Deutsche Gesellschaft für Ernährung

Deutsche Gesellschaft für Ernährung
(DGE)
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Rechtsformeingetragener Verein
Gründung4. November 1953[1]
SitzBonn, Deutschland Deutschland
ZweckFörderung, Auswertung und Publikation ernährungswissen­schaftlicher Forschung sowie Ernährungsberatung und -aufklärung
PräsidentBernhard Watzl[3]
GeschäftsführungKiran Virmani[2]
Mitglieder4172:[4] 97 % Einzelmitglieder, 3 % Wirtschafts­verbände und Unternehmen
Websitewww.dge.de
Ehemaliger Sitz der DGE in Bonn, Godesberger Allee 18

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) ist eine laut eigenen Angaben unabhängige wissenschaftliche deutsche Fachgesellschaft in der Rechtsform eines gemeinnützigen eingetragenen Vereins. Sie ist nach ihrer Satzung[5] dem Gemeinwohl und der Wissenschaft verpflichtet und verfolgt vor allem zwei Ziele: Förderung, Auswertung und Publikation ernährungswissenschaftlicher Forschung sowie Ernährungsberatung und -aufklärung im Dienste der Gesundheit der Bevölkerung.

Geschichte

Die Ernährungswissenschaft wurde während des Nationalsozialismus durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsforschung (DGEF, 1935–1945) vertreten, die als Vorgängerorganisation der DGE anzusehen ist. Die DGEF unterstand dem Reichsgesundheitsamt und sah ihre Aufgabe in der „Stärkung des Volkskörpers“, der „Politikberatung“ und der „Volksaufklärung“. Sie wollte die Gesundheit des Volkes durch Ernährung verbessern. Gleichzeitig sollte sie als gleichgeschaltete Fachgesellschaft politische Strategien des Regimes wissenschaftlich untermauern und bei der Umsetzung unterstützen.[6] Nach Ende des Krieges stellte die DGEF ihre Aktivitäten ein.

1953 wurde die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) als gemeinsame Organisation mehrerer Vereinigungen und Vereine gegründet, die sich mit dem Themenbereich Ernährung und Gesundheit beschäftigten. Diese Vereinigungen wurden gleichzeitig kooptierte Mitglieder und deren Vorsitzende automatisch Mitglieder des Vorstands. Die Satzung wurde am 4. November 1953 verabschiedet, die erste offizielle Mitgliederversammlung fand am 4. März 1954 in Mainz statt.

Die Gründer der DGE (unter anderem Heinrich Kraut) verschwiegen die nationalsozialistische Vorgängerorganisation DGEF. Es gab keine Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. In der Satzung von 1953 wird als wichtiges Ziel genannt, die „Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Bevölkerung durch Anleitung zu richtiger und vollwertiger Ernährung zu erhalten und zu steigern.“

Zum ersten Vorstand der DGE gehörten u. a. Hermann Ertel, Erich Grafe, Louis Grote, Wilhelm Heupke, Heinrich Kraut und Franz Wirz. Erster Präsident war Heupke. Er trat aber bereits vor der ersten Mitgliederversammlung zurück und trat auch aus der DGE aus. Sein Nachfolger wurde Grafe, 1956 folgte Kraut[7] und von 1958 bis 1964 Kühnau.

Organisation

Die Mitgliederversammlung der DGE ist das oberste Organ der Gesellschaft; sie wählt das „Wissenschaftliche Präsidium“ und den Verwaltungsrat. Das „Wissenschaftliche Präsidium“ erarbeitet vor allem Positionen und stellt fest, in welchen Bereichen der Ernährung Forschungsbedarf besteht. Der Verwaltungsrat überwacht und bestellt die Geschäftsführung, prüft den Jahresabschluss und genehmigt den Arbeitsplan der DGE. In der Öffentlichkeit wird die DGE durch die Geschäftsführung repräsentiert, die die fachlichen Aufgaben der DGE initiiert und koordiniert. Die Geschäftsführung ist außerdem für Finanzen und Haushalt, Personalwesen und organisatorische Belange verantwortlich.

Die DGE unterhält eine Hauptgeschäftsstelle mit ca. 93 Mitarbeitenden (vielfach Oecotrophologen, Ernährungswissenschaftler etc.) in Bonn. Ihre Fachreferate gliedern sich in die folgenden Bereiche: Wissenschaft, Wissenschaftsredaktion inkl. Sektionskoordination, Fortbildung, Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicherung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Projekt IN FORM in der Gemeinschaftsverpflegung. Auch weitere, verschiedene Projekte[8] wie z. B. Start Low (Projekt zur Reduktion von Salz und Zucker sowie zur Optimierung von Fetten in der Kita-Verpflegung) werden von der DGE durchgeführt.[9] Bis 2021 zählten auch die Projekte Diet-Body-Brain (DietBB)[10] und Geprüfte IN FORM-Rezepte,[11][12] sowie 2017 das EU-Projekt JANPA Joint Action on Nutrition and Physical Activity[13] zur DGE.

Die Inneren Dienste in der DGE-Hauptgeschäftsstelle sind für administrative und finanzielle Belange der DGE zuständig.

Auf Länderebene ist die DGE durch rechtlich selbstständige und rechtlich unselbstständige Sektionen vertreten. Zu den rechtlichen selbstständigen gehören Baden-Württemberg und Hessen. Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen sind rechtlich unselbstständig. Sie alle tragen das Fachwissen der DGE in ihre regionalen Netzwerke und informieren zu Ernährungsfragen, beraten und organisieren Fachtagungen und Fortbildungsseminare für Multiplikatoren und initiieren Projekte.

Darüber hinaus arbeitet die DGE eng mit Vernetzungsstellen für Senioren und Schulverpflegung in verschiedenen Bundesländern zusammen und teilweise Trägerin.[14]

Ziele

Diese sind in der Satzung festgelegt:

„Die DGE fördert die ernährungswissenschaftliche Forschung ideell und macht deren Erkenntnisse verfügbar. Sie hat zum Ziel, die Ernährungsaufklärung, -beratung und -erziehung zur vollwertigen und nachhaltigeren Ernährung voranzubringen, deren Qualität zu sichern und dadurch die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern.“[15]

Zweck

Die DGE beabsichtigt, „eine ausgewogene und nachhaltige Ernährung“ zu fördern, „damit die Menschen in Deutschland gesund bleiben oder werden“.[16] Sie stellt Forschungsbedarf in ernährungsrelevanten Fragen fest, sammelt Ergebnisse, wertet sie aus und macht sie öffentlich.

Die DGE gibt die deutschen Ernährungsempfehlungen, Leitlinien sowie Stellungnahmen usw. anhand wissenschaftlicher Forschung heraus. Dazu gehört zum Beispiel der DGE-Ernährungsbericht.[17] Sie veranstaltet wissenschaftliche Tagungen, Seminare und Lehrgänge und macht Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die DGE nimmt die Vertretung der deutschen Ernährungswissenschaft in nationalen und internationalen Organisationen sowie die bilaterale Zusammenarbeit mit ernährungswissenschaftlichen Gesellschaften anderer Staaten wahr.

Zudem übernimmt die DGE nach der Satzung[18] Aufgaben der Qualitätssicherung in der Gemeinschaftsverpflegung. Daher hat sie die DGE-Qualitätstandards erstellt. Diese enthalten Kriterien für eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Verpflegung in Gemeinschaftseinrichtungen.[19] Einrichtungen, Betriebe und Caterer können sich extern auf Grundlage der DGE-Qualitätsstandards überprüfen lassen und erhalten bei Erfüllung der Kriterien eine DGE-Zertifizierung.

Auch die Koordination und Qualitätssicherung[20] von Inhalten der Ernährungsberatung und -aufklärung ist ihre satzungsgemäße Aufgabe.[21] Deshalb gibt es u. a. Fortbildungen und das Zertifikat Ernährungsberater/DGE.[22]

Medien

Ihr Publikationsorgan ist seit 1954 die Ernährungs Umschau.[23] Diese Fachzeitschrift erscheint monatlich und wendet sich mit aktuellen Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen sowohl an Forscher als auch Ernährungsfachkräfte. Das ebenfalls monatlich erscheinende Journal Annals of Nutrition and Metabolism[24] ist das englischsprachige Organ der DGE. Alle DGE-Mitglieder erhalten die Online-Ausgabe kostenfrei.

Die DGE gibt Medien heraus. Diese können zum Teil kostenfrei heruntergeladen werden oder – z. T. kostenpflichtig – im DGE-MedienService bestellt werden.

Der DGE-Ernährungsbericht wird im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erstellt. Er erscheint seit 1969 im vierjährigen Turnus. Die DGE-Ernährungsberichte schreiben Daten zur Ernährungssituation in Deutschland fort und stellen jeweils aktuelle Forschungsergebnisse vor. Der DGE zufolge, sollen sie als „wissenschaftlich fundierte, objektive Informationsquelle für alle in der Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und den Medien Tätige sowie für Mittlerkräfte“ dienen.[17]

DGE-Mitglieder

Ordentliche Mitglieder können laut Satzung z. B. Einzelpersonen werden, die auf einem der Fachgebiete der DGE tätig sind oder die Ziele der DGE fördern. Dazu gehören Fachleute, Wissenschaftler, Forschende, Ernährungsberater, aber auch Studierende und Schüler der Diätfachschulen (Ausbildung zur staatlich anerkannten Diätassistentin).[25]

Die Gesellschaft wurde 1953 gegründet. Sie wird zu etwa 70 Prozent von Bund und Ländern über öffentliche Mittel finanziert. Die restlichen 30 Prozent werden durch eigene Einnahmen, Gebühren für Schriften und Medien, Beratungen und Lehrgänge sowie Mitgliedsbeiträge gedeckt.

Ihren Sitz hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung seit Dezember 2021 in der Godesberger Allee 136 in Bonn, nachdem sie zuvor das Gebäude der ehemaligen Ständigen Vertretung der DDR im Bonner Ortsteil Plittersdorf (Godesberger Allee 18) bezogen hatte.[26]

Ernährungsempfehlungen

Die 10 Regeln der DGE, der DGE-Ernährungskreis und die Dreidimensionale DGE-Lebensmittelpyramide ergeben im DGE-Selbstverständnis „die offiziellen lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland“. Sie sollen „Fachkräften als Kommunikationsmittel und Verbraucher*innen als leicht verständliche Anleitung zu einer vollwertigen Ernährung“ dienen. Der DGE zufolge, basieren die Empfehlungen auf den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr.[27] Sie sollen für gesunde Erwachsene gelten. Die Ernährungsgewohnheiten der deutschen Bevölkerung und „nachhaltige Aspekte“ sollen darin berücksichtigt sein.[28]

Ernährungskreis

Der Ernährungskreis der DGE ist ein 1956 entwickeltes grafisches Schema für die von ihr vertretene vollwertige Ernährung. Dem Beispiel der Lebensmittelpyramide des USDA folgend, wurden in den 1990er Jahren angepasste Empfehlungen veröffentlicht.[29] 2005 wurde aufgrund neuer Erkenntnisse in der Ernährungswissenschaft (z. B. Nurses’ Health Study) eine dreidimensionale Pyramide als Präsentationsform gewählt, um quantitative und qualitative Empfehlungen getrennt voneinander deutlich machen zu können.[30] Zentrum dieser neuesten Empfehlung bildet wieder der Ernährungskreis. Verschiedene Gruppen von Lebensmitteln werden in einem Kreis, jeweils mit ihrem empfohlenen Anteil an der Gesamternährung, symbolhaft durch Vertreter der Lebensmittelgruppen dargestellt. Seit 2003 symbolisiert ein Glas Wasser in der Mitte des Kreises die tägliche empfohlene Menge an Flüssigkeit, die konsumiert werden soll.

Der DGE-Ernährungskreis zeigt den Weg zu einer gesundheitsfördernden und vollwertigen Ernährung.
Er unterteilt das Lebensmittelangebot in sieben Gruppen:[31]

Lebensmittelgruppen
1 Getreide, Getreideerzeugnisse, Kartoffeln
2 Gemüse, Salate
3 Obst
4 Milch, Milchprodukte
5 Fleisch, Wurst, Fisch, Eier
6 Fette, Öle
7 Getränke

Bei Beachtung dieser Vorgaben setzt sich die tägliche Energieaufnahme wie folgt zusammen: 30 bis 35 Prozent Fette, 10 bis 15 Prozent Eiweiß, 55 bis 60 Prozent Kohlenhydrate. Je größer ein Kreissegment ist, desto größere Mengen sollten aus der Gruppe verzehrt werden. Lebensmittel aus kleinen Segmenten sollten dagegen sparsam verwendet werden. Für eine abwechslungsreiche Ernährung empfiehlt die DGE, sich aus der Lebensmittelvielfalt der einzelnen Gruppen zu bedienen. Ist die Zusammenstellung an einem Tag nicht ausgewogen, kann dies an den folgenden Tagen ausgeglichen werden. Auf die Wochenbilanz kommt es an.

Eine Studie über die Effektivität dieser komplexen 3D-Präsentation bei der Vermittlung von Empfehlungen wurde durchgeführt und ergab im Mittel aus 42 Probanden 80 % korrekte Antworten zu der Pyramide.[32]

10 Regeln der DGE

Seit 1956 formuliert die DGE in den 10 Regeln der DGE, wie sich jeder genussvoll, zugleich gesund erhaltend und nachhaltiger ernähren kann. Die Regeln werden auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse formuliert und gelten für jedes Alter, mit Ausnahme von Säuglingen. Zuletzt wurden sie 2017 aktualisiert.[33] Es gibt sie neben Deutsch in neun Sprachen.[34]

Die Dreidimensionale Lebensmittelpyramide

Die Dreidimensionale DGE-Lebensmittelpyramide soll „Mittlerkräfte bei der Erläuterung und Veranschaulichung der Prinzipien einer vollwertigen Ernährung gegenüber Verbraucher*innen“ unterstützen.[35]

Empfohlener Fleischkonsum

Im Februar 2024 senkte die DGE ihre Empfehlung für den Fleischkonsum der gesunden Allgemeinbevölkerung auf 300 Gramm pro Woche,[36] was etwa einem Drittel des tatsächlichen Fleischkonsums (des Jahres 2022) entspricht. Dabei wurde ein neu entwickeltes mathematisches Optimierungsmodell angewandt. Außerdem wurden neben der gesunden Ernährung auch Aspekte wie Nachhaltigkeit, Umweltbelastung wie z. B. Treibhausemissionen sowie die in Deutschland üblichen Verzehrgewohnheiten einbezogen, letzteres, um „die Anschlussfähigkeit an die Ernährungsgewohnheiten zu haben“. Offenbar war die empfohlene Menge von 300 Gramm eine Nebenbedingung des Modells und nicht ein Resultat. Kritisiert wurde die empfohlene Menge auch aus medizinischer Sicht. Laut Sabrina Schlesinger vom Deutschen Diabetes-Zentrum müsste sich die Empfehlung aufgrund der Risiken des Fleischkonsums bezüglich Diabetes, Dickdarmkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen „der Null annähern“.[37]

Positionierung zur vegetarischen und veganen Ernährungsweise

Die DGE vertritt die Position, dass (ovo)lacto-vegetarische Ernährung als Dauerernährung geeignet sein könne, betont dabei aber die Notwendigkeit einer sorgfältigen Lebensmittelauswahl, besonders für die Ernährung von Kindern.[38] Nach vorliegenden und von der DGE ausgewerteten Studienergebnissen könne Stand April 2016 nicht von einem gesundheitlichen Vorteil der Vegetarier gegenüber sich vergleichbar ernährenden Mischköstlern mit einem geringen Fleischanteil in der Ernährung ausgegangen werden. Allerdings könne angenommen werden, dass eine pflanzenbetonte Ernährungsform – mit oder ohne einen geringen Fleischanteil – gegenüber der derzeit in Deutschland üblichen Ernährung mit einer Risikosenkung für ernährungsmitbedingte Krankheiten verbunden ist.

Bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist nach Einschätzung der DGE die ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich. Der kritischste Nährstoff sei Vitamin B12. Zu den potenziell kritischen Nährstoffen bei veganer Ernährung gehörten außerdem Protein bzw. essentielle Aminosäuren und langkettige Omega-3-Fettsäuren sowie die Vitamine D und Riboflavin sowie die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Jod, Zink und Selen. Die DGE empfiehlt vegane Ernährung für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche ausdrücklich nicht. Diese speziellen Bevölkerungsgruppen hätten ein höheres Risiko für Nährstoffdefizite. Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, sollte dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr vor allem der kritischen Nährstoffe achten und gegebenenfalls angereicherte Lebensmittel und Supplemente verwenden. Dazu sollte eine Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft erfolgen und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüft werden.

Die DGE verweist darauf, dass Lebensmittel, die bei veganer Ernährung konsumiert werden, nicht zwingend ernährungsphysiologisch günstig und gesundheitsfördernd seien. Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Nüsse, Samen, wertvolle Pflanzenöle und Vollkornprodukte bewertet die DGE als vorteilhaft. Vegane Gerichte oder Lebensmittel, denen hohe Mengen an Zucker, Fetten und Speisesalz zugesetzt wurden, seien hingegen „ernährungsphysiologisch nicht günstig“.[39]

Kritik

Kritik von Umwelt- und Klimaaktivisten

Autoren des Recherchezentrums Correctiv kritisierten im September 2021, dass die DGE einen als umweltschädlich bewerteten Milchkonsum fördere. Die DGE empfehle in ihren zehn Regeln der vollwertigen Ernährung nicht das, „was für unseren Planeten und unsere Gesundheit besser wäre, sondern das, was die Deutschen ohnehin essen“. Die DGE sei nicht frei von Interessenskonflikten. In den Beiräten und Arbeitskreisen ihrer hessischen, thüringischen und niedersächsischen Vereinigungen säßen „Abgesandte von Molkereien“. Auch unter den 130 Wirtschaftsverbänden, Verbänden und Unternehmen, die Mitglieder der DGE sind, fänden sich Firmen aus der Lebensmittelbranche.[40]

Eine 2021 im Rahmen der One-Health-Initiative von Juliana Minetto Gellert Paris u. a. erstellte Studie bewertete die Ernährungsempfehlungen der DGE unter den Aspekten Gesundheit, Umweltschutz und Tierwohl. Verglichen wurde die Durchschnittsernährung in Nordrhein-Westfalen („Referenzdiät“) mit der DGE-Empfehlung, einer mediterranen Ernährung und einer veganen Ernährung. Nach Bewertung durch die Autoren wäre jede der drei alternativen Ernährungsformen aus der One-Health-Perspektive nachhaltig von Vorteil. Bezüglich Umweltfolgen schnitt die vegane Ernährung meist am besten ab, gefolgt von der mediterranen Ernährung. Nur der Wasserverbrauch beider Ernährungsweisen war höher als bei der DGE-Empfehlung. In Sachen Tierwohl bewerteten die Autoren die mediterrane Ernährung am schlechtesten. Dabei gingen sie davon aus, dass das üblicherweise konsumierte Fleisch komplett durch Fisch ersetzt wird. Da Fische und Meeresfrüchte deutlich kleiner sind als etwa Kühe oder Schweine, würden unter der mediterranen Ernährung erheblich mehr Tiere leiden als bei den anderen beiden Ernährungsweisen. Im Hinblick auf die menschliche Gesundheit bewerteten die Autoren vegane und mediterrane Ernährung besser als die DGE-Empfehlung.[41][42]

Die Regierungsparteien verständigten sich im Koalitionsvertrag von 2021, „die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“ zu aktualisieren.[43]

Auseinandersetzung mit Vorgeschichte

Die Historikerin Ulrike Thoms und der Buchautor Jörg Melzer wiesen darauf hin, dass in der DGE in der Anfangsphase eine Reihe von Personen in leitenden Funktionen aktiv waren, die bereits in der Zeit des Nationalsozialismus mit Ernährungsfragen befasst waren und teilweise mit der Regierung zusammengearbeitet hatten. Melzer spricht von „personeller Kontinuität“. Auch der Name der DGE erinnere an die in der NS-Zeit tätige und 1935 gegründete Deutsche Gesellschaft für Ernährungsforschung (DGEF).[7] Im Jahr 2006 warf Thoms der DGE öffentlich vor, sich nie von ihrer Vorläuferorganisation distanziert zu haben. „Weder die Existenz einer gleichnamigen Vorgängergesellschaft noch die Tatsache der weitgehenden Identität ihrer Mitglieder vor und nach 1945 wird auch nur erwähnt.“[44] Man könne die DGE durchaus als Nachfolgeorganisation ihres nationalsozialistischen Vorgängers auffassen:[44]

„Bis heute hat sich die DGE mit ihrer Vorgeschichte im Nationalsozialismus nicht auseinandergesetzt. Weder der persönliche Briefverkehr Krauts noch die ersten Publikationen der DGE, allen voran in der von ihr seit 1954 herausgegebenen Zeitschrift Ernährungs-Umschau, lassen eine inhaltliche Abwendung von den früheren inhaltlichen Ansätzen der Ernährungsforschung erkennen.“

Ulrike Thoms: Einbruch, Aufbruch, Durchbruch? Ernährungsforschung in Deutschland vor und nach 1945[44]

In der Ernährungs Umschau 11/2016 setzte sich die DGE mit ihrer Vergangenheit auseinander. Sie erkannte die DGEF als ihre Vorgängerorganisation an: „Die DGE verurteilt, dass sich ihre Vorgängerin, die DGEF, vom Nationalsozialismus instrumentalisieren ließ und als willfähriger Helfer in der Umsetzung einer verbrecherischen Ideologie agierte. […] Die DGE bedauert, dass personelle und inhaltliche Kontinuitäten bei ihrer Gründung nicht thematisiert und kritisch reflektiert wurden. Die kritische Betrachtung der Rolle der Ernährungswissenschaft im nationalsozialistischen Deutschland ist auch heute noch nötig; sie darf nicht in Vergessenheit geraten.“[45]

Diese Stellungnahme wurde vom Historiker Uwe Spiekermann kritisiert, der schon 2000 auf die bis in die 1970er Jahre gehende Kontinuität der nationalsozialistischen Funktionseliten in der DGE hingewiesen hatte. Die vermeintliche Aufarbeitung sei unzureichend, zumal hierbei abermals die Gründung der DGE als Nachfolgeorganisation der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsforschung als „notwendiger Neuanfang“ verbrämt und „die Illusion einer Ideologiefreien Fachgesellschaft gehegt“ würde.[46]

Von der DGE vergebene Wissenschafts- und Journalistenpreise

Hans Adolf Krebs-Preis (seit 1981)

Alle vier Jahre vergibt die DGE den Hans-Adolf-Krebs-Preis für besondere Leistungen in der Grundlagenforschung. Er prämiert wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit generellen Fragen zur Ernährungs- oder Lebensmittelwissenschaft und ihrer ernährungsphysiologischen Bedeutung auseinandersetzen. Der Wissenschaftspreis ist mit 5000 Euro dotiert.

Max Rubner-Preis (seit 1979)

Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin vergibt die DGE alle vier Jahre den Max-Rubner-Preis für hervorragende wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der Ernährungstherapie oder der Prävention ernährungsmitbedingter Krankheiten. Er ist mit 5000 Euro dotiert. Beide Preise stellt die Stiftung zur Förderung der DGE zur Verfügung.

Journalisten-Preis (seit 1990)

Die DGE vergibt jährlich einen Preis an Journalisten der Publikumsmedien in den Kategorien Tages- und Wochenzeitungen, Publikumszeitschriften, Hörfunk, TV und Internet sowie Social Media für besonderes Engagement in der Ernährungsaufklärung. Der Preis ist für jeden der genannten Medienbereiche mit 2000 Euro dotiert.

Präsidenten der DGE

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung feiert ihren 55. Geburtstag
  2. Impressum, auf dge.de
  3. Wissenschaftliches Präsidium. auf dge.de/
  4. DGE.de: Mitgliederversammlung
  5. Satzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Stand vom Bonn, 9. September 2013.
  6. Hans-Georg Joost, Helmut Heseker: Aufarbeitung: Geschichte der deutschen ernährungswissenschaftlichen Gesellschaften DGEF und DGE. (PDF) 2016, abgerufen im Januar 2018.
  7. a b Jörg Martin Melzer: Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus. Stuttgart 2003, S. 291.
  8. Projekte. Abgerufen am 9. Oktober 2023 (deutsch).
  9. Start Low. Abgerufen am 9. Oktober 2023 (deutsch).
  10. Diet-Body-Brain: From epidemiology to targeted approaches (Memento vom 25. Januar 2022 im Internet Archive), auf diet-body-brain.de, aufgerufen am 28. Juli 2017.
  11. Geprüfte IN FORM-Rezepte. in-form.de, abgerufen am 9. Oktober 2023 (englisch).
  12. Geprüfte IN FORM-Rezepte. dge.de, abgerufen am 9. Oktober 2023 (deutsch).
  13. Janpa: FIT KID. Abgerufen am 9. Oktober 2023.
  14. Ziele und Aufgaben der Vernetzungsstellen Schulverpflegung, auf dge.de
  15. Satzung der der DGE, in der vorliegenden Fassung beschlossen auf der Online-Mitgliederversammlung am 31.08.2022 Stand: August 2022. Abgerufen am 10. Oktober 2023.
  16. DGE-Startseite. In: dge.de. Abgerufen am 28. Oktober 2023 (deutsch).
  17. a b DGE-Ernährungsberichte, auf dge.de
  18. Organisation der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Abgerufen am 10. Oktober 2023 (deutsch).
  19. DGE-Qualitätsstandards. Abgerufen am 10. Oktober 2023 (deutsch).
  20. Qualitätssicherung, auf dge.de
  21. Organisation der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Abgerufen am 10. Oktober 2023 (deutsch).
  22. Zertifikatslehrgang Ernährungsberater*in/DGE (EB/DGE)
  23. ERNÄHRUNGS UMSCHAU – seit sechs Jahrzehnten kompetente Informationen zu Ernährungsthemen, auf ernaehrungs-umschau.de, abgerufen am 10. Oktober 2023
  24. Annals of Nutrition and Metabolism, auf dge.de, abgerufen am 10. Oktober 2023
  25. Satzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (PDF; 0,1 MB), auf dge.de
  26. Impressum der DGE-Webseite. Abgerufen am 24. Januar 2023.
  27. Referenzwerte. Abgerufen am 11. November 2023 (deutsch).
  28. DGE-Ernährungsempfehlungen. Abgerufen am 9. Oktober 2023 (deutsch).
  29. Vollwertig Essen und Trinken nach den 10 Regeln der DGE. DGE, 2. Juni 2002, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juni 2002; abgerufen am 26. Januar 2011.
  30. Peter Stehle et al.: Grafische Umsetzung von Ernährungsrichtlinien – traditionelle und neue Ansätze. Hrsg.: Ernährungsumschau. Vol. 4, 2005, S. 128–135 (dge.de [PDF; abgerufen am 21. Januar 2011]).
  31. DGE-Ernährungskreis. Abgerufen am 11. November 2023 (deutsch).
  32. Evaluationsstudie zum Einsatz und Nutzen der Dreidimensionalen Lebensmittelpyramide in der Ernährungsbildung und -beratung (Peer-Review-Verfahren) – Universität Flensburg, Ulrike Johannsen u. a. (12. August 2009).
  33. DGE: PM DGE. In: PM DGE 08/2017. DGE, 29. August 2017, abgerufen am 8. September 2017.
  34. Sprachvarianten, auf dge.de
  35. Dreidimensionale DGE-Lebensmittelpyramide. Abgerufen am 9. Oktober 2023 (deutsch).
  36. Neue Empfehlungen für gesunde Ernährung: Mehr Nüsse, weniger Fleisch, maximal ein Ei pro Woche. In: Spiegel Online. 5. März 2024, abgerufen am 5. März 2024.
  37. Elena Erdmann: Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Ein Ei pro Woche sollte Ihnen reichen. In: zeit.de. 5. März 2024, abgerufen am 5. März 2024.
  38. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.: Ist vegetarische Ernährung für Kinder geeignet? In: DGE-aktuell 14/98. 21. Juli 1998. Im Webarchiv (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) (Abgerufen am: 15. April 2016)
  39. Margrit Richter, Heiner Boeing, Dorle Grünewald-Funk, Helmut Heseker, Anja Kroke, Eva Leschik-Bonnet, Helmut Oberritter, Daniela Strohm, Bernhard Watzl für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE): Vegane Ernährung – Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). In: Ernaehrungs Umschau international. 63(04), S. 92–102, doi:10.4455/eu.2016.021.
  40. Die Milchlobby: Wie unsere Milch dem Klima und der Umwelt schadet. In: correctiv.org. 21. September 2021, abgerufen am 8. November 2021 (deutsch).
  41. Juliana Minetto Gellert Paris, Timo Falkenberg, Ute Nöthlings, Christine Heinzel, Christian Borgemeister, Neus Escobar: Changing dietary patterns is necessary to improve the sustainability of Western diets from a One Health perspective. In: Science of The Total Environment. 6. November 2021, ISSN 0048-9697, S. 151437, doi:10.1016/j.scitotenv.2021.151437 (sciencedirect.com [abgerufen am 1. Januar 2022]).
  42. Fleischarme Kost hat viele Vorteile. Abgerufen am 1. Januar 2022.
  43. Mehr Fortschritt wagen, Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. 2021, S. 36 (spd.de [PDF]).
  44. a b c Ulrike Thoms: Einbruch, Aufbruch, Durchbruch? Ernährungsforschung in Deutschland vor und nach 1945. In: Rüdiger vom Bruch u. a. (Hrsg.): Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. 2006, S. 123 f. (In Google books)
  45. Hans-Georg Joost, Helmut Heseker: Aufarbeitung: Geschichte der deutschen ernährungswissenschaftlichen Gesellschaften DGEF und DGE. (PDF) November 2016, abgerufen im Januar 2018.
  46. Uwe Spiekermann: Künstliche Kost. Ernährung in Deutschland, 1840 bis heute. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2018, ISBN 978-3-525-31719-8, S. 708.
  47. a b c d e f g h i j k l m n o p Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): 50 Jahre DGE-Ernährungswissen im Wandel der Zeit. 1. Auflage, Bonn 2003, S. 22–23.
  48. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 826.
  49. Anerkannter Ernährungswissenschaftler: Prof. Günther Wolfram feiert 65. Geburtstag. In: uni-protokolle.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  50. Erbersdobler, Helmut F. ernaehrungs-umschau.de, November 2011, abgerufen am 11. Oktober 2023.
  51. Helmut Heseker neuer Präsident der DGE. In: dge.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  52. DGE überreicht Ernährungsbericht 2012 an Ministerin Aigner (Memento vom 24. Januar 2013 im Internet Archive)
  53. Präsidium der DGE neu gewählt. In: dge.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  54. DGE mit neuem Präsidium. In: dge.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  55. DGE wählt Präsidium. Abgerufen am 23. März 2020.
  56. Mitglieder wählen neues DGE-Präsidium. Abgerufen am 5. Oktober 2023 (deutsch).

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