Šamši-Adad I.

Šamši-Adad I. oder Schamschi-Adad war König in Obermesopotamien am Ende der altassyrischen Zeit, wo er ein eigenes Reich errichtete. Seine genaue Datierung ist umstritten.

Titel

Šamši-Adad nannte sich als erster Herrscher in Assyrien Šar kiššatim, „König der Gesamtheit“, dem Beispiel Sargons folgend. Weiterhin nannte er sich Statthalter Enlils, šakindEn-líl, der oberste Herr, der LUGAL kurkurra, Herr aller Länder, nach einer Tontafel aus Terqa auch Verkörperung von Dagān und issakku Aššurs.[1]

Geschichte

In der assyrischen Königsliste wird berichtet, dass er der Sohn des Ila-Kabkabi war. Letzterer war ein auch aus anderen Quellen bekannter amurritischer Lokalfürst, dessen Machtzentrum in der Gegend von Terqa oder in Ekallatum vermutet wird. Ila-Kabkabi war zunächst mit Jaggid-Lim von Mari verbündet. Als Jaggid-Lim jedoch Vertragsbruch beging, ging Ila-Kabkabi erfolgreich militärisch gegen ihn vor. Diese Auseinandersetzungen dauerten auch noch unter Jaggid-Lims Nachfolger Jaḫdun-Lim an.

Das Altassyrische Reich unter Šamši-Adad I.

Es ist gemutmaßt worden, dass dieser Konflikt der Grund für die Flucht Šamši-Adads nach Babylon und der Impuls für seine folgenden Eroberungen war. Anderen Vermutungen zufolge war die Einnahme Ekallatums durch Narām-Sin von Ešnunna der Grund hierfür. Die assyrische Königsliste informiert uns über den Gang Šamši-Adads nach Babylon, Gründe nennt sie nicht. Da sein Herkunftsort unbekannt ist, waren Šamši-Adad und sein Vater vielleicht Nomadenführer.

In der Königsliste wird weiter berichtet, dass Šamši-Adad von Babylon aus Ekallatum eroberte, dort drei Jahre herrschte, dann gegen Aššur zog, den dortigen Herrscher Erišum II. absetzte und 33 Jahre lang Assyrien regierte.

Auch in der Folge tat sich Šamši-Adad als Eroberer hervor. So nahm er auch Terqa und den Erzrivalen Mari ein. In einer Inschrift gibt er vor, seine Herrschaft bis an das Mittelmeer ausgeweitet zu haben. Tatsächlich bestand sein Machtbereich jedoch aus Nordmesopotamien, nordöstlichen Gebieten Syriens sowie östlichen Teilen der heutigen Türkei. Zudem schloss er Bündnisse mit anderen Herrschern. Sein Kampf gegen Jamchad, den er gemeinsam mit Qatna ausfocht, blieb jedoch erfolglos.

Dem Kronprinzen Išme-Dagan I. übertrug Šamši-Adad große Verantwortung. Er wurde in Ekallatum als Vizekönig eingesetzt, mit einer Prinzessin aus Qatna verheiratet und musste nicht nur dem aggressiven Nomadenvolk der Turukkäer Paroli bieten, sondern auch Sirukduḫ von Elam und Dāduša von Ešnunna Widerstand leisten. Dieser Koalition konnte er nach dem Tode Šamši-Adads nicht mehr lange standhalten, obgleich er versuchte, die von seinem Vater geerbten Verbindungen zu Babylon zu nutzen und sich an den erstarkenden Hammurabi von Babylon anzulehnen.

Išme-Dagans jüngerer Bruder Jasmaḫ-Adad wurde von Šamši-Adad in Mari als zweiter Vizekönig eingesetzt. Ein großer Teil seiner Korrespondenzen mit seinem Vater ist in den Archiven von Mari geborgen worden. Šamši-Adad ist deshalb eine der am besten bezeugten Personen seiner Epoche. Zimri-Lim konnte Mari und Terqa zum Ende der Regierungszeit Jasmah-Adads wieder zurückerobern.

Bauten

Am älteren Tempel des Gottes Aššur in der gleichnamigen Stadt ließ Šamši-Adad umfangreiche Baumaßnahmen durchführen. Eine Bau-Inschrift des Salmanasser III. vom Assurtempel Ehursakurkurra berichtet: „Als Ehursakurkurra, der Tempel von Aššur, meinem Herrn, den Ušpia, mein Ahne, Priester des Aššur, vor Zeiten erbaut hatte, baufällig geworden war, stellte ihn mein Ahne Erišum I., Priester des Assur wieder her.“ Nach 150 Jahren war der Tempel wiederum baufällig, und Šamši-Adad, Priester des Aššur, stellte ihn wieder her. Danach verstrichen 580 Jahre bis zu einer erneuten Wiederherstellung durch Salmanasser III. Zudem errichtete Šamši-Adad in Aššur dem (von ihm mit Aššur gleichgesetzten) Enlil eine große Zikkurat, wie er schreibt, aus Dankbarkeit dafür, dass der Enlil von Nippur ihn zum Herrscher berufen habe. Dennoch wurde nicht Aššur, sondern Šeḫna seine Residenz, das er symbolträchtig in Šubat-Enlil (akkadisch für „Wohnstatt des Enlil“) umbenannte.

Nach einer in Terqa gefundenen Tontafel renovierte er auch den dortigen Dagan-Tempel.[2]

Chronologie

Unter der Herrschaft von Šamši-Adad wurde vermutlich die assyrische Königsliste zusammengestellt, um seine Herrschaft zu legitimieren. Sie wurde dann unter späteren Herrschern weitergeführt. Die Herrscher 1–17 zeigen teilweise Ähnlichkeiten zu der Genealogie von Ammi-saduqa von Babylon und geht vielleicht auf eine gemeinsame amurritische Überlieferung zurück. Die Herrscher 17–26 der Königsliste stellen die Genealogie Šamši-Adads dar. Šamši-Adad starb nach dem 10. Regierungsjahr des Hammurabi, meist wird das 17. palu angenommen. Der Tod kann daher nach den verschiedenen Chronologien auf die Jahre 1680/1712/1776 v. Chr. datiert werden.

Literatur

  • Barthel Hrouda (Hrsg.): Der alte Orient. Geschichte und Kultur des alten Vorderasien. Bertelsmann, Gütersloh 1991, ISBN 3-570-08578-3.
  • Erich Ebeling, Bruno Meissner u. a. (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie. 15 Bände. de Gruyter, Berlin u. a. 1932–2018, ISBN 3-11-003705-X.
  • Albert Kirk Grayson: Assyrian Royal inscriptions. Band 1: From the beginning to Ashur-resha-ishi I (= Records of the ancient Near East. 1). Harrassowitz, Wiesbaden 1972, ISBN 3-447-01382-6, Doc. 348–377.
  • Wu Yuhong: A Political History of Eshnunna, Mari and Assyria during the early Old Babylonian Period. From the end of Ur III to the death of S̆ams̆i-Adad (= Journal of Ancient Civilizations. (JAC). Supplement. 1 = Periodic Publications on Ancient Civilizations. 2, ZDB-ID 2818771-4). Institute of History of Ancient Civilizations – Northeast Normal University, Changchun China 1994.
  • Michael Lichtenstein (Red.): Texte zum Rechts- und Wirtschaftsleben (= Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge Band 1). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2004, ISBN 3-579-05289-6.
  • Hermann Gasche, Jack A. Armstrong, Steven W. Cole, Vahe G. Gurzadyan: Dating the fall of Babylon. A reappraisal of second-Millennium chronology. (A joint Ghent-Chicago-Harvard project) (= Mesopotamian history and environment. Series 2, Memoirs 4). University of Ghent u. a., Ghent u. a. 1998, ISBN 1-885923-10-4.

Einzelnachweise

  1. Louvre XO 4628; Albert Condamin: Une nouvelle inscription de Šamši-Adad. In: Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete. Band 21, Nr. 1/2, 1908, S. 247–249.
  2. Louvre XO 4628; François Thureau-Dangin, R. P. Dhorme: Cinq jours de fouilles à 'Ashârah (7–11 Septembre 1923). In: Syria. Band 5, Nr. 4, 1924, S. 265–293, hier S. 266, doi:10.3406/syria.1924.3062.
VorgängerAmtNachfolger
Erišum II.Assyrischer König
1808–1776 v. Chr. / 1744–1712 v. Chr. / 1712–1680 v. Chr.
Išme-Dagan I.

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Map of the approximate extension of the kingdom of Samsi-Addu/Shamshi-Adad (1815-1775 BC) just before his death, with the territories given to his sons Ishme-Dagan (around Ekallatum) and Yasmakh-Addu (around Mari). The names of cities in capitals letters are the capitals of the main kingdoms of the Middle East at this time. The names of cities with question mark are for uncertain locations. Adapted from F. Joannès (dir.), Dictionnaire de la civilisation mésopotamienne, Paris, 2001, p. 751 (map by M. Sauvage) and D. Charpin, Hammu-rabi de Babylone, Paris, 2003, p. 306.