Bayerische Grenzpolizei

Aktuelles Verbandsabzeichen (Brusttaschenanhänger)
Ehemaliges Verbandsabzeichen der GrePo (Brusttaschenanhänger)

Die Bayerische Grenzpolizei wurde mit Wirkung vom 1. August 2018 als Teil der Landespolizei wiedererrichtet.[1] Diese gliedert sich in die Direktion der Bayerischen Grenzpolizei, die an ein Präsidium als Führungsstelle Grenze angegliedert ist,[2] ferner Grenzpolizeiinspektionen und Grenzpolizeistationen (Art. 5 Abs. 3 POG). Aufgaben sind Grenzüberwachung, Grenzkontrolle (einschließlich Grenzfahndung) sowie die Beseitigung von Störungen für die Öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenzen beeinträchtigen (Art. 5 Abs. 2 POG).

Eine bayerische Grenzpolizei existierte bereits von 1946 (1952 eigenständig) bis 1998 als Polizeiverband und war ebenfalls für die Bundesgrenzen in Bayern zuständig. Die Behörde mit damaligem Dienstsitz in München war neben der Landpolizei (ab 1972 Landespolizei[3]) und der Bereitschaftspolizei der dritte Pfeiler der Landespolizei.

Geschichte

1945 bis 1998

Zweisprachiges Ärmelabzeichen „LANDESGRENZPOLIZEI BAYERN“ / „BORDER-POLICE“

1945 wurde die Bayerische Grenzpolizei – damals Bayerische Landesgrenzpolizei genannt – wiedererrichtet. Diese hatte von 1919 bis 1934 in Form von bayerischen Grenzpolizeikommissariaten an den Grenzen zwischen Lindau und Eger bestanden. Die Wiedererrichtung erfolgte mit der VA Nr. 72 über die Bildung einer Bayerischen Landesgrenzpolizei vom 15. November 1945, die am 1. März 1946 in Kraft trat.[4] Die ersten Kräfte wurden von der US-amerikanischen Besatzungsmacht als „Border Police“ aufgestellt.

Am 15. März 1947 ging die Hauptverantwortung für die Grenzkontrolle und Durchführung des Militärregierungsgesetzes Nr. 161 auf die Bayerische Grenzpolizei über. Anweisungen erhielt die Grenzpolizei jedoch nach wie vor von der Militärregierung. Die Kontrolle von Mitgliedern alliierter Militärpersonen und ihrer Angehörigen stand ausschließlich dem amerikanischen Militärpersonal zu.

Als 1951 die US-Besatzungsmacht die Verwendung des ehemaligen SS-Hauptsturmführers Leonhard Halmanseger, der schon im Reichssicherheitshauptamt politische Gegner verfolgte, beim neuerrichteten Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz unter Hinweis auf dessen Vergangenheit ablehnte, machte das Bayerische Staatsministerium des Innern diesen zum Beamten der Grenzpolizei, ließ ihn faktisch aber für den Verfassungsschutz arbeiten. Auch andere, vorbelastete Verfassungsschutzmitarbeiter wurden zunächst offiziell Bedienstete der Grenzpolizei. Unter dem Eindruck des Kalten Krieges wurden die Vorbehalte der US-Dienststellen gegen die erfahrenen Antikommunisten geringer, sodass Leute wie Halmanseger nun zum Verfassungsschutz versetzt werden konnten.[5]

Am 28. Oktober 1952 wurde das Bayerische Polizeiorganisationsgesetz erlassen. Darin war in den Artikeln 34 bis 41 die Grenzpolizei geregelt und ihr als Aufgabe „die Überwachung und der polizeiliche Schutz der Landesgrenzen, insbesondere die Überwachung des Grenzverkehrs und der Vollzug der Auslieferung und Übernahme von Personen, sowie die Überwachung des Personenverkehrs auf Flughäfen“ zugewiesen. Die Dienststellen erhielten Bezeichnungen, die denen der Landpolizei entsprachen.

Im Zuge der Inkraftsetzung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland stellte sich aufgrund der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG über den Grenzschutz die Frage nach dem Fortbestand und der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Bayerischen Grenzpolizei. Die Auseinandersetzung zwischen der Bayerischen Staatsregierung und der Bundesregierung führte zu einem Verfassungskonflikt, welcher durch den Abschluss des ersten Verwaltungsabkommens zur Ausübung der Passnachschau im Land Bayern vom 11. Februar 1953 sowie die bayerische Anerkennung des Weisungs- und Aufsichtsrechtes durch den Bund beendet wurde.[6]

Die Neufassung des Verwaltungsabkommens vom 11. Februar 1953 zwischen dem Bundesministerium des Innern und der Bayerischen Staatsregierung über die Wahrnehmung von Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes in Bayern erfolgte am 16. Juli 1975.[7]

Außer Bayern verfügt(e) kein anderes Bundesland Deutschlands seit der Nachkriegszeit über eine eigene Grenzpolizei (eine hessische Grenzpolizei bestand bis 1950[8]). Ab 1968 wurde ein Grenzbeauftragter (Polizeivollzugsbeamter in der Laufbahn des höheren Dienstes) bestellt.[9]

Ende der 1980er Jahre zeichnete sich das vorläufige Aus für die Bayerische Grenzpolizei ab. Bedingt durch den Beitritt Österreichs am 1. Januar 1995 zur EU und am 28. April 1995 zum Schengener Abkommen veränderte sich die Situation an der bayerisch-österreichischen Grenze grundlegend. Ab dem 1. Januar 1997 wurden die Grenzkontrollen des Verkehrs aus Österreich stufenweise aufgehoben.

Mit der Eingliederung der Bayerischen Grenzpolizei in die Bayerische Landespolizei endete deren Geschichte mit Ablauf des 31. März 1998 zunächst. Als Ersatz wurden Polizeidienststellen geschaffen, die sich praktisch ausschließlich mit dem grenzüberschreitenden Verkehr befassten. Hier sind zu erwähnen: Die Polizeiinspektion Fahndung (PIF) mit Grenzpolizeistationen (GPS) und die Fahndungs- und Kontrolltrupps (FKT). Die Beamten des FKT agieren zivil und sind auch außerhalb grenznaher Regionen tätig. Die Einrichtung der Grenzbeauftragten blieb als einzige bestehen. In diesem Zusammenhang erfolgte im Jahr 2008 die letzte Änderung des Verwaltungsabkommens vom 16. Juli 1975. Gemäß dem neu gefassten Verwaltungsabkommen vom 21. April 2008 nimmt die Bayerische Polizei die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs seither nur noch wahr, soweit dieser über Einrichtungen des Luftverkehrs abgewickelt wird (mit Ausnahme des Flughafens München).[10]

Wiedererrichtung 2018

Markus Söder gab nach seiner Wahl zum Bayerischen Ministerpräsidenten bekannt, er wolle noch vor der Landtagswahl im Herbst 2018 die Bayerische Grenzpolizei reaktivieren.[11] Die neue Einheit sollte aus 500 Beamten bestehen[12] und über 160 Einsatzfahrzeuge verfügen[13]. Die neue Direktion der Bayerischen Grenzpolizei mit Sitz in Passau erhielt ein eigenes Abzeichen und soll als bayernweite Zentralstelle die nationale und internationale Zusammenarbeit mit unmittelbarem Grenzbezug koordinieren und intensivieren.[14] Die Direktion, die in der heute dreistufigen Hierarchie der Bayerischen Polizei eine Sonderrolle spielt, übernimmt die Fachaufsicht über die bisherigen Dienststellen und Organisationseinheiten mit Schleierfahndungsaufgaben der Bayerischen Polizei.[15]

Die Reaktivierung der Bayerischen Grenzpolizei wurde endgültig während der ersten Sitzung des Kabinetts Söder am 23. März 2018 mit 1000 Stellen zum 1. Juli 2018 beschlossen.[16] Die Direktion der Bayerischen Grenzpolizei nahm am 2. Juli 2018 die Arbeit auf.[17] Leiterin ist Annette Lauer.

Nach einer Klage der Grünen stellte der bayerische Verfassungsgerichtshof im August 2020 fest, dass der Artikel 29 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes („Befugnisse für Aufgaben der Grenzkontrolle und Sicherung von Anlagen“) teilweise verfassungswidrig sei.[18][19][20] Die Diskussion um die Verfassungskonformität liegt u. a. daran, dass keine Vereinbarung nach § 2 Abs. 3 des Bundespolizeigesetzes[21] mit dem Bundesinnenminister getroffen wurde, denn das hätte zur Folge gehabt, dass Bayern die Bundespolizei an der Grenze wieder komplett ersetzen hätte müssen, was u. a. dauerhaft einen erheblichen Personal- und Kostenaufwand nach sich gezogen hätte.

In der Folge gibt es zwar eine als Bayerische Grenzpolizei benannte Struktur, sie verfügt jedoch nicht mehr über spezielle Befugnisse zur Kontrolle an den Grenzen. Als Aufgabe bleibt ihr nur noch die Schleierfahndung im weiteren Grenzgebiet.

Literatur

  • David Parma: Die Bayerische Grenzpolizei – Eine historische Betrachtung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit. In: Bayerische Verwaltungsblätter. Nr. 6, 2019, S. 181–186.

Weblinks

Commons: Bayerische Grenzpolizei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Artikel 5 Abs. 1 des Polizeiorganisationsgesetzes, vgl. § 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2018 (GVBl. S. 607; PDF, 2,3 MB)
  2. dabei handelt es sich um das Polizeipräsidium Niederbayern
  3. Polizeilicher Einzeldienst in Bayern: Von der Landpolizei zur Landespolizei. (Nicht mehr online verfügbar.) In: polizei.bayern.de. Archiviert vom Original am 2. Juli 2018; abgerufen am 2. Juli 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.polizei.bayern.de
  4. Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt, 15/1946 S. 217. (PDF) Amtliches Nachrichtenblatt der Bayerischen Landesregierung. 20. August 1946, abgerufen am 21. April 2021.
  5. Felix Bohr: Die braunen Wurzeln des bayerischen Verfassungsschutzes. In: SPIEGEL Online. 22. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2018.
  6. David Parma: Die Bayerische Grenzpolizei – Eine historische Betrachtung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit BayVBl. 2019, S. 181 (183) (Boorberg Verlag) |format=PDF.
  7. GVBl. 13/1975, S. 258. (PDF) Bayerisches Staatsministerium des Innern, abgerufen am 21. April 2021.
  8. Die Geschichte der hessischen Polizei und mehr … In: polizei.hessen.de. Polizei Hessen, 22. März 2013, abgerufen am 2. Juli 2018.
  9. Spezialaufgabe Grenzschutz: Die Bayerische Grenzpolizei (bis 31.03.1998). (Nicht mehr online verfügbar.) Bayerische Polizei, archiviert vom Original am 22. April 2021; abgerufen am 21. April 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.polizei.bayern.de
  10. GVBl. 8/2008, S. 149.
  11. Christian Deutschländer: Söder plant dieses Mega-Projekt für Bayern. In: Merkur.de. 19. Januar 2018, abgerufen am 2. Juli 2018.
  12. Uli Bachmeier, Henry Stern: Bayern bekommt eine eigene Grenzpolizei. In: Augsburger Allgemeine. 14. Februar 2018, abgerufen am 2. Juli 2018.
  13. Söder will bayerische Grenzpolizei in Passau stationieren. In: br.de. Bayerischer Rundfunk, 14. Februar 2018, abgerufen am 4. September 2019.
  14. Söder will Bayerns Grenzen mit eigener Polizei schützen. In: welt.de. 14. Februar 2018, abgerufen am 2. Juli 2018.
  15. Passau soll Hauptsitz von Söders geplanter Grenzpolizei werden. In: Süddeutsche Zeitung. 14. Februar 2018, abgerufen am 2. Juli 2018.
  16. Bericht aus der Kabinettssitzung vom 23. März 2018. In: Bayerisches Landesportal. 23. März 2018, abgerufen am 2. Juli 2018.
  17. Festakt: Bayerische Grenzpolizei nimmt heute ihre Arbeit auf. In: Passauer Neue Presse. 2. Juli 2018, abgerufen am 2. Juli 2018.
  18. DER SPIEGEL: Urteil am Verfassungsgerichtshof: Bayerische Grenzpolizei verstößt in Teilen gegen die Verfassung - DER SPIEGEL - Panorama. Abgerufen am 28. August 2020.
  19. PAG: Art. 29 Befugnisse für Aufgaben der Grenzkontrolle und Sicherung von Anlagen - Bürgerservice. Abgerufen am 28. August 2020.
  20. Pressemitteilung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zur Entscheidung
  21. Gesetz über die Bundespolizei (Bundespolizeigesetz - BPolG)§ 2 Grenzschutz. Abgerufen am 29. August 2020.

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Verbandsabzeichen der Bayerischen Grenzpolizei
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Ärmelabzeichen der Landesgrenzpolizei Bayern - Borderpolice (Vorläufer der Bayerischen Grenzpolizei)
Exponat der Sonderausstellung 60 Jahre Bayerische Polizei in Ingolstadt.