Deutsche Luftfahrtsammlung Berlin

ULAP-Ausstellungspalast in Berlin-Moabit, ab 1936 Heimat der Sammlung

Die Deutsche Luftfahrtsammlung Berlin war die umfangreichste Sammlung und Ausstellung zur Geschichte und Technik der Luftfahrt in Europa. Sie wurde Anfang der 1930er Jahre zusammengetragen, bis auf wenige Ausnahmen sind ihre Exponate im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen.

Geschichte

Die „Luftfahrtsammlung der Stadt Berlin“ entstand auf Initiative des Generalsekretärs der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt (WGL) Georg Krupp und wurde zunächst ab 1929 in zwei Behelfsbauten des Flughafens Tempelhof präsentiert. Den Grundstock bildete die Sammlung der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt. Krupp bemühte sich um den Ankauf weiterer Objekte und erweiterte die Sammlung stetig. Als sich die Baracken schließlich als zu klein erwiesen, wurden einige Exponate in zwei Hallen des Flugplatzes Johannisthal zwischengelagert.

Museumsleiter Georg Krupp und 15 Mitarbeiter begannen ab November 1931 mit dem Aufbau eines größeren Luftfahrtmuseums in Adlershof. Dazu bauten sie eine ehemalige Fabrikhalle der AMBI-Werke an der Rudower Chaussee 31–34 um. Inzwischen gehörten auch große Teile des Aviatischen Museums zur Sammlung. Der Berliner Oberbürgermeister Heinrich Sahm eröffnete das „Luftfahrtmuseum der Stadt Berlin“ am 15. November 1932. Trotz der Vielfalt der gezeigten Exponate verirrten sich nur wenige Schaulustige in das abgelegene Gebäude. Wegen Platzmangel, ausbleibenden Besuchern und baulichen Mängeln musste das Museum am 1. Dezember 1934 schließen.[1][2]

Auf der Suche nach geeigneteren Ausstellungsräumen stieß Krupp in Moabit auf den ehemaligen ULAP-Ausstellungspalast und ließ ihn ab Oktober 1934 mit 300 Helfern umgestalten. Nach 21 Monaten Umbauzeit präsentierte sich die „Deutsche Luftfahrtsammlung“ am 20. Juni 1936 in dem umgebauten Palast, ergänzt durch die Sammlung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt, Teile der Junkers-Lehrschau aus Dessau sowie durch Exponate des 1935 geschlossenen Deutschen Luftfahrtmuseums in Böblingen. Das größte Objekt der Ausstellung war eine Dornier Do X. Als Geschenk der Eidgenossenschaft gelangte mit Ernst Udet als Pilot am 31. Dezember 1936 die Fokker D.VII D-EIRA in die Ausstellung.[3]

Die Verwaltung unterstand der Stadt Berlin; Eigentümerin der Sammlung war die Berliner Flughafen-Gesellschaft. Reichsminister der Luftfahrt Hermann Göring übernahm die Schirmherrschaft, trug zur Finanzierung bei und beeinflusste das Konzept des Museums. Georg Krupp verlor nach Aufdeckung eines Betrugs seinen Posten als Museumsdirektor im Herbst 1938, sein Nachfolger war kurzzeitig Fritz Ewald, der 1943 von Werner Löbermann abgelöst wurde.[4]

Das Museum wurde mehrfach umgestaltet, dazu auch zeitweise geschlossen. Erstmals geschah das von April bis September 1939. Zeitungsartikel des „Deutschen Sportfliegers“ aus den Jahren 1942 und 1943 zeigen die geöffnete Luftfahrtsammlung mit „regem Besuch“.[5] Der größte Teil der Exponate wurde scheinbar bei zwei Bombenangriffen 1943 und 1944 zerstört. Überreste der Dornier Do X befanden sich bis in die 1950er Jahre auf dem Gelände. 1952 begannen die Abrissarbeiten an dem zerstörten Ausstellungspalast. Nur die große Freitreppe, flankiert von zwei Löwenplastiken, blieb erhalten.

Viele Exponate wurden jedoch ab Mitte 1943 nach Pommern ausgelagert. Einige bisher wiedergefundene Teile (20 Exponate) befinden sich heute im Polnischen Luftfahrtmuseum in Krakau. Über die Rückführung dieser Exponate nach Berlin gibt es noch keine Einigung.[6] Nur die Jeannin-Stahltaube von 1914 ist wieder in Berlin. Sie wurde mit Hilfe polnischer Experten aufwändig restauriert und wird als Leihgabe im Deutschen Technikmuseum Berlin (DTMB) ausgestellt.[7] Andere Exponate wie die Fokker Spinne 3 oder eine Fokker D.VII der Luftfahrtsammlung haben nach 1945 einen anderen Weg gefunden. Die Spinne kam nach der Besetzung der Niederlande im Sommer 1940 zur DLS nach Berlin. 1986 ist die stark beschädigte Spinne vom Krakauer Museum an die Fokkerwerke zurückgegeben und dort restauriert worden. Heute ist sie im Aviodrome Lelystad zu sehen.[8] Eine Fokker D.VII mit der Zulassungsnummer 4404/17 war ab 1939 in der DLS ausgestellt. 1946 tauchte sie in Vilsbiburg zusammen mit sechs Flugmotoren und dem Rumpf einer Bloch MB.175 wieder auf. Die amerikanische Militärregierung in Bayern bot den Bestand dem Deutschen Museum München an, das übernahm 1948 die Fokker D.VII. Die anderen Gegenstände wurden offenbar verschrottet. Das Flugzeug ist heute in der Flugwerft Schleißheim zu besichtigen.[9]

Das Deutsche Technikmuseum Berlin ist immer noch auf der Suche nach weiteren ausgelagerten Exponaten. Die Suche verläuft über die Lost Art Internet-Datenbank, die von der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste in Magdeburg betrieben wird. Sie ist eine Einrichtung des Bundes und der Länder der Bundesrepublik Deutschland.[10]

Inventar

Da sich keine Inventarliste erhalten hat, ist die Bestimmung außerordentlich schwierig. Das Deutsche Technikmuseum Berlin hat dies durch Fotos versucht; die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste beziffert 174 Exponate.

Bilder

Literatur

  • Alexander Kauther/Paul Wirtz: Der Flieger-Gedenktag auf dem Flugfeld in Berlin-Johannisthal am Sonntag, den 29. Juni 1930, Jahrgang 2012, Heft 22.
  • Holger Steinle, Astrid Venn: Flugzeuge mit Geschichte. Heel, Königswinter 2009, ISBN 978-3-86852-206-8.
  • August Dresel: Die Junkers-Lehrschau. Eine Führung durch die Lehrschau der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke A.G., Dessau. 30 Jahre Junkers-Flugzeugforschung 1910–1940. Dessau 1936. / 2. Auflage, Dessau 1939.
  • Museum für Verkehr und Technik (Hrsg.): Hundert Jahre Deutsche Luftfahrt. Lilienthal und seine Erben. Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh / München 1991, ISBN 3-570-07060-3.
  • Holger Steinle: Die Berliner Luftfahrtsammlung. In: Bauwelt, Jahrgang 2010, Heft 44, S. 24–27.
  • Michael Hundertmark, Holger Steinle: Phoenix aus der Asche. Die Deutsche Luftfahrt-Sammlung Berlin. Silberstreif, Berlin 1985, ISBN 3-924091-02-1.
  • Christina Tilmann: Streit um eine Luftfahrt-Sammlung. In: Der Tagesspiegel vom 21. September 2010. (online)

Weblinks

Commons: Deutsche Luftfahrtsammlung Berlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hundertmark/Steinle: Phoenix aus der Asche. Seite 33ff (vgl. Literatur)
  2. Kauther/Wirtz: Fliegergedenktag, Seite 21ff (vgl. Literatur)
  3. The Fokker D.VII in Switzerland
  4. Venn/Steinle, Seite 30ff (vgl. Literatur)
  5. Der deutsche Sportflieger, Heft 5, Mai 1943, S. 82
  6. Christina Tilmann: Streit um eine Luftfahrt-Sammlung. (vgl. Literatur)
  7. Venn/Steinle, Seite 62
  8. Venn/Steinle, Seite 147
  9. Venn/Steinle, Seite 142 und 148f
  10. Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste: Lost Art Internet Database – Institution (Memento vom 24. Dezember 2013 im Internet Archive)

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Curtiss Hawk II 'D-IRIK' (14166201790).jpg
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The Curtiss Hawk II was an export variant of the F11C-2 Goshawk which saw U.S.Navy service. This is one of two supplied to Germany as follows:- "Though not interested in politics, WW1 ace Ernst Udet joined the Nazi party in 1933 when Hermann Göring promised to buy him two new Curtiss Hawk IIs (D-3165 and D-IRIK). The aircraft were used for evaluation purposes and thus indirectly influenced the German idea of dive bombers, such as the Junkers Ju 87 (Stuka). Udet used D-IRIK (c/n H.81) in aerobatic exhibitions held during the 1936 Summer Olympics, the aircraft survived the war, was eventually found in a field outside Kraków." It has now been restored and is on display in the new entrance building at the Muzeum Lotnictwa Polskiego Kraków, Poland.

23-08-2013
Ausstellungspalast, Berlin 1885.jpg
Der Ausstellungspalast des ULAP in Berlin-Moabit. Das Gebäude wurde 1943 durch einen alliierten Angriff zerstört.
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Modell im Technischen Museum
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