Caspar Peucer

Caspar Peucer

Caspar Peucer (auch Kaspar Peucer, Peucker; * 6. Januar 1525 in Budissin; † 25. September 1602 in Dessau) war als Kirchenreformer, Mathematiker, Astronom, Mediziner, Diplomat und Schriftsteller ein wichtiger Vertreter des deutschen Späthumanismus.

Leben und Wirken

Geboren als Sohn des wohlhabenden sorbischen Handwerkers Gregor Peucer (* 12. März 1497; † 25. Februar 1560) und dessen Frau Ottilie (geb. Simon; † 5. Mai 1540) besuchte er die Budissiner Ratsschule, wo er bereits eine hohe geistige Fähigkeit auswies. Daher schlug man seinem Vater vor, ihn weiter zu unterstützen, so dass er eine Hochschule besuchen konnte. Daher schickte sein Vater ihn an das Gymnasium in Goldberg, wo er bei Valentin Friedland eine hervorragende Ausbildung genoss. Auf dessen Empfehlung hin, ging er 1540 nach Wittenberg, wo er im Haus von Philipp Melanchthon Aufnahme fand. Er absolvierte in Wittenberg zunächst die vorbereitende Schule für die Universität und immatrikulierte sich unter dem Rektorat von Caspar Cruciger dem Älteren am 26. März 1543 an der Universität Wittenberg.

Peucer studierte wie damals vorgeschrieben zunächst an der Philosophischen Fakultät. Seine Lehrer waren unter anderem Erasmus Reinhold, Jakob Milich und Georg Joachim Rheticus. Sein Studium umfasste auch Vorlesungen zur altklassischen Literatur, zur Geschichte, zur Philosophie und zur Theologie. Am 1. September 1545 erwarb er den akademischen Grad eines Magisters der sieben freien Künste. Im Anschluss verfolgte er hauptsächlich medizinische Studien. Infolge des Schmalkaldischen Krieges konnte er sein Medizinstudium 1547 nur in Frankfurt (Oder) fortführen. Doch im Folgejahr kehrte er an die die Wittenberger Akademie zurück und fand Aufnahme in den Senat der philosophischen Fakultät. Nachdem er am 2. Juni 1550 Magdalena (* 18. Juli 1531 in Wittenberg, † 12. September 1576 in Wittenberg), die Tochter seines Oheims Melanchthon geheiratet hatte, bezog er 1552 die Universität Leipzig für medizinische Studien und erwarb sich unter Milich am 27. Juni 1552 in Wittenberg das Lizentiat der Medizin.

Er wurde 1554 Professor für „Höhere Mathematik“. Er verfasste Arbeiten über die Erdvermessung (De dimensione terrae, 1550) und über Grundlagen der Astronomie (Elementa doctrinae de circulis coelestibus, 1551). Am 30. Januar 1560 promovierte er zum Doktor der Medizin, wurde Professor der Medizin und im Sommersemester 1560 Rektor der Universität Wittenberg. Nach dem Tode Melanchthons bemühte er sich um die Wahrung dessen Erbes. Er veröffentlichte verschiedene Briefe und Reden Melanchthons, setzte dessen historische Vorlesungen über das „Chronicon Carionis“ fort und vermittelte Melanchthons Philippismus im „Corpus Doctrinae Philippicum“.

Peucer unterhielt ab 1563 regelmäßigen Kontakt zum kursächsischen Hof und wurde 1566 durch Kaiser Maximilian II. in den erblichen Adelsstand erhoben. Ab 1570 war er Leibarzt des Kurfürsten August von Sachsen. Außerdem wurde ihm 1571 das Patenamt am Prinzen Adolf übertragen. Die sich entwickelnden Kontakte zur kurfürstlichen Familie werden durch einen recht umfangreichen Briefwechsel belegt, den Caspar Peucer sowohl mit dem Kurfürsten als auch mit dessen Ehefrau, Anna von Dänemark, führte.[1]

1571 war Caspar Peucer an der Veröffentlichung des neuen Wittenberger Katechismus der theologischen Fakultät wesentlich beteiligt. Als kirchenpolitischer Führer der Philippisten wurde Peucer von der lutherischen Orthodoxie stark angegriffen und als Kryptocalvinist bezeichnet. Im Zusammenhang mit der in Frankreich 1572 stattfindenden „Bartholomäusnacht“, änderte Sachsen abrupt seine Konfessionspolitik und folgte nun dem radikalen Kurs der Gnesiolutheraner. Anhänger des Calvinismus wurden zu Staatsfeinden. Auch die moderaten Kräfte der Philippisten, also Anhänger Philipp Melanchtons, wurden in diesen Strudel mit hineingezogen. Peucer, der von seiner religiösen Grundauffassung nicht abweichen wollte, wurde 1574 in Haft genommen. Zunächst war er mit seiner Familie im Schloss Rochlitz inhaftiert.

Von 1576 bis 1586 war er in Einzelhaft auf der Pleißenburg in Leipzig eingekerkert. Während seiner Haftzeit fertigte Peucer chronologisch geordnete Notizen über seine Gefangenschaft an, die nach seinem Tod als Historia Carcerum gedruckt wurden und die heute ein seltenes frühzeitliches Dokument über den Strafvollzug aus der Sicht eines Betroffenen darstellen. Außerdem verfasste er in Gefangenschaft ein zweites Buch, das Idyllium Patria, in dem er seiner Oberlausitzer Heimat in lateinischen Distichen ein literarisches Denkmal setzte. Nach seiner durch die junge sächsische Kurfürstin Agnes Hedwig von Anhalt bewirkten Freilassung lebte er als Leibarzt und Rat am anhaltischen Hof in Dessau, wo er am 25. September 1602 starb.

Werke (Auswahl)

Hypotyposes orbium coelestium, 1568

Für eine vollständige Übersicht siehe das Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts (VD 16).

  • Elementa Doctrinae De Circvlis Coelestibvs, Et Primo Motv (Digitalisierte Fassung)
  • Tractatus historicus de Ph.Melanchthonis sententia de controversia coenae Domini, 1553 (Druck 1596)
  • Commentarius de praecipuis divinationum generibus, 1553
  • Corpus Doctrinae Philippicum, 1560
  • Opera Melan, 1562–1565
  • (Herausgeber) Epistolae Selectiores Aliqvot, Philippi Melanthonis. Crato, Wittenberg 1565
  • Idyllion de Lusatia, 1583 (gedruckt 1594)

Literatur

  • Achim Krümmel: Peucer, Kaspar. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 7, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-048-4, Sp. 388–389.
  • Martin Roebel: Humanistische Medizin und Cryptocalvinismus. Leben und medizinisches Werk des Wittenberger Medizinprofessors Caspar Peucer (1525–1602). Centaurus Verlag, 2012 (Neuere Medizin- und Wissenschaftsgeschichte; 31), ISBN 978-3-86226-138-3.
  • Jan Zdichynec: Idyllium Patria : Upper Lusatia through the eyes of a late humanist author. In: Acta Universitatis Carolinae : Philologica 3. Translatologica Pragensia II. Graecolatina Pragensia XXIV. 2012, Nr. 3, S. 127–146. ISSN 0567-8269 (Digitalisat).
  • Peucer, Caspar. In: Heinz Scheible (Hrsg.): Melanchthons Briefwechsel. Band 14, Personen O–R. Stuttgart–Bad Cannstatt 2020, S. 183–188.
  • Trudla Malinkowa: Sorbische Denkmale. Handbuch sorbischer Gedenk- und Erinnerungsstätten. Domowina Verlag, Bautzen 2022, ISBN 978-3-7420-2647-7, S. 27f.
  • Hans Theodor Koch: Die Wittenberger Medizinische Fakultät (1502–1652) – Ein biobibliographischer Überblick. In: Stefan Oehmig: Medizin und Sozialwesen in Mitteldeutschland zur Reformationszeit. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2007, ISBN 978-3-374-02437-7, S. 321–322.
  • Wolfgang Klose: Das Wittenberger Gelehrtenstammbuch: das Stammbuch von Abraham Ulrich (1549–1577) und David Ulrich (1580–1623). Mitteldeutscher Verlag, Halle 1999, ISBN 3-932776-76-3.
  • Claudia Brosseder: Im Bann der Sterne: Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andere. Akademie Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-05-003853-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Hans-Peter Hasse, Günther Wartenberg (Hrsg.): Caspar Peucer (1525–1602). Wissenschaft, Glaube und Politik im konfessionellen Zeitalter. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2004, ISBN 3-374-02106-9.
  • Heinz Scheible: Peucer, Caspar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 278 f. (Digitalisat).
  • Uwe Koch (Hrsg.): Zwischen Katheder, Thron und Kerker. Ausstellung 25. September bis 31. Dezember 2002, Stadt-Museum Bautzen. Domowina Verlag, Bautzen 2002, ISBN 3-7420-1925-2.

Weblinks

Commons: Caspar Peucer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Martin Roebel: Humanistische Medizin und Kryptocalvinismus. Leben und medizinisches Werk des Wittenberger Medizinprofessors Caspar Peucer (1525–1602). Centaurus Verlag, 2012, Neuere Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, Band 31, S. 78.

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Peucer - Hypotyposes orbium coelestium, 1568 - 144757.jpg
Hypotyposes orbium coelestium, quas appellant Theoricas planetarum: congruentes cum tabulis Alphonsinis & Copernici, seu etiam tabulis Prutenicis: in vsum scholarum publicatae. Quae in his contineantur, cuiusque esse videantur: ex Epistola dedicatoria lector intelliget. - Argentorati : excudebat Theodosius Rihelius, [1568]. - [16], 354 [i.e. 534, 10] p. : ill. ; 8º. - L'attribuzione della responsabilità autoriale è controversa: VD16 la attrbuisce a Peucer, NUC e BLC a Dasypodius. - VD16-P1993 .