Faulungen

Faulungen
Landgemeinde Südeichsfeld
Koordinaten:51° 12′ N, 10° 15′ O
Höhe: 315 (315–340) m
Fläche:7,16 km²
Einwohner:433 (31. Dez. 2021)[1]
Bevölkerungsdichte:60 Einwohner/km²
Eingemeindung:21. April 1995
Eingemeindet nach:Katharinenberg
Postleitzahl:99976
Vorwahl:036024
Karte
Lage von Faulungen in Südeichsfeld
Blick auf den Ort im Herbst
Blick auf den Ort im Herbst

Faulungen ist ein Ortsteil der Landgemeinde Südeichsfeld. Er liegt im Unstrut-Hainich-Kreis in Thüringen und hat etwa 430 Einwohner.

Geografie

Faulungen liegt im äußersten Westen des Unstrut-Hainich-Kreises, etwa 15 km westlich der Kreisstadt Mühlhausen.[2] Nachbarorte sind Hildebrandshausen im Westen, Lengenfeld unterm Stein im Nordwesten, Struth im Nordosten und Katharinenberg im Süden.

Die Umgebung des Ortes wird durch eine Mittelgebirgslandschaft des Oberen Eichsfeldes und vom Tal der Frieda und seinen Nebentälern geprägt. Der Ort selbst ist an drei Seiten von steilen, bewaldeten Hängen eingefasst. Als höchste Erhebung gilt der nördlich gelegene Schlegelsberg (461 m ü. NN), südlich befinden sich in einem Bogen verlaufend die Spindelsburg (435 m), der Mühlberg (443 m), der Hainzenberg (451 m) und der Pfaffenkopf (451 m). Die landwirtschaftlichen Nutzflächen des Dorfes liegen überwiegend auf den Hochflächen, was deren Nutzung und Bearbeitung erschwerte. Der Faulunger Bach wird von zahlreichen Quellen und kleinen Zuflüssen gespeist und mündet bei Lengenfeld in die Frieda.

Geschichte

Der Ort Faulungen wurde erstmals 1476[3] als die Faulungen und 1548 als Fawlunge, von der faulungs wisenn erwähnt.[4]

Wesentlich älter soll die Spindelsburg westlich von Faulungen auf dem nach Nordwesten ins Haselbachtal vorspringenden Bergsporn sein. Man vermutet dort Reste einer Fliehburg. Unweit der Untermühle, noch in der Faulunger Gemarkung, wird ein Siedlungsort Grabekulle vermutet, der um 1300 bestand und dann mehrfach in Urkunden des 14. Jahrhunderts als Wüstung Erwähnung fand.[5]

Vermutet wird am hiesigen Ort eine frühere Ansiedlung mit Namen Rudolfshausen, die im 15. Jahrhundert als Wüstung erwähnt wurde. 1420 wird dieser Ort genannt, als Apel und Hildebrand von Ershausen mit anderthalb Hufen belehnt wurden, die später an die Herren von Hanstein übergingen. 1440 belehnt der Erzbischof Diether von Nesse mit Gütern in Rudolfshausen, dessen Vorfahren den Ort zur Hälfte besessen haben sollen. Noch in heutigen Zeiten gibt es in Faulungen eine als Burg bezeichnete Stelle. 1463 gingen diese Lehen durch den Erzbischof Adolf an Siegfried von Bültzingsleben, die nochmals 1479 und 1575 in Urkunden genannt wurden. Eine genaue Lagebestimmung von Rudolfshausen ist den Urkunden nicht ersichtlich, nur die Zugehörigkeit zum Amt Bischofstein. Lediglich die Flurbezeichnungen „Burg“, „Der Hanstein“ und „Siegfriedsburg“ erinnern im heutigen Faulungen an diese Lehen. Ob bei der Belagerung der Burg Bischofstein im Jahr 1404 auch dieser Ort zerstört wurde, ist nicht bekannt.[6]

Zum nur drei Kilometer entfernten Kloster Zella gehörten nur die Nachbarorte Struth und Effelder unmittelbar; die leibeigenen Bauern nutzten im Frühjahr 1525 die Verwirrung und Schwäche der Obrigkeit, um ihre „alten Rechnungen“ mit dem Kloster zu begleichen. Am 26. April 1525 wurde das Kloster überfallen und erstürmt, Wertsachen und Vorräte erbeutet. Noch ein zweites Mal, Wochen nach der erlittenen Niederlage in der Schlacht bei Frankenhausen, überfielen Aufständische das Kloster und legten in dem umfangreichen Gebäudekomplex Brände, wodurch das Kloster für längere Zeit unbewohnbar wurde.[7]

Nach dem Türkensteuerregister von 1548 wohnten in Faulungen bereits wieder 22 Familien mit dem Schulzen Jakob Glorius, einem Gemeindehirten Hans Leineweber und verschiedenen Handwerkern, Wein- und Bierschenken. 1610 wurde eine Kirche gebaut und ein Jahr später eingeweiht, diese wurde 1753 durch einen Neubau erweitert.[8]

Das Dorf Faulungen zählte um 1840 laut einer statistischen Untersuchung 633 katholische und 4 evangelische Einwohner. Es wurden weiterhin 91 Wohnhäuser, 98 Stallungen und Scheunen, die Schenke und eine Schule erwähnt. Lediglich ein Lehrer konnte angestellt werden, er unterrichtete die schulpflichtigen 60 Knaben und 41 Mädchen. Die Bevölkerung lebte noch in drückender Armut. In Faulungen betrieb man zu dieser Zeit überwiegend handwerkliche Weberei und Textilfertigung, meist als Nebenerwerb. 31 Baumwoll- und ein Leinwebstühle wurden verzeichnet. Als sonstige Gewerbe- und Handwerksbetriebe nennt die Übersicht zwei Mahlmühlen, eine Bierbrauerei, einen Fellhändler, einen Lumpensammler, einen Knecht und drei Mägde. Drei Lebensmittelhändler (Victualienhändler) und zwei Schankwirte versorgten die Lebensmittel. Der gesamte Viehbestand umfasste 9 Pferde, 101 Rinder, 161 Schafe, 45 Ziegen und 60 Schweine. Die Dorfflur umfasste 1562 Morgen Fläche, die landwirtschaftliche Nutzfläche umfasste davon 788 Morgen Ackerland, 14 Morgen Gartenland, 18 Morgen Wiesen. Ferner wurden 382 Morgen Privatwald und 360 Morgen Brachland genannt. Der Ertrag der Felder wurde als schlecht bis mittelmäßig eingeschätzt.[9]

Die bereits erwähnte Untermühle, westlich vor dem Dorf, an der Straße nach Lengenfeld/Stein gelegen, war bis 1920 in Betrieb. Nach 1961 wurde sie als Ferienobjekt übernommen und ausgebaut. Die Ober- oder Schmerbauchsmühle liegt in der Ortslage von Faulungen, sie war Mahl- und Schneidemühle. Ihre letzten Betreiber, die Familie Otto Schmerbauch, wurden ein Opfer der Zwangsaussiedlung.[10]

Am 21. April 1995 wurde Faulungen in die neue Gemeinde Katharinenberg eingegliedert.[11] Mit deren Auflösung kam der Ort am 1. Dezember 2011 zur Gemeinde Südeichsfeld.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Zu den Sehenswürdigkeiten im Ort zählt die von 1753 bis 1756 neu erbaute katholische Kirche St. Martin, sie ersetzte eine bereits 1611 erwähnte Vorgängerkirche. In der Ortslage und der Flur findet man zahlreiche Betkreuze, Heiligenbilder und Bildstöcke als Zeugnisse der hier noch tief verwurzelten Volksfrömmigkeit.

Hochaltar in der St. Martinkirche in Faulungen

Naturdenkmale

Südlich der Ortslage erhebt sich am Westrand eines Berges mit steil abfallenden Flanken die sagenumwobene Spindelsburg. Unweit der Landesgrenze führt ein Wanderweg zur Menschenhöhle, einer unscheinbaren Felsspalte im Wald. Bemerkenswert ist auch einer der größten Eiben­bestände in Thüringen, man schätzt die Zahl auf 1000 Exemplare.

Regelmäßige Veranstaltungen

Durch eine Idee des örtlichen Kirmesvereins wurde 1999 das Faulunger Musfest begründet. Die (weibliche) Dorfbevölkerung wird bereits am Jahresanfang aufgerufen, jeweils ein Glas mit selbst erstelltem Mus bei der Jury abzugeben. Diese Gläser werden markiert und bis zum Fest eingelagert. Im Sommer findet als Dorffest die öffentliche Verkostung statt. Die Siegerin wird anschließend in einer feierlichen Zeremonie als „Faulunger Muskönigin“ gekrönt, der Titel gilt zwei Jahre.[12] Am Samstag vor Pfingsten veranstaltet der Heimatverein im Saal des Dorfgemeinschaftshauses alljährlich einen Heimatabend.

Sonstiges

Als Zeugnisse eines derben Volkshumors bildeten sich bereits vor Jahrhunderten Besonderheiten des jeweiligen Dorfes charakterisierende Neck- und Spitznamen heraus. Demnach lebten hier im Ort die Fühlinger Muskricken – Faulunger Muustkricken – Kricke = Rührgerät beim Muskochen.[13]

Weblinks

Commons: Faulungen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bewegungsstatistik der Gemeinde Südeichsfeld für das Jahr 2021, aus: Südeichsfeldbote, Amtsblatt der Gemeinde Südeichsfeld, 8. Jahrgang, Nr. 1/2022 vom 29. Januar 2022, Seite 3
  2. Angaben beziehen sich auf Luftlinie.
  3. Ulrich Harteisen, Ansgar Hoppe et al. (Hrsg.): Das Eichsfeld. (Band 79 der Reihe Landschaften in Deutschland.) Verlag Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2018, ISBN 978-3-412-22539-1, S. 414.
  4. Helmut Godehardt: Zur urkundlichen Ersterwähnung des Eichsfeldortes Fretterode. In: Eichsfelder Heimathefte. Bd. 29, Nr. 4, 1989, ISSN 0232-8518, S. 314–321, hier S. 318.
  5. Rolf Aulepp: Mittelalterliche Wüstungen im Eichsfelder Teil des Kreises Mühlhausen (V). In: Eichsfelder Heimathefte. Bd. 29, Nr. 2, 1989, S. 180–183, hier S. 182–183.
  6. Walter Prochaska: Faulungen hieß Rudolfshausen. In: Eichsfelder Heimatstimmen. 28. Jg. 1984, S. 344–346.
  7. Klaus Leopold: Kloster Zella und seine Dörfer Effelder und Struth im deutschen Bauernkrieg. In: Eichsfelder Heimathefte. Bd. 27, Nr. 1, 1987, S. 15–23.
  8. Walter Prochaska: Faulungen hieß Rudolfshausen. In: Eichsfelder Heimatstimmen. 28. Jg. 1984, S. 345.
  9. Edgar Rademacher: Die Orte Effelder, Faulungen, Büttstadt, und Hildebrandshausen im Spiegel der Statistik um 1840. In: Eichsfelder Heimathefte. Bd. 28, Nr. 3, 1988, S. 280–281.
  10. Volker Große, Klaus Herzberg: Obermühle / Untermühle Heyerode. In: Volker Große, Klaus Herzberg: Mühlen im Obereichsfeld. Ein Kompendium. Eichsfeld-Verlag, Heiligenstadt 2008, ISBN 978-3-935782-13-5, S. 95–96.
  11. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands.
  12. Nationalparkverwaltung: Musfest in Faulungen. In: hainichlandaktiv. September 2007, S. 3–4.
  13. Rolf Aulepp: Spitznamen der Orte und ihrer Bewohner im Kreise Mühlhausen. In: Eichsfelder Heimathefte. Bd. 27, Nr. 1, 1987, S. 78–83.

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Autor/Urheber: Metilsteiner, Lizenz: CC BY 3.0
Lagekarte von Faulungen
Faulungen.JPG
Autor/Urheber: Michael Sander, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Blick über Faulungen im Südeichsfeld (Thüringen), im Hintergrund der Schlegelsberg (li mit dem Faulunger Stein) und der Pfaffenkopf (re).
Hochaltar in der St. Martinkirche in Faulungen.JPG
Autor/Urheber: Volker.Ramsloh, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Hochaltar in der St. Martinkirche in Faulungen im Südeichsfeld