Schlacht um Aschaffenburg 1945

Schlacht um Aschaffenburg
Datum25. März bis 3. April 1945
OrtAschaffenburg
AusgangAlliierter Sieg
Konfliktparteien

Deutsches Reich NS Deutsches Reich

Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten

Befehlshaber

Deutsches Reich NS Emil Lamberth

Vereinigte Staaten 48 Robert T. Frederick

Truppenstärke
~8.500 Mann~12.300 Mann
Verluste

~350 Tote
~1.540 Verwundete
~3.500 Gefangene

>20 Tote
>300 Verwundete
22 Panzer

Die Schlacht um Aschaffenburg fand im Verlauf des Zweiten Weltkriegs statt, sie umfasst die Kampfhandlungen im Frontabschnitt zwischen Hanau und Miltenberg und dauerte vom Sonntag, dem 25. März 1945 bis zum Dienstag der übernächsten Woche, dem 3. April 1945. Sie endete mit der Einnahme der unterfränkischen Stadt durch die 12.300 Mann starke 45. US-Infanteriedivision, wobei das 157. US-Infanterieregiment die Hauptlast der Kämpfe trug.[1]

Die Verteidigung der Stadt übernahm zunächst das circa 5.000 Mann starke Kampfkommando Aschaffenburg (KKA) unter dem Oberbefehl des Kampfkommandanten Major Emil Lamberth.

Im gesamten Einsatzgebiet des deutschen LXXXII. Armeekorps, zwischen Hanau und Miltenberg, kämpften insgesamt 33.500 deutsche Soldaten. Diese waren wie folgt verteilt: KKA: 5.000 Mann; 413. Infanterie-Division: 10.000 Mann; 416. Infanterie-Division: 7.000 Mann; 256. Volksgrenadier-Division: 5.000 Mann; 36. Volksgrenadier-Division: 6.500 Mann.

Davon wurden 16.450 Soldaten unmittelbar in und um Aschaffenburg herum eingesetzt: KKA: 5.000 Mann; 413. ID: 3300; 256. VGD: 1650; 36. VGD: 6.500.

Den insgesamt 33.500 Mann des LXXXII. Armeekorps standen auf amerikanischer Seite am 30. März zwischen Hanau und Miltenberg fast 48.000 Mann gegenüber.[2]

Sowohl auf deutscher als auch auf amerikanischer Seite hatte man nicht erwartet, dass die „Festung“ Aschaffenburg so lange aushält.[3]

Vorgeschichte

Nachdem im Herbst 1944 sowohl amerikanische als auch sowjetische Truppen die Reichsgrenzen überschritten hatten, wurde auch in Aschaffenburg der Volkssturm als letztes Mittel der Gegenwehr aufgestellt und am 12. November 1944 vereidigt. Das neu gebildete Volkssturmbataillon 15/1 wurde unter das Kommando des Steuerinspektors Lorenz Junker gestellt und in der Folge durch das Personal der Grenadier-Ersatz-und-Ausbildungs-Bataillons 106 in der Bois-Brûlé-Kaserne ausgebildet.

Zur gleichen Zeit wurde unter Oberstleutnant Ernst Bobisch die Festungsdienststelle Aschaffenburg gebildet. Diese sollte zunächst den Zustand der Wetterau-Main-Tauber-Stellung ermitteln und 106 Bunker im Bereich Aschaffenburg reaktivieren. Allerdings konnten nur wenige Stellungen mit Maschinengewehren bestückt werden, da das dafür vorgesehene Material nicht eintraf. In den darauf folgenden Gefechten dürften die Maschinengewehrstellungen daher keine signifikante Rolle gespielt haben.[4] Die Bunkeranlagen dienten in der Karwoche 1945, das war die Woche vom 26. März bis Ostersonntag, den 1. April 1945, lediglich der vorübergehenden Unterbringung von Mannschaften und Material und hatten kaum Nutzen für die Verteidigung der Stadt.

Die eigentlichen Vorbereitungen zur Verteidigung der Stadt wurden jedoch erst Anfang März ausgelöst, als die Alliierten den Rhein erreichten. Die Stadt wurde am 5. März 1945 per Führerbefehl zur Festung erklärt und der Standortälteste Emil Lamberth zum Kampfkommandanten ernannt. Da sich die 3. und 7. US-Armee weiter Richtung Osten vorkämpften, wurde am 21. März mit dem Stichwort Gneisenau die Garnison der Stadt aus der Zuständigkeit des Ersatzheeres herausgelöst und dem Feldheer unterstellt. Weiterhin war damit die Herstellung der vollen Gefechtsbereitschaft befohlen. Zwei Tage später konnte Lamberths circa 5.000 Mann umfassende Garnison Einsatzbereitschaft melden. Die buntgemischte Truppe, bestehend aus ungarischen Infanteristen, Reserveoffizieren, Volkssturm sowie kaum ausgebildeten Ersatz- und Ausbildungseinheiten, besaß jedoch lediglich 1.700 Gewehre, 32 Maschinengewehre und nur wenige Panzerfäuste und Granatwerfer. Abgesehen davon verfügte sie über keine Panzer oder Panzerabwehrgeschütze.[5][6] Ungeachtet dieser mehr als dürftigen Ausstattung hatte Lamberth Befehl, die Main-Linie zu halten. Ab dem 24. März gingen entlang des Ufers Sperrkompanien in Stellung. Um rasche Flussüberquerungen zu verhindern, sollten bei Aschaffenburg beide Mainbrücken zerstört werden. Außerdem wurden in Mainaschaff, im Schönbusch und am Südrand der Stadt, (zwischen dem Stengerts und dem Floßhafen) Verteidigungsstellungen ausgehoben.

Die US-Armee setzte bei Ebenheid nahe Miltenberg per Fallschirm zwei OSS-Agenten ab, welche sich als tschechische Fremdarbeiter ausgaben und per Anhalter nach Aschaffenburg gelangten. Sie lieferten beeindruckende Berichte aus der zerstörten Stadt.[4]

Verlauf

Beginn der Kampfhandlungen (25. März)

US-Truppen in Darmstadt im März 1945

Nachdem die 3. US-Armee bei Nierstein-Oppenheim den Rhein überquert hatte, stieß sie zügig in Richtung Osten vor und eroberte bereits am 24. März Darmstadt. Am Tag darauf meldete um 9 Uhr das deutsche Kommando aus dem 15 km westlich gelegenen Babenhausen Panzerangriffe von starken US-Kräften, woraufhin Lamberth alle wichtigen und geheimen Dokumente vernichten ließ.[7]

Der Beobachtungsposten auf dem Schloss Johannisburg meldete am späten Vormittag des 25. März (ein Sonntag) erste Panzer auf der Darmstädter Straße westlich von Aschaffenburg. Laut den oben erwähnten OSS-Agenten löste dies bei der Stadtbevölkerung neben allgemeiner Panik überwiegend gemischte Gefühle aus. Einige schienen sich über das nahe Kriegesende zu freuen; andere waren verängstigt, weil sie nicht wussten, was sie erwartete. Die Verteidigungsvorbereitungen wurden von der Zivilbevölkerung augenscheinlich nicht gut aufgenommen.

Die drei anrückenden Panzerbataillone aus der 4. US-Panzerdivision unter Lieutenant Colonel Creighton W. Abrams hatten den Auftrag, die Ludwigsbrücke (heute Willigisbrücke) unbeschädigt einzunehmen. Der Plan schien aufzugehen. Die Panzer wurden zunächst nur mit leichten Waffen beschossen. Als der erste Sherman auf die Brücke fuhr, wurde er jedoch mit Panzerabwehrwaffen zerstört, woraufhin sich die US-Einheiten aus dem Uferbereich zurückzogen.[7]

Parallel dazu rückte die etwa drei Kilometer südlich gelegene Nilkheimer Eisenbahnbrücke in den Fokus der US-Streitkräfte. Der Aufklärungszug der 10. US-Panzerdivision stürmte unter geringem deutschem Feuer die Mainquerung, trennte die Zündkabel der Sprengsätze durch und warf diese in den Main. Dabei erhielten sie von den anrückenden Kräften der 4. US-Panzerdivision Feuerschutz. Anschließend rückten drei Kompanien Infanterie, gefolgt von Halbkettenfahrzeugen, sowie mehreren Panzern des 37. US-Panzerbataillons über die Eisenbahnbrücke vor und errichteten auf der östlichen Mainseite einen Brückenkopf. Bereits gegen 12:30 Uhr gingen die Einheiten weiter gegen die deutschen Stellungen auf dem Bischberg und dem Erbig vor. Der amerikanische Angriff erfolgte so schnell, dass es den Deutschen zunächst nicht gelang die beiden Bauwerke zu sprengen. Erst rund eine Stunde später, um 13:26 Uhr, wurde die stadtnähere Ludwigsbrücke zerstört. Derweil scheiterten alle deutschen Bemühungen, die Nilkheimer Brücke zu sprengen. Am frühen Nachmittag unternahmen Pioniere der Wehrmacht einen Gegenangriff auf den etwa acht Quadratkilometer großen Brückenkopf der US-Armee; dieser wurde zurückgeschlagen. Auch Luftangriffe mit einem neuartigen Messerschmitt-Jagdbomber blieben wirkungslos.

Abrams erkannte die Bedeutung des Brückenkopfes und schickte alle verfügbaren Einheiten in das eroberte Gebiet östlich des Mains. Bereits am Nachmittag versuchten die Amerikaner, den etwas südlich von Aschaffenburg zwischen Feldern gelegenen Stadtteil Schweinheim mit starken Infanterie- und Panzerkräften zu erobern. Dabei wurden sie durch Artillerie unterstützt. Sie scheiterten am starken Widerstand und zogen sich schließlich auf die Stellungen am Erbig, dem Sternberg und dem Bischberg zurück. Bei dem Gefecht verloren die Amerikaner mehrere Panzer und es kam zu erbarmungslosen Mann-gegen-Mann-Kämpfen. Dieser kurze Erfolg der Wehrmacht trug nicht zur Entschärfung der aussichtslosen Lage der Lamberthschen Kräfte bei. Noch vor dem Einbruch der Dunkelheit rückten die westlich des Mains befindlichen Einheiten nordwärts in Richtung Aschaffenburg vor. Verfügbare Einheiten, die nicht auf dem östlichen Mainufer ihre Stellungen bezogen hatten, gingen gegen die isolierten deutschen Stellungen im Park Schönbusch vor. Am Ende des Tages war es ihnen gelungen, die einzige intakte Brücke auf einer Strecke von etwa 90 km zwischen Frankfurt am Main und Miltenberg zu erobern und zu halten – allerdings unter Verlust von vier Panzern und mehreren verletzten und gefallenen Soldaten.

Der Oberbefehlshaber der 7. Armee, General Hans Felber, zeigte sich besorgt über die Lage und reiste nach Aschaffenburg, um mit Lamberth die Lage zu besprechen. Dabei versprach er der isolierten Garnison Unterstützung durch das LXXXII. Armeekorps. Während die Verstärkung herangeführt wurde, bauten die Garnisonskräfte ihre südlichen Stellungen aus. Gleichzeitig forderte der Kampfkommandant von seinen Männern den Kampf bis zum letzten Mann ein. Um dies zu bekräftigen, sickte das NS-Regime zwei NS-Funktionäre nach Aschaffenburg in die Jägerkaserne. Diese fällten als Standgericht im Laufe des neuntägigen Gefechts vierzig Todesurteile.[8]

Taktische Pause und Durchbruch der Task Force Baum (26. März und 27. März)

Beide Seiten erkannten die strategische Bedeutung der Eisenbahnbrücke; die Schlacht um Aschaffenburg entwickelte sich zu einem Brennpunkt der Kämpfe entlang der Mainlinie. Eine operative Pause wurde von beiden Seiten zu Truppenverlegungen genutzt. Einheiten der 4. US-Panzerdivision hatten bislang die Aufgabe gehabt, sich auf den Erhebungen östlich des Flusses einzugraben und Gegenangriffe abzuwehren. Sie hatten aber nicht genug Kampfkraft um Aschaffenburg einzunehmen. Ferner kam es auf Seiten der Amerikaner zu einer Nordverschiebung, weshalb Aschaffenburg ab dem 26. März nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der 3., sondern der 7. US-Armee lag. Die Panzereinheiten sollten daher abgelöst werden und anschließend zu den übrigen Kräften ihrer Division im Raum Hanau (etwa 30 km flussabwärts) aufschließen, um dort erneut den Main zu überschreiten. Auf Seiten der Deutschen wartete man auf das Eintreffen der 8.000 Mann starken 36. Volksgrenadier-Division, um mit den frischen Einheiten den Brückenkopf zurückzuerobern und die Mainlinie zwischen den Gemeinden Kleinostheim, etwa fünf Kilometer nördlich von Aschaffenburg, und Kleinwallstadt, im Süden der Stadt, zu sichern.

Die nur durch kleinere Schusswechsel unterbrochene Ruhe des Tages endete am Abend. General Patton erkannte die Bedeutung des Brückenkopfs für eine von ihm geplante Operation, die seinen Schwiegersohn Lieutenant Colonel John K. Waters aus einem Kriegsgefangenenlager in Hammelburg befreien sollte. Der mit 53 Fahrzeugen, darunter 16 Panzern und 28 Halbkettenfahrzeugen, sowie etwa 300 Infanteristen geführte Angriff begann um 20:30 Uhr mit einem 30-minütigen Artillerieangriff auf die Schweinheimer Stellungen. Der anschließende Angriff der US-Kräfte stieß auf enormen Widerstand. Die deutschen Einheiten interpretierten den US-Vorstoß als Versuch, die Stadt einzukesseln, und schickten daher alle verfügbaren Einheiten in das Gefecht.

Zur Unterstützung der Task Force Baum sollten mehrere US-Teileinheiten die Würzburger Straße und die Schweinheimer Straße freikämpfen. Beim Durchbruch durch Schweinheim verloren die Amerikaner insgesamt sechs Panzer. Die deutschen Stellungen konnten erst nach drei Stunden durchbrochen und der Weg über die 6 km südöstlich von Aschaffenburg gelegene Gemeinde Haibach fortgesetzt werden. Die Kolonne rückte anschließend ohne nennenswerten Widerstand über die Reichsstraßen 8 und 26 nach Hammelburg vor. Erst nachdem die 1.400 Lagerinsassen befreit wurden, erkannte das US-Kommando die aussichtslose Lage. Die meisten US-Soldaten gingen in deutsche Kriegsgefangenschaft; nur sieben Mann kehrten hinter die eigenen Linien zurück.

Auf dem Schlachtfeld um Aschaffenburg kam es am 27. März zu einigen Umgruppierungen der Alliierten: Am Brückenkopf wurden die Panzerdivisionen abgelöst. Der Kommandeur der 45th Infantry Division Major General Robert T. Frederick stellte dem 157. US-Infanterieregiment unter Colonel Walter P. O'Brien die Aufgabe, Aschaffenburg einzunehmen.

Wiederaufnahme der Kampfhandlungen (28. März)

Rheinüberquerungen der US-Truppen: ganz rechts der Brückenkopf an der Frontlinie am 28. März

Bis zum Morgen des 28. März bezogen die letzten Kräfte des 157. US-Infanterieregiments Stellung im Brückenkopf, der schon am Nachmittag mit einem Angriff auf die Obernauer Kolonie vergrößert wurde. Auch die übrigen Einheiten der 45. US-Infanteriedivision verteilten sich am späten Vormittag westlich des Mains zwischen Mainflingen und Großwallstadt. Angesichts dieses Aufmarsches mobilisierten NSDAP-Funktionäre und Kampfkommandant Lamberth die in der Stadt verbliebenen Einwohner und Soldaten für eine Verteidigung "bis zum letzten Mann". Um die Kontrolle zurückzuerlangen, wies die 7. Armee die 416. Infanterie-Division an, das Gebiet der 413. Ersatz-Division zu übernehmen. Besser ausgerüstet und ausgebildet übernahm sie die Führung der bereits im Feld stehenden und der noch eintreffenden kleineren Einheiten.

Unterdessen wurde die Zivilbevölkerung mit dem Hinweis, dass auch die Stadt selbst zum Kampfgebiet werden könnte, zum Verlassen der Stadt aufgefordert. Daher befanden sich Anfang April nur noch rund 3.500 Aschaffenburger Bürger in der Innenstadt.

Die lang erwartete 36. Volksgrenadier-Division traf während dessen in Bessenbach ein und bereitete sich von dort aus auf einen Gegenangriff auf den Brückenkopf vor.

Vorstoß nach Schweinheim und Gegenangriff der 36. Volksgrenadier-Division (29. März und 30. März)

Pontonbrücke der US-Truppen, hier zur Überquerung des Rheins in Worms

In der Nacht auf den 29. März hatten beide Seiten mit kleineren Vorstößen die gegnerischen Linien sondiert. Am Morgen, um 7:30 Uhr, gingen schließlich das zweite und dritte Bataillon des 157. US-Infanterieregiments gegen den Stadtteil Schweinheim vor. Der Angriff des zweiten Bataillons geriet dabei frühzeitig ins Stocken, so dass es um Unterstützung beim 191. US-Panzerbataillon bat, mit dessen Hilfe es den Alliierten schließlich gelang, sich festzusetzen. Bei den zumindest in Kompaniestärke vorgetragenen Gegenangriffen wurde die Wehrmacht laut Schilderung der US-Soldaten durch die Zivilbevölkerung unterstützt und erlitt – bisweilen innerhalb weniger Minuten – erhebliche Verluste in den Häuserkämpfen. Zeitgleich überquerten die Alliierten über eine Pontonbrücke mit weiteren Einheiten den Main.

Der immer wieder hinausgezögerte Angriff der 36. Volksgrenadier-Division begann schließlich in der Nacht vom 29. auf den 30. März. Regimenter der Wehrmacht-Division drangen von Soden und Gailbach aus unter schweren Verlusten in Richtung Obernau vor und machten anfänglich große Gebietsgewinne, bis sie wegen der Übermacht der hinzueilenden Alliierten bis zum Mittag den Rückzug antreten mussten. Ausgelöst dadurch verlegten das 179. und das 180. US-Infanterieregiment zunächst in Richtung Osten und in den folgenden Tagen Richtung Nordosten. Die schwer angeschlagene 36. Volksgrenadier-Division zog sich nach dem misslungenen Angriff weiter in Richtung Südosten zurück.

Die „Festung“ Aschaffenburg war damit von den Kräften des südlich von Obernau positionierten 83. Armeekorps abgeschnitten und drohte, durch Alliierte vollends eingeschlossen zu werden. Die erbarmungslosen Häuserkämpfe im Stadtteil dauerten indes an. Colonel O'Brien schickte daher sein Reservebataillon ins Gefecht. Unterstützt wurden die eingreifenden Soldaten dabei von den 90 Geschütze zählenden Divisionsartillerien der 44. und 45. US-Infanteriedivision. Da sich die Situation nicht entspannte, wurden schließlich alle Geschütze, auch die der Jagdpanzer des 645. US-Panzerjägerbataillons, angewiesen, das Feuer auf den Stadtteil zu eröffnen. Dabei wurden alleine 25 Schuss auf einen Spähposten in der katholischen Kirche Maria Geburt abgefeuert. Bedingt durch den asymmetrischen Widerstand der Deutschen mussten die Amerikaner den Stadtteil Haus für Haus einnehmen. Trotz massiver Luftunterstützung durch das 64. US-Jagdgeschwader (64th Fighter Wing) gegen 18 Uhr gelang den US-Truppen bis zum Ende des Tages nicht, den gesamten Stadtteil unter Kontrolle zu bekommen.

Der Kreis schließt sich (31. März und 1. April)

Nördlich der Stadt überquerten am Samstag, den 31. März die Kräfte der 44. US-Infanteriedivision den Main bei Kleinostheim und rückten nach Süden bis Mainaschaff vor. Während das zweite Bataillon der Alliierten den Südbahnhof in Aschaffenburg einnahm, brach das 157. US-Infanterieregiment bis 17 Uhr den letzten militärischen Widerstand in Schweinheim. Die US-Einheiten versuchten nun handstreichartig die östlich an Schweinheim angrenzende Artillerie- und Bois-Brûlé-Kasernen einzunehmen, mussten die Bemühungen jedoch bereits um 17:30 Uhr abbrechen: Sie zogen sich zunächst zurück und beschossen die Kasernen mit Panzern, Artillerie und Jagdbombern.

Der massive Einsatz von Artilleriegeschützen und Jagdbombern bestimmte auch den Folgetag. Jedes der bis zu acht eingesetzten amerikanischen Artilleriebataillone verschoss allein am Karsamstag 400 Granaten der Kaliber 105 beziehungsweise 155 mm. Hinzu kamen 100 t Bomben, 300 4,5-Zoll-Raketen und 200.000 Schuss 12,7-mm-Maschinengewehr-Munition, die in 176 Jagdbombereinsätzen auf die Stadt herabregneten. Die in der Stadt zurückgebliebenen Einwohner verbrachten die Tage und Nächte daher in ihren Luftschutzkellern. Da Aschaffenburg zu den Luftschutzorten erster Ordnung zählte, hatte es keine staatlichen Hilfen zur Errichtung von Luftschutzeinrichtungen erhalten; es gab nur wenige und kleine Bunkeranlagen.[9]

Der personellen amerikanischen Übermacht und überlegenen Feuerkraft hatten die deutschen Soldaten nur noch wenig entgegenzusetzen. Deutsche Mörsereinheiten beschossen das mittlerweile von amerikanischen Einheiten besetzte Schweinheim mit etwa 1.000 bis 1.500 Granaten. Für einen Gegenangriff standen aber lediglich zwei Panzer zur Verfügung, die sehr schnell abgeschossen waren. Einer der beiden Panzer war von den Alliierten zuvor beim Durchbruch der Task Force Baum erbeutet worden. Trotz der aussichtslosen Lage war Kampfkommandant Lamberth noch nicht gewillt zu kapitulieren. Ein mittags über dem Schloss Johannisburg abgeworfenes Ultimatum blieb unbeantwortet.

Das letzte Hindernis, welches der Einschließung des Stadtzentrums noch entgegen stand, war das zwischen Kernstadt und Schweinheim gelegene Kasernenviertel. Während am Südrand der Stadt heftig gekämpft wurde, umging das 157. US-Infanterieregiment die Kasernen, indem es südöstlich der Stadt über den Stengerts nach Haibach verlegte. Um das Kasernenviertel zu stürmen, feuerten am Ostersonntag (1. April) amerikanische Artilleriegeschütze stundenlang auf die Artilleriekaserne. Ein erster Angriff der K-Kompanie des 3. Bataillons wurde jedoch durch deutsches Maschinengewehrfeuer um 13 Uhr abgewehrt. Anschließend wurde der Angriff durch Panzerverbände vorgetragen, welche die Keller der Kaserne mit Phosphorgranaten beschossen. Dem Häuserkampf im darauffolgenden, zweiten Infanterieangriff konnten die etwa 100 deutschen Verteidiger nicht lange standhalten und mussten sich schließlich geschlagen geben. Auf gleiche Weise wurde bis 17 Uhr die Bois-Brûlé-Kaserne erobert, bevor das Bataillon schließlich, entlang der Würzburger Straße, stadteinwärts Richtung der Lagarde-Kaserne und Jägerkaserne vorrückte.

Derweil ging das 2. Bataillon gegen die Pionierkaserne vor. Diese kontrollierte zwar die stadteinwärts verlaufende Schweinheimer Straße, konnte aber von der südlich gelegenen Schweinheimer Höhe eingesehen und beschossen werden. Die zwei von US-Soldaten auf der Anhöhe in Stellung gebrachten 155-mm-Haubitzen beschossen die Kaserne am Vormittag mit über 100 Granaten. Am Nachmittag war schließlich der größte Teil der Kaserne unter amerikanischer Kontrolle.

Durch die massiven Angriffe häuften sich die Verluste und Ausfälle auf deutscher Seite. Alleine am 1. April gingen über 1.000 Soldaten und Volkssturmmänner in Kriegsgefangenschaft. Die Garnison war von anfänglich 5.000 Mann auf nunmehr 800 Mann geschrumpft und kaum noch zu effektivem und organisiertem Widerstand in der Lage.

Kapitulation der Garnison (2. April und 3. April)

Am Ostermontag fielen die Lagarde- und die Jägerkaserne ebenfalls unter amerikanische Kontrolle. Das letzte Widerstandsnest in der Jägerkaserne kapitulierte schließlich am Nachmittag. Der NSDAP-Kreisleiter Wilhelm Wohlgemuth und die beiden Beauftragten der Parteikanzlei flohen am Nachmittag aus der Stadt in Richtung Johannesberg, unmittelbar bevor es den US-Truppen gelang den Kessel um die Stadt zu schließen.[10]

Am Morgen des 3. April erkannten Lamberth und seine Kommandeure schließlich die Aussichts- und Sinnlosigkeit weiteren Widerstands an. Kurz nachdem die US-Einheiten um 6:30 Uhr den Angriff auf das Stadtzentrum begonnen hatten, entsandte Lamberth einen Parlamentär, um über eine Kapitulation zu verhandeln. Der US-Kommandeur Colonel O'Brien lehnte jede Verhandlung ab. Er verlangte, dass bis 8 Uhr auf allen Türmen des Schloss Johannisburg weiße Fahnen angebracht werden und drohte andernfalls mit der Wiederaufnahme des Angriffs. Um 9 Uhr kapitulierte Lamberth schließlich vor Lieutenant Colonel Felix Sparks, dem Befehlshaber des 3. US-Bataillons des 157. US-Infanterieregiments, und fuhr anschließend durch Aschaffenburg, um seine Entscheidung seinen noch verbliebenen Männern zu verkünden. Gegen 13 Uhr war Aschaffenburg komplett unter der Kontrolle der US-Truppen. Die Wehrmacht berichtete knapp: „Aschaffenburg ging verloren“.[11]

Folgen

Beginn der US-Militärregierung

Unmittelbar nach dem Ende der Schlacht übernahm eine provisorische Militärregierung am Dienstag, den 3. April Aschaffenburg. Mit dem Ende der Kampfhandlungen kehrten im Lauf des Monats auch viele Aschaffenburger wieder zurück in die zerstörte Stadt. Neben den Einheimischen strömten auch viele DPs in die Stadt und wurden zum größten Teil in den leerstehenden Kasernen am Stadtrand untergebracht. Hier bildeten sich, trotz der Militärpräsenz und des schrittweisen Aufbaus einer Polizeibehörde, unbeherrschbare Ghettos und Banden, welche die städtische Bevölkerung ausraubten und terrorisierten. So kam es im Zeitraum von der Kapitulation bis September des gleichen Jahres in der mittelgroßen Stadt zu 18 Morden. Um der Lage Herr zu werden, wurden teilweise Ausgangssperren verhängt.

Zerstörung, Verluste und Gefangene

  • Von den ursprünglich etwa 4.600 Gebäuden in der Stadt waren 1.000 vollständig und weitere 3.000 teilweise zerstört, dazu hatte besonders der Luftangriff am 21. November 1944 beigetragen.
  • Angaben über personellen Verluste gehen weit auseinander. Laut Stadtmüller beliefen sich die amerikanischen Verluste auf etwa 3.000, die deutschen auf 1.620 tote und verwundete Soldaten. Schillare nennt jedoch bei den amerikanischen Verlusten deutlich geringere Zahlen. Er schätzt die US-Verlustzahlen auf mindestens 20 Tote und 300 Verwundete. Dies dürfte jedoch aufgrund der langen Gefechtsdauer und den intensiven Kämpfen viel zu gering liegen.
  • Ferner gingen beim Gefecht am Untermain insgesamt 3.500 deutsche Soldaten in Kriegsgefangenschaft, 2.941 direkt in Aschaffenburg.[10]
  • Weiterhin wurden über 20 amerikanische Panzer abgeschossen oder durch die Deutschen erbeutet.

Weblinks

Literatur

  • Christian Th. Müller, Hans-Bernd-Spies (Hrsg.): Aschaffenburg als amerikanischer Militärstandort, VDS Verlagsdruckerei Schmidt, ISBN 978-3-87965-128-3
  • Quentin W. Schillare: Battle of Aschaffenburg: An Example of Late World War II Urban Combat in Europe. (Masterarbeit, U.S. Army Command and General Staff College, 1989), Digitalisat, Nachdruck bei Biblioscholar.

Einzelnachweise

  1. Quentin W. Schillare: Battle of Aschaffenburg: An Example of Late World War II Urban Combat in Europe. BiblioScholar, 1989, S. 59.
  2. Quentin W. Schillare: Battle of Aschaffenburg: An Example of Late World War II Urban Combat in Europe. BiblioScholar, 1989, S. 60.
  3. Alois Stadtmüller: Aschaffenburg im zweiten Weltkrieg. Hrsg.: Geschichts-und Kunstverein Aschaffenburg. 2. Auflage. 1971, S. 124.
  4. a b Christian Th. Müller: Aschaffenburg als amerikanischer Militärstandort. Hrsg.: Hans-Bernd-Spies. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, ISBN 978-3-87965-128-3, S. 15.
  5. Stadtmüller: Aschaffenburg im zweiten Weltkrieg. Hrsg.: Geschichts-und Kunstverein Aschaffenburg. 2. Auflage. 1971, S. 153.
  6. Quentin W. Schillare: Battle of Aschaffenburg: An Example of Late World War II Urban Combat in Europe. Biblioscholar, 1989, S. 53 und 63.
  7. a b Quentin W. Schillare: Battle of Aschaffenburg: An Example of Late World War II Urban Combat in Europe. BiblioScholar, 1989, S. 79.
  8. sehr wahrscheinlich ein fliegendes Standgericht der Wehrmacht, bei dem ein Major namens Erwin Helm Gerichtsherr war und Bruno Bähr Vorsitzender des Standgerichts. Siehe auch Elisabeth Kohlhaas: Schrankenlose Willkür Die Hinrichtung des Leutnants Adalbert Kapperer am 20. April 1945
  9. Quentin W. Schillare: Battle of Aschaffenburg: An Example of Late World War II Urban Combat in Europe. BiblioScholar, 1989, S. 121 f.
  10. a b Klaus Gast: An Ostern tobte die Schlacht um »Festung Aschaffenburg«. Main - Echo, 2. April 2015, abgerufen am 5. November 2017.
  11. Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab), Lagebuch 3. April 1945. In: Percy Schramm (Hrsg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, 1944–1945, Teilband II. München 1982, ISBN 3-88199-073-9, S. 1220.

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National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
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US Army crossing the Rhine River on pontoon supported treadway bridge at Worms, March, 1945