jahre kehrte er nach New York zurück und tourte mit dem Quintett des Akkordeonisten Mat Mathews. In dieser Zeit wechselte er, auch unter dem Einfluss der Aufnahmen von Esy Morales, zur Querflöte als Hauptinstrument.[2]

1954 war er Mitglied der Pete-Rugolo-Band, nahm Platten mit Sam Most auf und arbeitete als Studiomusiker an der Westküste. Erste Plattenaufnahmen unter eigenem Namen entstanden 1954 für das Bethlehem Label mit Joe Puma (Herbie Mann Plays). 1956 wirkte er bei Quincy Jones’ Debütalbum This Is How I Feel About Jazz mit. 1959 gründete er sein Afro-Jazz-Quintet, trat beim Newport Jazz Festival auf und war im Jahr 1960 auf einer State Department Tour in Afrika und 1961 in Brasilien, was danach einen starken Einfluss auf seine spätere Musik hatte (u. a. Latin Fever 1962, auf brasilianische Themen und Musiker kommt er immer wieder zurück). Seinen kommerziellen Durchbruch erreichte er 1962 mit dem Album At the Village Gate. Einen Hit hatte er mit dem Titel Coming Home Babe aus diesem Album.[3] Damit wurde Mann einem größeren Publikum bekannt; er führte von 1957 an bis 1970 die Down-Beat-Polls des beliebtesten Jazzflötisten an.

Mitte der 1960er Jahre reiste er wieder nach Brasilien und spielte mit den Stars der populären brasilianischen Musik wie Antônio Carlos Jobim und João Gilberto. Danach arbeitete er auch im Mittleren Osten mit Oud-Musikern und mit dem Dudelsack-Spieler Rufus Harley; sein Versuch, mit der Musik des Mittleren Ostens einen neuen Trend zu setzen, schlug allerdings fehl. 1968 trat er mit seiner Band aus Roy Ayers, Sonny Sharrock, Miroslav Vitouš und dem Schlagzeuger Bruno Carr auf den Berliner Jazztagen auf. Mit einer ähnlichen Besetzung entstand 1969 das Album Memphis Underground. Das Magazin Rolling Stone wählte das Album 2013 in seiner Liste Die 100 besten Jazz-Alben auf Platz 86.[4] Er war in den 1960er und 1970er Jahren einer der bestverkauften Musiker des Labels Atlantic Records,[5] bei dem er 1959 bis 1979 unter Vertrag war. Bei Atlantic arbeitete er auch als Produzent,[6] wo er u. a. Plattenaufnahmen von Chick Corea (Tones for Joans Bones), Miroslav Vitous (Mountains in the Clouds), Roy Ayers, Sonny Sharrock, Attila Zoller, Jim Pepper und Ron Carter produzierte.

In den 1970er Jahren erweiterte Mann sein musikalisches Spektrum und arbeitete mit Rockmusikern wie Duane Allman, dem Rolling-Stones-Gitarristen Mick Taylor, Aynsley Dunbar (London Underground, 1974) sowie mit Reggae-Musikern. Dazu reiste er auch nach Jamaika (Album Reggae 1974). Mitte der 1970er Jahre entfernte sich Mann weit vom Jazz und hatte einen Discohit mit Hi-Jack.

In den 1980er Jahren verlegte er sich – aus ökonomischen Gründen – auf Solokonzerte, trat mit Glen Moore, Frank Gravis und Badal Roy auf und operierte mit einem neuen eigenen Label, The Alternative, auf dem seine Alben Mellow (von seinem Montreux-Auftritt 1977) sowie Forest Rain erschienen. 1982 trat er mit seiner Band, der Family of Mann, in Frankfurt und in Bombay auf.

In den 1990er Jahren gründete er ein eigenes Label Kokopelli, stieg dort aber 1996 wieder aus. Herbie Mann spielte insgesamt weit mehr als einhundert Platten ein. Er arbeitete u. a. mit Chet Baker, Sarah Vaughan, Machito, Baden Powell, Art Blakey, dem Bill Evans Trio (Nirvana 1962) und Chick Corea.

1989 zog er mit seiner dritten Frau, der Schauspielerin Susan Janeal Arison, von New York[7] nach Pecos, einem kleinen Ort nahe Santa Fe in New Mexico. 1997 erkrankte er an Prostatakrebs, dem er trotz jahrelangen Kampfs am 1. Juli 2003 im Alter von 73 Jahren schließlich erlag.

Diskografie

Alben

JahrTitel
Musiklabel
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartsChartplatzierungen[8]
(Jahr, Titel, Musiklabel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 US
1962At the Village GateUS31
(41 Wo.)US
Right NowUS100
(4 Wo.)US
1963Do The Bossa Nova With Herbie MannUS86
(7 Wo.)US
1964Herbie Mann Live At NewportUS104
(8 Wo.)US
1965Standing Ovation At NewportUS143
(3 Wo.)US
1966Our Mann FluteUS139
(6 Wo.)US
1968Glory Of LoveUS151
(12 Wo.)US
1969Memphis Underground
Atlantic
US20
(44 Wo.)US
mit Roy Ayers, Sonny Sharrock, Miroslav Vitous, Bruno Carr
Live At The Whisky A Go GoUS139
(10 Wo.)US
1970The Best Of Herbie MannUS189
(2 Wo.)US
Stone FluteUS184
(3 Wo.)US
1971Push PushUS137
(3 Wo.)US
Push Push
Embryo
US119
(23 Wo.)US
1973The Evolution Of MannUS172
(8 Wo.)US
Hold On, I’m Comin’US163
(6 Wo.)US
Turtle BayUS146
(8 Wo.)US
1974London Underground
Atlantic
US109
(10 Wo.)US
mit Pat Rebillot, Albert Lee, Mick Taylor, Fuzzy Samuels, Al Gorry, Aynsley Dunbar, Robbie McIntosh, Armen Halburian, Ian McDonald, Stéphane Grappelli
ReggaeUS141
(11 Wo.)US
1975Discotheque
Atlantic
US27
(18 Wo.)US
WaterbedUS75
(7 Wo.)US
1976SurprisesUS178
(2 Wo.)US
enthält den Titel Cajun Moon von J. J. Cale, gesungen von Cissy Houston (Mutter von Whitney Houston)
1977Bird In A Silver CageUS132
(7 Wo.)US
Herbie Mann & Fire IslandUS122
(7 Wo.)US
1978Brazil Once AgainUS165
(5 Wo.)US
1979Super MannUS77
(13 Wo.)US

Weitere Alben

Singles

JahrTitel
Album
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[8]
(Jahr, Titel, Album, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 US A. C.
1966Philly Dog
US93
(1 Wo.)US
A Man And A Woman
US88
(2 Wo.)US
mit Tamiko Jones
1967To Sir, With Love
US93
(1 Wo.)US
A. C.11
(9 Wo.)A. C.
1968Unchain My Heart
US81
(2 Wo.)US
1969Memphis Underground
US44
(10 Wo.)US
A. C.37
(4 Wo.)A. C.
It’s A Funky Thing-Right On (Part 1)
US95
(2 Wo.)US
1974Spin Ball
A. C.48
(3 Wo.)A. C.
1975Hijack
US14
(15 Wo.)US
1979Superman
US26
(18 Wo.)US
A. C.46
(5 Wo.)A. C.

Literatur

  • Martin Kunzler: Jazz-Lexikon. Band 1: A–L (= rororo-Sachbuch. Bd. 16512). 2. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-499-16512-0.
  • Leonard Feather, Ira Gitler: The Biographical Encyclopedia of Jazz. Oxford University Press, New York 1999, ISBN 0-19-532000-X.
  • Cary Ginell: The Evolution of Mann: Herbie Mann and the Flute in Jazz. Hal Leonard, Milwaukee 2014, ISBN 978-1458419811.
  • Richard Cook, Brian Morton: The Penguin Guide to Jazz on CD. 6. Auflage. Penguin, London 2002, ISBN 0-14-051521-6.

Weblinks

Quellen

  1. Daneben konnte er auch Klarinette spielen.
  2. Cary Ginnell The Evolution of Mann: Herbie Mann and the Flute in Jazz Milwaukee 2014, S. 9ff.
  3. Der Titel ist eine funkige Komposition seines Bassisten Ben Tucker, das später auch Mel Tormé aufnahm. Mann hatte großen Erfolg mit Live at The Village Gate, er verkaufte damals 200.000 Exemplare des Albums und 500.000 Stück von der Single-Auskopplung; vgl. Kunzler, S. 736.
  4. Rolling Stone: Die 100 besten Jazz-Alben. Abgerufen am 16. November 2016.
  5. 25 seiner Alben gelangten in die Pop Top 200, was außer ihm kein Jazz-Musiker schaffte
  6. Dank seiner Erfolge finanzierte die Gesellschaft seine Ausbildung zum Produzenten; er leitete die Sub-Labels Embryo und Vortex
  7. Das er - obwohl seine Heimatstadt - nach eigenen Worten hasste.
  8. a b Chartquellen: US US (vor 17. August 1963)
  9. Die Auswahl wichtiger Alben Herbie Manns erfolgte unter Heranziehung des Penguin Guide to Jazz, Auflagen 1992 und 2001

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Autor/Urheber: Tom Marcello, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Herbie Mann, 1975 in NYC