Familiennamensgesetz (Türkei)

Basisdaten
Titel:Soy adı kanunu
Nummer:2525
Art:Gesetz
Geltungsbereich:Republik Türkei
Verabschiedungsdatum:21. Juni 1934
Amtsblatt:Nr. 2741 v. 2. Juli 1934, S. 4075
(PDF-Datei; 450 kB)
Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung.

Mit dem Familiennamensgesetz vom 21. Juni 1934 wurden in der Türkei Familiennamen eingeführt. Das im Januar 1935 in Kraft getretene Gesetz verpflichtet jeden türkischen Staatsbürger, außer seinem Vornamen auch einen Familiennamen zu führen (Art. 1). Der Familienname war als Nachname zu führen und nicht wie zuvor als Beinamen dem Vornamen vorangestellt.

Hintergrund

Den Namen konnte man selber wählen.[1] Der Name sollte ein türkisches Wort, oder aus einem Wort türkischen Ursprungs gebildet sein.[2] Die Annahme eines Familiennamens hatte bis zum 2. Juli 1936[3] zu erfolgen. War dies nicht der Fall, so wurde der Name vom Vali, Kaymakam oder von diesen dazu berechtigten Personen vergeben.[4] Dabei standen etwa Aşiret-, ausländische, anstößige oder lächerliche Namen nicht zur Auswahl. Das Gesetz wurde auch dazu genutzt um Stammesstrukturen aufzubrechen. In gewissen Stämmen kam es vor, dass Geschwister und Eltern jeweils verschiedene Nachnamen bekamen.[2] Ferner durften nach dem Gesetz Nr. 2590[5] keine Anreden und Titel wie „Efendi“, „Bey“ oder „Pascha“ geführt werden[6] und nichttürkische Namensendungen wie armenisch -yan, slawisch -viç oder griechisch -pulos waren verboten.[7] Anders als die Kurden mussten Juden, Griechen und Armenier ihre Namen nicht ändern. Viele taten es aber, um nicht als Angehörige einer ethnischen Minderheit aufzufallen. Kurden jedoch mussten ihre kurdischen Namen im Sinne der Assimilationspolitik ablegen.[8]

Atatürks Ausweispapiere nach dem Familiennamensgesetz
Atatürk'ün 993 814 seri numaralı nüfus cüzdanı.jpg
Atatürk'ün 993 815 seri numaralı nüfus cüzdanı.jpg

Dem Staatsgründer Mustafa Kemal Pascha verlieh die Große Nationalversammlung auf Vorschlag des Diplomaten Saffet Arıkan den Namen „Atatürk“ („Vater der Türken“),[9] welcher durch das Gesetz Nr. 2622 geschützt ist.[10][11][12]

Auswirkungen auf die Gesetzgebung im Ausland

Gegen die Namensänderungen ging ab 2012 der Bundesverband der Aramäer in der Bundesrepublik vor, wodurch viele Aramäer in Deutschland ihre seit 1934 bestehenden türkischen Namen zugunsten von aramäischen Namen wieder umänderten. Seit dem 11. Februar 2014 ist es deutschen Staatsangehörigen in Deutschland möglich, auf Antrag den von Vorfahren vor dem Familiennamensgesetz getragenen Namen zu führen.[13]

Literatur

  • Klaus Kreiser: Türkische Familiennamen in der Türkei und in Deutschland. In: Karlheinz Hengst / Dietlind Krüger (Hrsg.): Familiennamen im Deutschen: Erforschung und Nachschlagewerke. 2. Halbband: Familiennamen aus fremden Sprachen im deutschen Sprachraum. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2011, ISBN 978-3-86583-500-0, S. 503–516.
  • İbrahim Aksu: The story of Turkish surnames: an onomastic study of Turkish family names, their origins, and related matters. Erschienen im Selbstverlag, Çanakkale 2006, ISBN 978-9944-5163-0-3.

Siehe auch

  • Türkisierung geographischer Namen

Weblinks

Wikisource: Gesetzestext – Quellen und Volltexte (türkisch)

Einzelnachweise

  1. Meltem F. Türköz: The social life of the state's fantasy: Memories and documents on Turkey's 1934 Surname Law – ProQuest. S. S. 5, abgerufen am 1. September 2018 (englisch).
  2. a b Aslan, Senem: Incoherent State: The Controversy over Kurdish Naming in Turkey. In: European Journal of Turkish Studies. Social Sciences on Contemporary Turkey. Nr. 10, 29. Dezember 2009, ISSN 1773-0546 (openedition.org [abgerufen am 1. September 2018]).
  3. Gemäß Art. 1 aF der Verordnung Nr. 2/1759 vom 24. Dezember 1934 zur Durchführung des Familiennamensgesetzes, RG Nr. 2891 vom 27. Dezember 1934.
  4. Gemäß Art. 3 aF iVm Art. 29 aF der Verordnung Nr. 2/1759 vom 24. Dezember 1934 zur Durchführung des Familiennamensgesetzes, RG Nr. 2891 vom 27. Dezember 1934.
  5. Gesetz Nr. 2590 vom 26. November 1934 über die Aufhebung der Anreden und Titel „Efendi“, „Bey“, „Pascha“ und dergleichen, RG Nr. 2867 vom 29. November 1934 (online).
  6. Meltem F. Türköz: The social life of the state's fantasy: Memories and documents on Turkey's 1934 Surname Law – ProQuest. S. S. 1, abgerufen am 1. September 2018 (englisch).
  7. Klaus Kreiser: Geschichte der Türkei, Von Atatürk bis zur Gegenwart. C. H. Beck, 2012, ISBN 978-3-406-64065-0, S. 53.
  8. Meltem F. Türköz: The social life of the state's fantasy: Memories and documents on Turkey's 1934 Surname Law – ProQuest. Abgerufen am 1. September 2018 (englisch).
  9. Per Gesetz Nr. 2587 vom 24. November 1934, RG Nr. 2865 vom 27. November 1934 (online (Memento vom 25. Juli 2011 im Internet Archive)).
  10. Vgl. Klaus Kreiser: Atatürk. Eine Biographie. 3. Auflage. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57671-3, S. 18 f.
  11. Vgl. Gottfried Plagemann: Von Allahs Gesetz zur Modernisierung per Gesetz. Gesetz und Gesetzgebung im Osmanischen Reich und der Republik Türkei. Lit Verlag, Münster 2009, ISBN 978-3-8258-0114-4, S. 131.
  12. Düzgün Karadaş: Gazi, önerilen 14. soyadını kabul etmiş! (Nicht mehr online verfügbar.) In: Habertürk. 17. Januar 2011, archiviert vom Original am 20. März 2012; abgerufen am 4. November 2018 (türkisch).
  13. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV). § 44a. Abgerufen am 1. September 2018.

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