Gespräche des Konfuzius

Die Gespräche oder Analekten des Konfuzius (chinesisch 論語 / 论语, Pinyin lún yǔ), wörtlich etwa: Gesammelte Aussprüche, ist einer der dreizehn Klassiker der kanonischen konfuzianischen chinesischen Literatur. Sie gehören auch zu den Vier Büchern.

Name

Der Name chinesisch 論語 / 论语, Pinyin lún yǔ besteht aus den beiden Schriftzeichen / , lún, was so viel heißt wie „beurteilen, diskutieren“, und / , , „Gesagtes, Sprache“. Zusammen bedeutet der Name also so viel wie „bearbeitete Aussagen“ oder „gesammelte Aussagen“. Deutsche Übersetzungen geben dies häufig als „Gespräche“, „Analekten“ oder unübersetzt „Lunyü“ wieder.

Inhalt

Wie der Titel naheliegt, handelt es sich bei dem Werk um gesammelte oder bearbeitete Aussagen, die von Konfuzius und seinen Schülern stammen oder denen zugeschrieben werden. Häufig handelt es sich um einzelne Sprüche, die mit dem Namen des Sprechers und dem Verb, yuē, „sagen, sprechen“, eingeleitet werden. Konfuzius selbst wird in dem Kontext immer als, , was in dem Kontext „Meister“ heißt. Hin und wieder gibt es neben den losen Sprüchen auch Gespräche zwischen mehreren Personen, die aber stets sehr kurz gehalten sind. Unterteilt sind die Sprüche in 20 Büchern. Zwar kann man den Büchern grobe Themen zuweisen, einen unmittelbaren Zusammenhang haben die einzelnen aufeinanderfolgenden Sprüche aber nicht. Auffallend ist, dass sich manche Äußerungen (wie etwa 1,3 und 17,17) wiederholen.

Die Analekten vermitteln zum einen die wichtigsten Werte und Ideen des Konfuzianismus, zum anderen dienen sie als wichtige Quelle für Konfuzius selbst, denn aus den Sprüchen lassen sich einige biografische Angaben schließen. Berühmt in diesem Zusammenhang ist die in den Analekten dargestellte „Kurzbiografie“, wobei man die Altersangaben mehr symbolisch als wortwörtlich interpretieren sollte:

„Mit fünfzehn Jahren richtete ich mich aufs Lernen hin, mit dreißig stand ich auf festem Grunde, mit vierzig war ich frei von Zweifeln, mit fünfzig verstand ich den Mandat des Himmels, mit sechzig wurde mein Gehör fein, mit siebzig konnte ich den Wünschen meines Herzens folgen, ohne das Maß zu überschreiten.“

Konfuzius: Analekten 2,4[1]

Autorenschaft

Wer oder wie viele das Werk geschrieben haben, ist umstritten. Der Tradition nach wurden einzelne Gespräche von Konfuzius’ Schülern aufgezeichnet und nach dem Tod des Meisters 479 v. Chr. gesammelt. Dementsprechend seien die gesammelten Zitate authentisch.

Neuere Studien datieren den Text jedoch in die späte Zeit der Streitenden Reiche (475–221 v. u. Z.) oder sogar in die Westliche Hàn-Zeit (207 v. bis 9 u. Z.).[2] Aufgrund des hohen zeitlichen Abstandes und der vermuteten Entstehungszeit über mehrere hundert Jahre gibt es deshalb auch Zweifel an der Authentizität einiger Aussagen.[3] Aufgrund stilistischer Unterschiede gab es in der Vergangenheit mehrere Versuche, die Bücher nach ihrer Entstehungszeit zu sortieren, wobei es in der Hinsicht noch keinen Konsens gibt.[4]

Da es im Chinesischen ursprünglich keine Satzzeichen gab, ist bei einigen Sprüchen unklar, ob es sich um wortwörtliche Zitate oder lediglich um eine Paraphrasierung eines Herausgebers handelt. Roger T. Ames schreibt dazu, man könne bei der Phrase子曰, zǐ yuē, „Der Meister spricht“, nicht unterscheiden, ob daraufhin eine wörtliche Rede oder eine indirekte Rede folge.[5]

Einfluss auf die chinesische Kultur

Konfuzius hat einen beispiellosen Einfluss auf die chinesische Kultur und Entwicklung ausgeübt. Er war jedoch Praktiker, bemerkte früh, dass seine Lehren zu seiner Zeit nicht anerkannt würden und verließ sich deshalb auf die Ausbildung seiner Schüler. Aus diesem Grund existiert auch kein einziges von Konfuzius’ selbst verfasstes Werk. Konfuzius’ Lehre hat erst nach seinem Tod an Bedeutung gewonnen. Das Lun Yu besteht aus Analekten, Zitaten und Gesprächen des Meisters mit seinen Schülern. Weiter beinhalten sie Kritik an Zeitgenossen, die Beschreibung des konfuzianischen Idealmenschen und Anleitungen zur persönlichen Charakterentwicklung. Sie sind somit eine Zusammenfassung des Konfuzianismus, der auf vier Grundlagen aufbaut:

In der Song-Dynastie wurde das Lun Yu mit dem Werk des Mengzi, dem Buch Mitte und Maß sowie dem Großen Lernen zum klassischen Kanon der Vier Bücher zusammengefasst. Das Ansehen der Gespräche zeigt sich auch in der Vielzahl seiner Kommentatoren, zu denen u. a. Kang Youwei und Zhang Taiyan gehören.[6]

Bedeutung in Deutschland

Auch in Deutschland fanden die durch Richard Wilhelm übersetzten Texte Anklang. Dies hing mit einer aufkeimenden Faszination an asiatischen "Weisheitswerken[7]" im 19. Jahrhundert zusammen.

Literatur

  • Konfuzius: Gespräche (Lun-yu). Aus dem Chinesischen übersetzt und herausgegeben von Ralf Moritz (Reclams Universal-Bibliothek Band 888), Philipp Reclam jun., Leipzig 1988, ISBN 3-379-00004-3; Neuauflage: Philipp Reclam jun., Stuttgart 1998, ISBN 3-15-009656-1.
  • Kungfutse: Lun Yü. Gespräche. Aus dem Chinesischen übertragen und herausgegeben von Richard Wilhelm (Diederichs gelbe Reihe: China), Eugen-Diederichs-Verlag, Düsseldorf u. Köln 1980, ISBN 3-424-00622-X.
  • Wojciech Jan Simson: Die Geschichte der Aussprüche des Konfuzius (Lunyu). Dissertation Universität Zürich, 2002 (Welten Ostasiens Band 10), Lang, Bern u. a. 2006, ISBN 3-03910-967-7.

Weblinks

Wikisource: Lunyu – Quellen und Volltexte (chinesisch)

Einzelnachweise

  1. Im Original: 吾十有五而志于學。三十而立。四十而不惑。五十而知天命。六十而耳順。七十而從心所欲、不踰矩。
  2. Wolfgang Behr: Der gegenwärtige Forschungsstand zur Etymologie von rén 仁 im Überblick. In: Bochumer Jahrbuch zur Ostasienforschung. Jahrbuch 38, 2015, S. 199–224, hier S. 205.
  3. Lee Dian Rainey: Confucius and Confucianism: The Essentials, 2010, Wiley-Blackwell. S. 10.
  4. vgl. Erin M. Cline: The Analects: A Guide, Oxford Academic, 2021, S. 16–33.
  5. vgl. Roger T. Ames: The Analects of Confucius. A Philosophical Translation, 2010, Ballantine Books, S. 285.
  6. Ralf Moritz in: Konfuzius Gespräche, Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig 1962 (2. Auflage)
  7. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt: Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. 5. Auflage. C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58283-7, S. 1153.