Dschalairiden

Die Dschalairiden waren eine mongolische Dynastie, die nach dem Zerfall des Ilchanats im 14. und 15. Jahrhundert ein Sultanat im Irak, Iran und Aserbaidschan beherrschte.

Aufstieg

Der frühester Vorfahre, auf den sich die Dschalairiden zurückführen lassen, war Ilge Noyan, ein Verwaltungsbeamter und Vertrauter Hülegü Khans, der aus den Steppenländern nahe dem Fluss Onon stammte. Der Name Dschalairiden soll auf einen Stammesnamen aus der Region Transoxanien zurückgehen. Während Hülegüs Persienfeldzug gegen die Abbasiden und insbesondere bei der Eroberung von Bagdad 1258, war Ilge Noyan, auch bekannt als Köke Ilge (Ilge der Blaue), ein General und enger Vertrauter des Herrschers. Nach der Eroberung war er als Statthalter, als Emir von Bagdad, mit dem Wiederaufbau der Stadt betraut und wurde damit zu einem der wichtigsten Verwalter des sich festigenden Ilchanats. Auch bei der Verteidigung des neu gewonnenen Territoriums gegen die Mamluken spielte Ilge Noyan eine wesentliche Rolle. Er verstarb kurz nach dem Tod Hülegüs 1265. Die Nachfahren Ilge Noyans blieben hochrangige Beamte im Dienst nachfolgender Ilchane, mehrere Dschalairiden heirateten in die Familie der Ilchane ein.

Nach dem Tod Abu Sa'id Khans 1335 konkurrierten verschiedene Parteien um den Thron des Ilchanats. Die innere Stabilität des Reiches war zerbrochen und eine Periode der Machtkämpfe verschiedener lokal herrschender Thronprätendenten begann. Um in die Position des Ilchans zu gelangen, benötigten sie nun die Unterstützung lokaler Kommandanten. De facto war die Macht der Dschingisiden damit gebrochen und die Ilchane wurden zu einer Art Marionettenherrscher degradiert. Das Gebiet des zerbrechenden Ilchanats stürzte in Jahrzehnte des Bürgerkriegs, in dem verschiedene Warlords in wechselnden Allianzen und Herrschaftsgebieten versuchten, möglichst große Territorien zu erobern.

Einer dieser Warlords war Hasan Buzurg aus dem Geschlecht der Dschalairiden, der zuvor Emir in Anatolien gewesen war. Unterstützt von einer Allianz verschiedener Emire bewegte er sich im Sommer 1336 nach Westen und es gelang, den kindlichen Thronprätendenten Muhammad Khan in Täbris als Herrscher über Ostanatolien und Aserbaidschan zu installieren. Bereits im folgende Frühjahr zog sich Hasan Buzurg aus Angst vor einem Putsch, bei dem Teile seiner Truppen zu den Tschupaniden überzulaufen drohten, 1338 wieder nach Westen zurück. Während seines Rückzugs stieß er bei Aladağ mit der Armee der Tschupaniden zusammen, die seine Armee besiegten und seinen Marionetten-Ilchan Muhammad töteten. Aus seinem ursprünglichen Territorium vertrieben, gelang es seiner Armee nach Süden vorzudringen und eine Herrschaft über den Ostirak mit der Hauptstadt Bagdad zu errichten.

In den folgenden Jahrzehnten unterstützte Hasan Buzurg wechselnde Thronprätendenten und Allianzen und griff immer wieder in den andauernden Bürgerkrieg ein. Mehrfach versuchte er erfolglos Aserbaidschan zurückzuerobern. Offiziell blieb er dabei stets Vasall eines Ilchans, obwohl seine Herrschaft de facto unabhängig war. Umgekehrt wurde Bagdad mehrfach von den Tschupaniden attackiert, es gelang Hasan Buzurgs Armee jedoch die Stadt zu halten. Die 1340er und 1350er Jahre waren geprägt von Armut und Hunger, sodass viele Einwohner des Dschalairiden-Emirats nach Ägypten und Syrien auswanderten, weiter verschlimmert wurde die Lage durch einen Ausbruch der Pest 1347. Hasan Buzurg verstarb 1356.

Unabhängigkeit unter Shayk Uway

alternative Beschreibung
Das Dschalairiden-Reich (grau) zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung um 1370

Hasans Sohn Shayk Uway nutzte als erster aus dem Geschlecht der Dschalairiden den Titel Sultan. Prestige und Einfluss der Familie Khan waren inzwischen soweit gesunken, dass keine Notwendigkeit mehr bestand, die eigene Herrschaft durch eine Position als Nachfolger Dschingis Khans zu legitimieren, sodass die Dschalairiden nun offen als Herrscher auftreten konnten.

1357 wurde der Tschupaniden-Herrschaft über Aserbaidschan durch die Goldene Horde unter Dschani Beg ein Ende gesetzt. Kurz darauf verstarb Dschani Beg und mit seinem Tod schwand die Autorität der Goldenen Horde. In verschiedenen Teilen des Reiches der Goldenen Horde erklärten sich nun Emire für unabhängig, so auch in Täbris. Die durch die hieraus entstandenen inneren Konflikte ausgelöste militärische Schwäche nutzten zuerst die Muzaffariden zum Angriff, die jedoch nicht genug Truppen aufwenden konnten, Täbris langfristig zu halten. So gelang es Shayk Uway ein Jahr später, die Stadt einzunehmen und damit das zu verwirklichen, was seinem Vater nie gelungen war, eine Dschalairiden-Herrschaft über die reiche Handelsstadt, von der als Hauptstadt der Ilchane ein großes Prestige ausging, zu installieren.

In den nächsten Jahren vergrößerte Shayk Uway sein Reich, indem er etwa die Qara Qoyunlu unterwarf und in Aserbaidschan diverse Emire entmachtete und ihre Kleinreiche in sein Herrschaftsgebiet eingliederte. Ein Komplott, seinen Vasallen Shah Mahmud als Herrscher des Muzaffaridenreichs zu installieren, missglückte. Das Dschalairiden-Reich hat in den späten 1360er-Jahren seine größte Ausdehnung und umfasste nun den gesamten Irak, den Nordiran bis Teheran im Osten und Aserbaidschan. Shayk Uway und seine Untergebenen schufen ein Narrativ zur Legitimation der Dschalairiden-Herrschaft, aus dem heraus begründet wurde, dass die Familie des Sultans gerechte, gottesfürchtige muslimische Herrscher und zugleich die rechtmäßigen Nachfolger der Ilchane seien. Gerade durch die Pflege einer kulturellen Herrscherverehrung und eine Förderung der Kunst bemühte er sich, seine Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern, wovon z. B. die zahlreichen überlieferten Gedichte seiner Hofdichter Rami Tabirizi und Salman Savaji zeugen.

Die letzten Jahre der Herrschaft Shayk Uways waren geprägt von einer Reihe von Naturkatastrophen. 1369 kam es zu einer erneuten Pestwelle im Dschalairidenreich. 1370 wurde bei einer Flut fast die ganze Stadt Täbris zerstört. 1374 ereilte Bagdad das gleiche Schicksal. Zudem starben verschiedene Mitglieder der königlichen Familie und ihr loyale Emire.

Abstieg und Untergang

Nach dem Ableben Shayk Uways 1374 zeigte sich, wie sehr die Macht der Dschalairiden unter den Naturkatastrophen und Toden gelitten hatte. Der eingesetzte Nachfolger Shayk Hasan wurde von den ihm untergebenen Emiren nicht unterstützt und direkt nachdem er den Thron bestiegen hatte von seinem Bruder Hussain entmachtet und hingerichtet. 1382 sollte Hussain das gleiche Schicksal erleiden, als er von seinem Bruder Ahmad ermordet wurde. Der Sultan war in dieser Periode nicht mehr unumschränkter Herrscher, sondern die Emire erlangten wieder mehr Autonomie, sodass die Dschalairiden viel Energie in den Erhalt innenpolitischer Stabilität investieren mussten.

In den 1380er-Jahren stieg auch der Druck von außen. 1384 berührte erstmals ein Feldzug Timur Lenks das Dschalairidenreich. Timur eroberte Soltaniye und setzte Adel Aqa, einen langjährigen innenpolitischen Rivalen der Herrscherfamilie, als Statthalter ein. 1385 kam es zu einem Einfall der Goldenen Horde unter Toktamisch. 1386 drang Timur zum zweiten Mal ins Reich ein, eroberte Täbris und übertrug auch diese Stadt Adel Aqa. Seine Armee drang weiter nach Norden vor und eroberte Aserbaidschan, wo Timurs Sohn Miran mit einem Militärkontingent stationiert blieb. Sultan Ahmad zog sich nach Bagdad zurück. Zu ihren Förderern und Verbündeten wurden nun die westlich gelegenen Dynastien der Mamluken unter Sultan Barqūq, und der Osmanen unter Bayezid I., die das Dschalairiden-Territorium als Pufferzone einer direkten Nachbarschaft mit Timur vorzogen. Die Dschalairiden waren nun die letzte der den Iran des 14. Jahrhunderts beherrschenden Dynastien, die noch autonom von Timur bestand.

Mehrfach wurde Bagdad nun von Reiterheeren Timurs attackiert. Nach einer Belagerung im Juli 1401 ordnete Timur ein Massaker an der Bevölkerung Bagdads an und die Stadt wurde niedergebrannt. Sultan Ahmad war zu diesem Zeitpunkt in Asyl an den osmanischen Hof Bayezids I. geflohen, wo auch Qara Yusuf, Herrscher der Qara Qoyunlu, Zuflucht gefunden hatte. 1402 kehrten sie mit einer Armee zurück und kämpften mit den Osmanen in der Schlacht bei Ankara gegen Timur, verloren aber. Während der osmanische Sultan in Timurs Gefangenschaft geriet, gelang Ahmad und Qara Yusuf, die Herrschaft über die völlig zerstörte Stadt Bagdad zurückzuerlangen. Aufgrund eines Konflikts mit Qara Yusuf floh Ahmad diesmal ins Reich der Mamluken nach Aleppo, wo er, wohl aus Furcht vor Timur, eingesperrt und nach Damaskus deportiert wurde. In seiner Gefangenschaft traf er dort 1403 erneut Qara Yusuf wieder, der nach einem neuen Angriff Timurs ebenfalls geflohen und festgesetzt worden war.

Nach Timurs Tod 1405 wurden die beiden Gefangenen auf Befehl Sultan Faradschs freigelassen. Die beiden Herrscher hatten sich erneut verbündet und vereinbart, dass Qara Yusuf die Herrschaft über Täbris, Ahmad die Herrschaft über Bagdad übernehmen sollte, was so verwirklicht wurde. Ahmad leitete ein großes Wiederaufbauprogramm für Bagdad ein. Lange sollte das Bündnis jedoch auch dieses Mal nicht bestehen. 1409 und 1410 unternahm Ahmad erfolglos Feldzüge nach Aserbaidschan. Im Sommer 1410 wurde er in Täbris gefangen genommen und hingerichtet.

1411 holte Qara Yusuf zum Gegenschlag aus, eroberte Bagdad und gliederte die Stadt ins Reich der Qara Qoyunlu ein. Die Familie der Dschalairiden floh nach Süden und richtete in Basra ihre neue Hauptstadt ein. Der neue Dschalairiden-Herrscher Uway II. unternahm noch zwei erfolglose Feldzüge gegen Bagdad, doch eine Herrschaft über ein größeres Territorium zu erlagen, gelang der Dynastie nicht mehr. Die Dynastie war in den Rang von Lokalherrschern abgestiegen. 1432 wurde Hussain II., der letzte Lokalherrscher aus dem Geschlecht der Dschalairiden, von den Qara Qoyunlu abgesetzt.

Stammbaum

 
 
 
 
 
 
Hülegü Khan
1256–1265
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ilge Noyan
 
Abaqa Khan
1265–1282
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Aq Buqa
 
Arghun Khan
1284–1291
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Husein Gurkan
 
Öljetey Sultan
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Hasan Buzurg
1336–1356
 
Dilshad Khatun
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Uway I
1356–1374
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Alishah
 
Husain I
1374–1382
 
 
 
Ahmad
1383–1410
 
Hasan
1374
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Shah Valad
1410–1411
 
Tandura Khatun
 
 
 
Al'a od-Dowleh
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Mahmud
1411–1415
 
Uway II
1415–1421
 
Mohammed
1421–1422
 
Husain II
1424–1432
 
 
 
 

Quellen

  • Patrick Wing: The Jalayirids, Dynastic State Formation in the Mongol Middle East. Edinburgh 2016, ISBN 978-1-4744-0225-5.
  • Peter Jackson: Jalayerids. In: Eshan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (iranicaonline.org).

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