Currarino-Syndrom

Klassifikation nach ICD-10
Q87.8Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungssyndrome, anderenorts nicht klassifiziert
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Currarino-Syndrom oder Currarino-Triade ist eine angeborene Fehlbildung mit anorektaler, sakraler Fehlbildung und präsakraler Raumforderung, daher auch das Akronym ASP-Assoziation.[1]

Die Erstbeschreibung der Erkrankung erfolgte im Jahre 1926 durch den US-amerikanischen Chirurgen R. L. J. Kennedy[2], der Symptomentrias (Triade) 1981 durch den US-amerikanischen Kinderradiologen G. Currarino.[3]

Möglicherweise ist die Erkrankung mit der Familiären kaudalen Dysgenesie verwandt.

Verbreitung

Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant. Die Häufigkeit wird mit 1–9 / 100 000 angegeben. Gut ein Drittel der Patienten weist ausgeprägte Beeinträchtigungen auf, bei einem weiteren Drittel finden sich Auffälligkeiten im Röntgenbild, 4 % sind symptomlos. Frauen sind häufiger betroffen. Die Erkrankung manifestiert sich häufig bereits unmittelbar nach der Geburt.[4]

Ursache

Die Ätiologie liegt in einer fehlerhaften Trennung zwischen Neuroektoderm und Entoderm.[1] Die Erkrankung ist heterogen, etwa 30 % treten sporadisch auf, Mutationen können nicht immer nachgewiesen werden.[4]

Der Erkrankung liegen häufig Mutationen im MNX1-Gen im Chromosom 7 am Genort q36.3 zugrunde.[5]

Klinische Erscheinungen

Klinische Kriterien sind:[1]

  • Anorektale Anomalien (Stenose, Atresie oder Fistel)
  • Sakrum mit knöchernen Defekten
  • Präsakrale Raumforderung wie ventrale Meningozele, Teratome

In der Regel liegt eine partielle Agenesie des Steißbeines mit einer ventral gelegenen Raumforderung vor, der erste Sakralwirbel ist nicht betroffen. Bei der Raumforderung kann es sich um eine ventrale Meningozele, eine Enterale Zyste oder um ein Teratom handeln.[4]

Diagnose

Die Diagnose kann im Säuglingsalter mittels Sonographie ergänzt um Röntgenaufnahmen und Kernspintomographie gestellt werden. Im Röntgenbild ähnelt das (Rest)Sakrum einer Sichel und wird daher auch als „Scimitar-Zeichen“ benannt.

Bei über der Hälfte der betroffenen Patienten liegt eine verborgene spinale Dysraphie vor, so dass gegebenenfalls Untersuchungen in Richtung Tethered cord erfolgen sollten.[6]

Bei allen Patienten mit chronischer Obstipation muss auch an dieses Syndrom gedacht werden.[7]

Bei geringerer Ausprägung der Veränderungen erfolgt die Diagnose mitunter erst im Erwachsenenalter.[8]

Therapie

Die Behandlung einer Analatresie erfolgt bereits unmittelbar nach der Geburt. Der Zeitpunkt für eine operative Resektion der Raumforderung hängt von deren Größe und Art ab.[4]

Literatur

  • T. Monclair, T. Lundar, B. Smevik, I. Holm, K. H. Ørstavik: Currarino syndrome at Rikshospitalet 1961–2012. In: Tidsskrift for den Norske lægeforening : tidsskrift for praktisk medicin, ny række. Bd. 133, Nr. 22, November 2013, ISSN 0807-7096, S. 2364–2368, doi:10.4045/tidsskr.13.0352, PMID 24287836.
  • D. Vogl, K. A. Riel: Präsakraler Tumor mit sakraler Meningozele. In: Zeitschrift für Kinderchirurgie : organ der Deutschen, der Schweizerischen und der Osterreichischen Gesellschaft für Kinderchirurgie = Surgery in infancy and childhood. Bd. 43, Nr. 5, Oktober 1988, ISSN 0174-3082, S. 361–364, doi:10.1055/s-2008-1043487, PMID 3239247.
  • C. Janneck, W. Holthusen: Die Currarino-Trias. Beobachtung von 9 weiteren Fällen.In: Zeitschrift für Kinderchirurgie : Organ der Deutschen, der Schweizerischen und der Osterreichischen Gesellschaft für Kinderchirurgie = Surgery in infancy and childhood. Bd. 43, Nr. 2, April 1988, ISSN 0174-3082, S. 112–116, doi:10.1055/s-2008-1043430, PMID 3388981.

Einzelnachweise

  1. a b c Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  2. R. L. J. Kennedy: An unusual rectal polyp: anterior sacral meningocele. In: Surgery, Gynecology and Obstetrics, Bd. 43, 1926, S. 803–804
  3. G. Currarino, D. Coln, T. Votteler: Triad of anorectal, sacral, and presacral anomalies. In: American Journal of Roentgenology. Bd. 137, Nr. 2, August 1981, ISSN 0361-803X, S. 395–398, doi:10.2214/ajr.137.2.395, PMID 6789651.
  4. a b c d Currarino-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  5. Currarino-Syndrom. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  6. M. J. Kole, J. S. Fridley, A. Jea, R. J. Bollo: Currarino syndrome and spinal dysraphism. In: Journal of neurosurgery. Pediatrics. Bd. 13, Nr. 6, Juni 2014, ISSN 1933-0715, S. 685–689, doi:10.3171/2014.3.PEDS13534, PMID 24745342.
  7. T. Riebel, J. Köchling, I. Scheer, J. Oellinger, A. Reis: Currarino-Syndrom: Variabilität der bildgebenden Befunde bei 22 molekulargenetisch identifizierten (HLXB9-Mutation) Patienten aus fünf Familien. In: RöFo : Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen und der Nuklearmedizin. Bd. 176, Nr. 4, April 2004, ISSN 1438-9029, S. 564–569, doi:10.1055/s-2004-812948, PMID 15088182.
  8. R. Kassir, D. Kaczmarek: A late-recognized Currarino syndrome in an adult revealed by an anal fistula. In: International journal of surgery case reports. Bd. 5, Nr. 5, 2014, ISSN 2210-2612, S. 240–242, doi:10.1016/j.ijscr.2014.02.011, PMID 24704728, PMC 4008847 (freier Volltext).