Ernst von Bandel

Ernst von Bandel (um 1843)

Joseph Ernst von Bandel (* 17. Mai 1800 in Ansbach; † 25. September 1876 in Neudegg) war ein deutscher Architekt, Bildhauer und Maler.

Leben

Familie

Bandel war der Sohn des Präsidenten des Appellationsgerichts Ansbach Georg Carl Friedrich Ritter von Bandel und dessen Ehefrau Johanna geborene Schultheiß. Das Ehepaar hatte vier Kinder,[1] darunter als Zweitgeborenen den Maler und Architekten Joseph Ernst. Er war verheiratet mit Karoline von Kohlhagen.

Der Architekt und Conrad-Wilhelm-Hase-Schüler Emil Hackländer heiratete 1857 in Hannover Amalie, eine Tochter Ernst von Bandels.[2]

Werdegang

Bandels Kindheit war überschattet von politischen Ereignissen (1805 französische Besatzung; 1813 Befreiungskriege), die bei ihm eine starke patriotische Gesinnung bewirkten.

Mit 14 Jahren erhielt Bandel 1814 an der Nürnberger Kunstschule Zeichenunterricht durch den Kupferstecher Albert Christoph Reindel. Zwei Jahre später ging Bandel nach München, um sich am Königlich Bayerischen Forstamt zu bewerben. Dort lernte er den Architekten Karl von Fischer kennen, wurde dessen Schüler und blieb somit doch bei der Kunst. Bandel war 1816 an der Akademie der Bildenden Künste München[3] und wurde Schüler der Dozenten Joseph Hauber, Carl Ernst Christoph von Hess, Moritz Kellerhoven, Wilhelm von Kobell, Johann Peter von Langer, Robert von Langer und Andreas Seidl. Die Bildhauerei studierte Bandel bei Johann Nepomuk von Haller.

Nach dem Tod seines Vaters 1818 musste Bandel aus finanziellen Gründen der Kunst beinahe entsagen, doch der bayerische König Maximilian I. setzte Bandel ein großzügiges Stipendium aus. Im darauffolgenden Jahr bekam Bandel eine Anstellung als Zeichner beim königlichen Hofbauamt.

1820 lehnte Bandel eine Anstellung als Assistent beim Architekten Leo von Klenze ab, da er dessen Vorliebe für die Gotik vehement ablehnte.

Wohnhütte von Ernst von Bandel, in der er 1874–1875 lebte, mit Büste und Gedenkstein am Hermannsdenkmal (2011), 2021 abgebrannt
Ernst von Bandel um 1870 bei Arbeiten am Hermannsdenkmal
Grabmal für Ernst von Bandel auf dem Stadtfriedhof Engesohde, Hannover

Durch die finanzielle Unterstützung des bayerischen Königs Maximilian I. konnte sich Bandel zwischen 1825 und 1827 in Italien aufhalten. Bei einem längeren Aufenthalt in Rom lernte er den Bildhauer Bertel Thorvaldsen kennen, den er samt den Nazarenern ablehnte. Die Bildhauer Ludwig Schwanthaler und Heinrich Max Imhof gehörten zu seinen Bekannten. Nach kurzer Zeit schloss sich Bandel den Künstlerkollegen Joseph Anton Koch, Johann Christian Reinhart und Franz und Johannes Riepenhausen an.

1827 kehrte Bandel nach Deutschland zurück und ließ sich wieder in München nieder. Er heiratete im selben Jahr Karolina von Kohlhagen (* 6. Oktober 1802; † 4. April 1894[4]). Mit ihr hatte er zwei Töchter und fünf Söhne, darunter den späteren Bildhauer Heinrich von Bandel. Von 1827 bis 1834 war Bandel unter der Leitung des Bildhauers Christian Daniel Rauch an der Glyptothek in München beschäftigt.

1832 wählte man Bandel in den Vorstand des Münchner Kunstvereins. Bandel war mit dem Germanisten Hans Ferdinand Maßmann u. a. Begründer eines akademischen Turnervereins.

Da sich Bandel vom bayerischen König Ludwig I. unverstanden fühlte, ging er 1834 nach Berlin und schloss sich dem Kreis um Christian Daniel Rauch und Johann Gottfried Schadow an. In dieser Zeit entstanden die ersten Skizzen eines „deutschen National-Denkmals“. Da Bandel auf offizieller Seite auf keinerlei Interesse oder Förderung stieß, ging er nach Hannover. Dort wurde er – mit Fürsprache von Ernst Ebeling – von König Wilhelm IV. mit der Ausgestaltung des Residenzschlosses betraut. Auch am Neubau der 1837 eingeweihten Aula der Georg-August-Universität in Göttingen wirkte er als Bauplastiker mit und schuf die Giebelreliefs mit den Allegorien der vier alten Fakultäten.[5]

Von 1837 bis 1846 lebte und wirkte Bandel in Detmold, er betrieb hier den Bau des Hermannsdenkmals zur Erinnerung an den Cheruskerfürsten Arminius. Im Alter von 63 Jahren erlernte Bandel das Kupferschmieden, um diese Handwerkskunst besser zu verstehen und um diese am Bau des Denkmals selbstständig anzuwenden.[6] Gemeinsam mit seinem Sohn Roderich entwickelte von Bandel die Konstruktion des inneren Eisengerüstes des Denkmals: Aufgrund des technisch nur sehr schwierig zu lösenden Problems, die Kupferplatten der riesigen Skulptur von innen her zusammenzuhalten, fertigten Vater und Sohn vorab mehrere Modelle des inneren Eisengerüstes des Denkmals an, von denen sich eines im Lippischen Landesmuseum in Detmold, ein anderes in der Bandelhütte erhalten hat.[7] Die Hütte wurde in der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember 2021 durch einen Brand vollständig zerstört.[8]

Nach anfänglicher Euphorie erlahmte jedoch das Interesse der Öffentlichkeit für dieses Projekt, so dass Spenden für den Bau des Denkmals nur mühsam flossen. Bandel investierte sein gesamtes Vermögen in den Bau, ohne das Denkmal jedoch fertigstellen zu können. 1846 überwarf sich Bandel zudem mit dem Detmolder Hermannsverein. Er ging verbittert und verarmt zurück nach Hannover, begann dort aber erneut, Spendengelder zu sammeln. Nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges stieß Bandels Vorhaben wieder auf große Begeisterung von Regierung und Volk. Am 16. August 1875 wurde das Hermannsdenkmal in Anwesenheit des deutschen Kaisers Wilhelm I., der auch die fehlende Summe zur Fertigstellung bereitgestellt hatte, feierlich eingeweiht.

Bandel nahm an diesem Festakt teil, war aber sehr geschwächt durch eine Nierenkrankheit. Kaiser Wilhelm I. sorgte für einen viermonatigen Kuraufenthalt in Italien. Auf der Rückreise starb Ernst von Bandel im Alter von 76 Jahren am 25. September 1876 auf dem Anwesen seines Halbbruders Hermann Freiherr von Gaisberg-Schöckingen (* 1824; † 1905) bei Riedlingen. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Stadtfriedhof Engesohde in Hannover (Abteilung 23A, Grabnummer 28a–28b).[9]

Ehrungen

Werke (Auswahl)

Eine ausführliche Liste seiner Werke findet sich 1864 im zweiten Band der elften Auflage der Brockhaus Enzyklopädie.

  • 1824: Denkmal für Friedrich Ludwig von Sckell im Englischen Garten (Entwurf von Leo von Klenze)
  • 1835: Eltendenkmal im Deister bei Wennigsen, sowie Eltens Grabmal auf dem Wennigser Friedhof, beide erhalten
  • 1837: Denkmal aus Gusseisen für Wilhelm IV., König von Hannover und Großbritannien, auf dem Wilhelmsplatz in Göttingen[12][13][14]
  • 1847–1848: Ornamente, Kapitelle und Dekorationselemente aus Sandstein am Egestorffschen Haus in der Deisterstraße in Linden vor Hannover; nicht erhalten[15]
  • 1850/51: Taufstein aus Marmor für die evangelische St. Johanniskirche in Rosdorf (Landkreis Göttingen)[16]
  • 1856: Grabmal mit Marmorengel für Bertha Anna Stieren auf dem Albani-Friedhof in Göttingen[17]
  • 1860: Schiller-Brunnen in Hamburg-Harburg; erhalten ist nur die Schiller-Büste auf einer Stele[18][19]

Literatur (chronologisch)

  • Hermann Schmidt: Ernst von Bandel. Ein deutscher Mann und Künstler. Meyer, Hannover 1892. (LLB Detmold)
  • Hermann Schmidt: Ernst von Bandel und das Hermanns-Denkmal. Hannover 1893. (LLB Detmold)
  • Hyacinth HollandBandel, Ernst von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 46, Duncker & Humblot, Leipzig 1902, S. 202 f.
  • Wilhelm Rothert: Allgemeine Hannoversche Biografie, Band 2: Im Alten Königreich Hannover 1814–1866; Hannover: Sponholtz, 1914, S. 55–62.
  • Margarete Braun-Ronsdorf: Bandel, Ernst Joseph von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 574 (Digitalisat).
  • Rose Hellfaier (Bearb.): Ernst von Bandel an Wilhelm Tegeler. Briefe zur Entstehungsgeschichte des Hermannsdenkmals 1850–1864. Lippische Landesbibliothek, Detmold 1975. (Nachrichten / Lippische Landesbibliothek 5), DNB 751013196.
  • Gerd Unverfehrt: Ernst von Bandels Göttinger Arbeiten, in: Göttinger Jahrbuch, Bd. 24, 1976, S. 73–97.
  • Ernst von Bandel, 1800–1876, Bildhauer in Hannover. Beiheft zur Ausstellung „Ernst von Bandel, das Hermannsdenkmal und andere Arbeiten“, Historisches Museum am Hohen Ufer, 26. August – 3. Oktober 1976. Hannover 1976. (36 Seiten, S. 16–19: „Verzeichnis der Werke Ernst von Bandels“)
  • Brigitte Bötel: Joseph Ernst von Bandel, 1800–1876. Das bildhauerische Werk. Dissertation. Universität Göttingen 1984, DNB 850340225. (S. 39 ff: „Katalog des bildhauerischen Gesamtwerkes“)
  • Burkhard Meier: Das Hermannsdenkmal und Ernst von Bandel. Zum zweihundertsten Geburtstag des Erbauers. Verlag topp+möller, Detmold 2000, ISBN 3-9806101-7-9.
  • Franz Rudolf Zankl: Ernst von Bandel mit dem Kopf des Hermannsdenkmal. Foto von W. A. Degéle um 1870, in: Hannover Archiv, Blatt K 20

Siehe auch

Weblinks

Commons: Ernst von Bandel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Hermannsdenkmal – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Margarete Braun-Ronsdorf: Bandel, Ernst Joseph von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 574 (Digitalisat).
  2. Reinhard Glaß: Hackländer, Wilhelm Emil in der Datenbank Architekten und Künstler mit direktem Bezug zu Conrad Wilhelm Hase (1818–1902) [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 26. Juli 2019
  3. Akademie der Bildenden Künste München: Matrikelbucheintrag für Joseph Ernst Bandel. Abgerufen am 17. Mai 2020.
  4. zu den Lebensdaten siehe Foto:
  5. Das Aulagebäude der Universität Göttingen. Hrsg. Die Präsidentin der Georg-August-Universität, Öffentlichkeitsarbeit, akademische Beratung: Prof. Dr. Karl Arndt, Prof. Dr. Marianne Bergmann. Göttingen 2014 (Digitalisat, abgerufen am 4. März 2021), S. 5.
  6. Joseph Ernst von Bandel online (Aufgerufen am 9. März 2023.)
  7. o. V.: Ernst von Bandel / Der Erbauer des Hermannsdenkmals, Artikel des Landesverband Lippe, Denkmal-Stiftung auf der Seite hermannsdenkmal.de [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 26. Juli 2019
  8. Rheinische Post: Historische Hütte komplett zerstört abgerufen am 28. Dezember 2021
  9. Uta Müller-Glassl, Helmut Zimmermann: Stadtfriedhof Engesohde. Hrsg. Landeshauptstadt Hannover, Steppat Druck GmbH, Hannover 2015, S. 28 (Digitalisat, abgerufen am 22. Oktober 2021).
  10. Gedenktafel Ernst von Bandel am Hermannsdenkmal. Bildarchiv des Stadtarchivs Detmold, abgerufen am 4. März 2021 (Mit Foto von 1938).
  11. Rita Bake: Ein Gedächtnis der Stadt. Nach Frauen und Männern benannte Straßen, Plätze, Brücken in Hamburg. Band 3. Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 2017, S. 130.
  12. Gerd Unverfehrt: Göttinger Arbeiten, 1976, S. 81 f., 90 ff.
  13. Wilhelm IV. Denkmal. In: Brunnen - Denkmale - Kunstwerke. Stadt Göttingen, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Mai 2021; abgerufen am 4. März 2021.
  14. Walter Nissen: Göttinger Denkmäler, Gedenksteine und Brunnen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1978, ISBN 3-525-39149-8, S. 82.
  15. Brigitte Bötel: Joseph Ernst von Bandel (1800–1876). Das bildhauerische Werk. Dissertation. Universität Göttingen 1984, S. 20; Vorschau über Google-Bücher
  16. Gerd Unverfehrt: Göttinger Arbeiten, 1976, S. 94 ff, 85.
  17. Gerd Unverfehrt: Göttinger Arbeiten, 1976, S. 86, 96 f.
  18. Schiller-Denkmal in Harburg. Denkmal Hamburg, 21. Mai 2015, abgerufen am 21. März 2021.
  19. Ernst von Bandel: Büste Friedrich von Schiller. In: kunst@sh. Abgerufen am 21. März 2021.

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