Deir el-Bahari

Tempel der Hatschepsut (vorne) und des Mentuhotep II. (hinten)
Karte der Tempelanlagen
von Deir el-Bahari
(I) Tempel des Mentuhotep II.
(1) Bab el-Hosan
(2) Vestibül
(3) Terrasse mit Kolonnade
(4) Tumulus
(5) Hypostyl
(6) Sanktuarium
(II) Tempel des Thutmosis III.
(III) Tempel der Hatschepsut
(7) Hof
(8) Erster Portikus
(9) Ziegeltempel Amenophis I.[1]
(10) Zweiter Portikus
(11) Hathor-Kapelle
(12) Anubis-Kapelle
(13) Hof
(14) Amun-Heiligtum
(15) Sonnentempel
(16) Heiligtum der Hatschepsut und des Thutmosis III.

Deir el-Bahari (arabisch الدير البحري, DMG ad-Dair al-baḥrī) ist eine antike Nekropole in Ägypten, die nördlich von Theben auf der Westseite des Nils gegenüber der Stadt Luxor liegt, im Gouvernement al-Uqsur. Neben zahlreichen Felsengräbern, darunter der wohl spektakulärste Fund, die Königscachette, in der über 40 Mumien gefunden wurden, ist die Nekropole bekannt durch drei Totentempel.

Tempel

Totentempel Mentuhotep

Als erster ließ sich hier der Pharao Mentuhotep II. (11. Dynastie) seinen Tempel mit Begräbnisstätte erbauen. Eine zu dem Grabdenkmal hinführende Allee wurde von ihn darstellenden, bemalten Sandsteinstatuen gesäumt. In und um den Tempel ließ er seine Königinnen, Soldaten und hohe Beamten beisetzen. Auch dieser Tempel fällt durch seine einzigartige Architektur auf. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass dies die einzige monumentale Anlage in Theben-West aus der Zeit des Mittleren Reiches ist[2].

Totentempel Hatschepsut

Der Totentempel der Hatschepsut (Djeser-djeseru) stammt aus der 18. Dynastie und ist der am besten erhaltene Tempel in Deir el-Bahari. Auffällig ist seine eigenwillige Architektur[3]. In christlicher Zeit entstand auf dem Tempel der Hatschepsut das Kloster des heiligen Phoibammon. Das Phoibammon-Kloster wurde bis ins 11. Jahrhundert genutzt und von verschiedenen Bischöfen besucht. Im 19. Jahrhundert wurde die Klosterruine von Auguste Mariette und Edouard Naville abgetragen, um an die darunterliegenden Tempelteile zu gelangen. Naville dokumentierte seine Arbeit ausführlich in sieben Bänden: The Temple of Deir el Bahari (= EEF, 12-14, 16, 19, 27, 29). 7 Bände, London, 1894–1898.[4]

Totentempel Thutmosis III.

Neben seinen bereits bestehenden Tempeln Ach-menu (Karnak) und Henket-anch (nördlich des Ramesseums) ließ Thutmosis III. gegen Ende seiner Regierungsdauer den über der Hathorkapelle gelegenen Totentempel Djeser-achet (Heiliger Horizont) errichten.

Die mittig hinter Hatschepsuts und Mentuhoteps II. Totentempeln gebaute Anlage ist der kleinste der drei Tempel und am weitesten zerstört. Dieser Tempel wurde etwas erhöht angelegt, da zwischen den beiden anderen Tempeln kein Platz gewesen wäre. Auch der Tempel von Thutmosis III. ist in seiner Achse genau auf den Karnak-Tempel ausgerichtet. Die beiden Tempel des Neuen Reiches wurden als Millionenjahrhäuser errichtet.

Modell der Gesamtanlage

Seit Oktober 2016 entsteht unter Hinzuziehung neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse ein begehbares Modell der Anlage in Second Life, dessen Hauptaugenmerk auf der architektonische Gesamtausführung und dem Zusammenspiel Gebäude und Gärten liegt (siehe Weblinks).

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360-Grad-Panorama von Deir el-Bahari mit dem Totentempel der Hatschepsut

Gräber

Die Cachette von Deir el-Bahari

Der spektakulärste Fund in Deir el-Bahari war wohl die Auffindung des Grabes DB320 (auch TT320) um 1871 durch Ahmed Abdelrassul.[5] Die Familie Abdelrassul verschwieg die Entdeckung des Grabes aus der 21. Dynastie, in dem sich neben reichhaltigen Grabbeigaben auch die Mumien von über 40 Personen befanden, darunter zahlreiche Königsmumien der 17. bis 21. Dynastie. Stück für Stück wurden Teile des Fundes verkauft, bis der damalige Chef der Antikenbehörde, Gaston Maspero, darauf aufmerksam wurde. Seinem Assistenten Emil Brugsch war es so am 6. Juli 1881 vergönnt, die Funde der heute so genannten „Königscachette von Deir el-Bahari“ zu bergen.[6]

Einige der bekannten Grabanlagen

Grab Nr.:NameTitelDynastie/HerrscherFunde/Bemerkungen
TT308KemsitEhefrau des Königs11. Dynastie (Mentuhotep II.)Ehefrau des Mentuhotep II.
TT310unbekanntKanzler11. Dynastie
TT313HenenuHausvorsteher11. Dynastie
TT316NeferhotepBogenträger12. oder 13. Dynastie[7]
TT319NeferuEhefrau des Königs11. Dynastie (Mentuhotep II.)Ehefrau des Mentuhotep II.[8]
TT320Pinudjem II.Hohepriester des Amun21. Dynastie (Amenemope, Osochor, Siamun)Grab, wurde ab der 22. Dynastie als Mumiendepot genutzt „Cachette von Deir el-Bahari“[9]
TT353SenenmutHaushofmeister, Beamter18. Dynastie (Hatschepsut)[10]
TT386AntefGeneral11. Dynastie (Mentuhotep II.)[11]
AschaitEhefrau des Königs11. Dynastie (Mentuhotep II.)Ehefrau des Mentuhotep II.
KawitEhefrau des Königs11. Dynastie (Mentuhotep II.)Ehefrau des Mentuhotep II.
SadehEhefrau des Königs11. Dynastie (Mentuhotep II.)Ehefrau des Mentuhotep II.
HenhenetEhefrau des Königs11. Dynastie (Mentuhotep II.)Ehefrau des Mentuhotep II.
(Naville 15)Tem (Königin)Ehefrau des Königs11. Dynastie (Mentuhotep II.)Ehefrau des Mentuhotep II.[12]
Mijt11. Dynastie (Mentuhotep II.)

Anschlag von Luxor 1997

Am 17. November 1997 wurden hier 62 Menschen, davon 58 ausländische Touristen und vier Ägypter, bei einem terroristischen Anschlag durch die Gruppe Al-Dschamāʿa al-islāmiyya getötet und weitere zum Teil schwer verletzt.[13]

Weitere Bilder

Siehe auch

Literatur

  • Barbara Mertz: Temples, Tombs and Hieroglyphs; the story of Egyptology. Coward-McCann, New York 1964, ISBN 0-87226-223-5.
  • Rolf Gundlach, Matthias Rochholz: Feste im Tempel - 4. Ägyptologische Tempeltagung, Köln, 10. - 12. Oktober 1996. Harrassowitz, Wiesbaden 1998, ISBN 3-447-04067-X.
  • Bertha Porter, Rosalind Louisa Beaufort Moss: Topographical bibliography of ancient Egyptian hieroglyphic texts, reliefs, and paintings/ 2., Theban temples. Clarendon Press, Oxford 1994, ISBN 0-19-920026-2.
  • Howard Carter: Report on the Tomb of Mentuhotep Ist at Deir el-Bahari, Known as the Bab el-Hocan. In: Annales du service des antiquités de l'Égypte. (ASAE) Nr. 2, 1901, S. 201–205.
  • Dieter Arnold: Die Tempel Ägyptens. Götterwohnungen, Kultstätten, Baudenkmäler Artemis & Winkler, Zürich 1992, ISBN 3-7608-1073-X.
  • Dieter Arnold: Lexikon der Ägyptischen Baukunst. Albatros, Düsseldorf 2000, ISBN 3-491-96001-0.
  • Nicholas Reeves, Richard H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Bechtermünz, Augsburg 2002, ISBN 3-8289-0739-3.
  • Dieter Arnold: Der Tempel des Königs Mentuhotep von Deir el-Bahari. Band 1–4, von Zabern, Mainz 1974–1993.
  • Edouard Naville, Somers Clarke: The Temple of Deir el-Bahari. 7. Bände, Offices of the Egypt exploration fund, London 1894–1898.
  • A. M. Donadoni Roveri: The Valley of the Kings and the Royal Cachettes of Deir el-Bahari. In: F. Tiradritti, Matḥaf al-Miṣrī.: The Treasures of the Egyptian Museum. American University in Cairo Press, Kairo 1999, ISBN 978-977-424-504-6.
  • Gaston Maspero: Les momies royales de Déir el-Bahari. Leroux, Paris 1889.
  • Herbert E. Winlock: Excavations at Deir el Bahari, 1911–1931. Macmillan, New York 1942.
  • Sergio Donadoni: Theben. Heilige Stadt der Pharaonen. Hirmer, München 2000, ISBN 3-7774-8550-0.
  • Kazimierz Michalowski; Polska Akademia Nauk. Zakład Archeologii Śródziemnomorskiej: Deir el-Bahari. 5 Bände, Éditions scientifiques de Pologne, Warschau 1974, ISBN 83-01-05648-7.
  • Jadwiga Lipińska: Deir el-Bahari. Band 2: The Temple of Thutmosis III. Éditions scientifiques de Pologne, Warschau 1984.

Einzelnachweise

  1. Rolf Gundlach, Matthias Rochholz: Feste im Tempel - 4. Ägyptologische Tempeltagung, Köln, 10. - 12. Oktober 1996. Harrassowitz, Wiesbaden 1998, S. 75.
  2. Manuela Gander: Im Talkessel von Deir el-Bahari - Der Totentempel Mentu-hoteps II. In: Kemet. Heft 2, 2006.
  3. D. Arnold: Lexikon der Ägyptischen Baukunst. Düsseldorf 2000, S. 98.
  4. Veröffentlichungen des Egypt Exploration Fund Auf: egyptologyforum.org; zuletzt abgerufen am 18. November 2022.
  5. Schreibweise des Namens nach N. Reeves und R. H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Augsburg 2002/ wo anders auch Abd el-Rassul.
  6. Gaston Maspero: Les momies royales de Déir el-Bahari. Paris 1889.
  7. Herbert E. Winlock: Excavations at Deir el Bahri: 1911–1931. New York 1942, S. 71–72.
  8. Herbert E. Winlock: Excavations at Deir el Bahri: 1911–1931, New York 1942, S. 101–104.
  9. N. Reeves, R. H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Augsburg 2002, S. 194–197.
  10. Peter F. Dormann: The Monuments of Senenmut: problems in historical methodology. Kegan Paul International, London/ New York 1988, ISBN 978-0-7103-0317-2.
  11. Bertha Porter, Rosalind Louisa Beaufort Moss, Ethel W Burney: The Theban Necropolis. Band 1, Teil 1: Private tombs. Griffith Institute, Oxford 1964, S. 437f.
  12. Dieter Arnold: Der Tempel des Königs Mentuhotep von Deir el-Bahari. Band I: Architektur und Deutung. von Zabern, Mainz 1974.
  13. Martin Durm: Nach dem Massaker in Luxor beschwichtigt die ägyptische Regierung. vom 5. Dezember 1997 In: Die Zeit. Ausgabe 50/1997.

Weblinks

Commons: Deir el-Bahari – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 25° 44′ 18″ N, 32° 36′ 28″ O

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Map of temples in Deir el-Bahari.
Deir el-Bahari 2016-03-25c.jpg
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de:Deir el-Bahari, ein Komplex von Totentempeln und Gräbern nahe der Stadt Luxor, Ägypten
Totentempel Hatschepsut Hathorkapelle 14.jpg
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Eingang zum Heiligtum in der Hathorkapelle im Totentempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari nordwestlich von Luxor, Ägypten
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360° Panorama von der ersten Terrasse des Tempels der Hatschepsut

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Tempel der Hatschepsut, tempel der Thutmosis III und tempel der Mentuhotep II
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