Christoph von Dohnányi

(c) Christian Michelides, CC BY-SA 4.0
Christoph von Dohnányi beim Fest der Freude 2016

Christoph von Dohnányi (deutsch: [doˈnaːni], ungarisch: [ˈdoxnaːnji])[1] (* 8. September 1929 in Berlin) ist ein deutscher Dirigent und Intendant.

Leben

Dohnányi ist ein Sohn des Juristen und späteren Widerstandskämpfers Hans von Dohnanyi und von Christine Bonhoeffer, der Schwester von Dietrich Bonhoeffer. Er besuchte die Thomasschule zu Leipzig, wo er Mitglied des Thomanerchores war, das Benediktinergymnasium Ettal und das Victoria-Gymnasium Potsdam.[2] Er studierte zunächst wie sein Bruder Klaus Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München und wechselte dann zu Komposition, Klavier und Dirigieren an die Hochschule für Musik und Theater München, damals in der Villa Stuck untergebracht, wo er sein Studium mit der Auszeichnung des Richard-Strauss-Preises abschloss. Danach setzte er seine Ausbildung bei seinem Großvater Ernst von Dohnányi, Pianist, Komponist und Dirigent, an der Florida State University fort und nahm an einem Dirigierkurs in Tanglewood teil, wo er Leonard Bernstein kennenlernte.

Er schlug Angebote von Bernstein in New York und László Halász in Hollywood aus. Stattdessen kehrte er nach Deutschland zurück und wurde 1953 Assistent von Georg Solti an der Oper Frankfurt. Mit 27 Jahren wurde er am Theater Lübeck zum jüngsten Generalmusikdirektor in Deutschland ernannt. Von 1963 bis 1966 war er GMD des Staatstheaters Kassel. Von 1964 bis 1969 leitete er das Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester. Seit 1968 war er Generalmusikdirektor und seit 1972 zusätzlich Direktor der Oper Frankfurt und des Frankfurter Opernhaus- und Museumsorchesters. Von 1977 bis 1984 folgte eine Tätigkeit als Intendant und Chefdirigent der Hamburgischen Staatsoper und Generalmusikdirektor des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg. Von 1982 bis 1984 war von Dohnányi Music Director Designate des Cleveland Orchestra und wurde dessen sechster Music Director, eine Position, die er von 1984 bis 2002 bekleidete. Im September 2002 ernannte ihn das Cleveland Orchestra zu seinem ersten Music Director Laureate. Von 1997 bis 2008 war er Principal Conductor and Artistic Adviser des Philharmonia Orchestra in London, dessen erster Gastdirigent er seit 1994 war. 2008 wurde er Honorary Conductor for Life des Philharmonia Orchestra. Von 1998 bis 2000 war er Chefdirigent und künstlerischer Berater des Orchestre de Paris. Von September 2004 bis zum Ende der Spielzeit 2010 war er Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters, jetzt NDR Elbphilharmonie Orchester. Seit 2002 gastiert von Dohnányi regelmäßig bei dem New York Philharmonic Orchestra, dem Boston Symphony Orchestra, dem Cleveland Orchestra,[3] dem Philadelphia Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra, der Los Angeles Philharmonic, der Kansas City Symphony und dem National Symphony Orchestra in Washington D.C. Regelmäßig ist er in Tanglewood zu Gast, dem Sommerfestival des Boston Symphony Orchestra, wo er auch mit dem Tanglewood Music Center Orchestra, dem Orchester der Studenten, arbeitet. Zudem dirigierte er die Orchester der Julliard School in New York, des New England Conservatory in Boston, des Curtis Institute in Philadelphia, des Cleveland Institute of Music und des Civic Orchestra of Chicago.

Wirken

Dohnányi, der in Frankfurt mit Gerard Mortier, Peter Mario Katona und Klaus Schultz künstlerische Mitstreiter für seine Idee, die Oper und das Musiktheater zu entstauben, fand, liegt auch die Neue Musik am Herzen, so brachte er neben zahlreichen Orchesterwerken u. a. von György Ligeti, Harrison Birtwistle oder John Adams auch Hans Werner Henzes Der junge Lord (1965) und Die Bassariden (1966) sowie Friedrich Cerhas Baal (1981) zur Uraufführung.

Auch als Mentor hat sich von Dohnányi hervorgetan. Alan Gilbert, später Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker, war Dohnányis Assistent beim Cleveland Orchestra von 1995 bis 1997. Jens Georg Bachmann, später Chefdirigent und Künstlerischer Direktor des Cyprus Symphony Orchestra[4], war in gleicher Position beim NDR Sinfonieorchester von 2007 bis 2009[5].

Familie

Christoph von Dohnányi war mit der Schauspielerin Renate Zillessen und dann mit der Sängerin Anja Silja verheiratet und ist in dritter Ehe mit Barbara Koller verheiratet. Er hat fünf Kinder. Sein Sohn aus erster Ehe Justus von Dohnányi (* 1960) ist Schauspieler. Sein Bruder ist der Politiker Klaus von Dohnanyi.

Auszeichnungen

Dohnányi ist Commandeur de l’Ordre des Arts et des Lettres, Träger des Bartók-Preises (Ungarn), der Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main, des Hamburger Kunst- und Wissenschaftspreises und des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland und des Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich[6] (1992). Außerdem hält er Ehrendoktorwürden der Kent State University, der Case Western Reserve University, Oberlin College, der Eastman School of Music und des Cleveland Institute of Music. 2013 wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Royal Academy of Music der London University ausgezeichnet.

  • 1951: Richard-Strauss-Preis der Stadt München
  • 1978: Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg
  • 1992: „Dirigent des Jahres“ durch Musical America
  • 2002: Music Director Laureate des Cleveland Orchestra
  • 2008: Honorary Conductor for Life des Philharmonia Orchestra
  • 2020: Johannes-Brahms-Medaille der Freien und Hansestadt Hamburg

Literatur

  • Jochen Thies: Die Dohnanyis. Eine Familienbiografie. Propyläen Verlag, München 2004, ISBN 3-549-07190-6.
  • Klaus Schultz (Hrsg.): Offen sein zu – hören. Der Dirigent Christoph von Dohnányi. Murmann Verlag, Hamburg 2010, ISBN 978-3-86774-074-6
  • Christoph von Dohnányi, in: Internationales Biographisches Archiv 35/2009 vom 25. August 2009, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Anja Silja: Die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren. Berlin 1999, ISBN 3-932529-29-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Laut Artikel auf stern.de, 5. Februar 2008, bevorzugen Christoph von Dohnányi und sein Sohn Justus die ungarische Aussprache [ˈdoxnaːnji], während Klaus von Dohnanyi die Aussprache [doˈnaːni] anwendet.
  2. Jochen Thies: Die Dohnanyis. Eine Familienbiografie.
  3. Biography
  4. Artistic Director/ Chief Conductor. In: CYSO. 7. März 2016, abgerufen am 27. März 2019 (amerikanisches Englisch).
  5. Jens Georg Bachmann - Biographie. Abgerufen am 27. März 2019.
  6. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)

Auf dieser Seite verwendete Medien