Ry Cooder

Ry Cooder (2009)

Ryland Peter „Ry“ Cooder (* 15. März 1947 in Los Angeles) ist ein US-amerikanischer Gitarrist, Sänger, Komponist und Produzent. Seine weltweite Bekanntheit verdankt er unter anderem seinem außergewöhnlichen Spiel als Slide-Gitarrist.

Leben und musikalischer Werdegang

Cooder spielte als Sideman unter anderem für Taj Mahal, in dessen erster Band Rising Sons er als Gründungsmitglied schon 1965/66 mitgewirkt hatte, und die Rolling Stones.[1] Bei zwei Stücken des Albums Safe as Milk (1967) von Captain Beefheart & His Magic Band war er als Arrangeur tätig und spielte die Slide-Gitarre ein, bevor er ab 1970 Soloalben aufzunehmen begann. Auf diesen Alben bot Cooder eine stilistische Bandbreite von beeindruckender Qualität. Bereits als Fünfzehnjähriger erlernte er das Spielen mit dem Bottleneck und gilt bis heute als einer der besten Slide-Gitarristen. Ry Cooder benutzt zum Slide-Spiel vor allem einen eigens dafür präparierten Knochen.[2] Er beherrscht eine Vielzahl von Saiteninstrumenten (Mandoline, Saz und Bajo Sexto). Der große kommerzielle Durchbruch blieb ihm jedoch verwehrt, auch weil er mit seiner eklektizistischen Liedauswahl nicht unbedingt den Hörgewohnheiten eines Massenpublikums entsprach. Unter anderem ließ er sich von einem männlichen Vokaltrio begleiten und arrangierte alte Jazzstandards neu. Als eines der besten Alben gilt Chicken Skin Music (1976, mit dem Tex-Mex-Akkordeonisten Flaco Jiménez und dem hawaiischen Gitarristen Gabby Pahinui), auf dem eine Version des Klassikers Stand by Me in einem Gospel-Arrangement zu hören ist. Das zwei Jahre zuvor erschienene Album Paradise and Lunch, das mit Ditty Wah Ditty als Höhepunkt eine Kollaboration mit dem Pianisten Earl Hines enthält, stand dem jedoch kaum nach. Mit Bop Till You Drop spielte Cooder 1979 das erste digital aufgenommene Album der Rockgeschichte ein.

Seit den 1980er Jahren konzentrierte sich Cooder auf die Komposition von Soundtracks verschiedener Genres, mit denen er auch kommerziell recht erfolgreich war. Dabei griff er in der Regel auf seine bewährten Begleitmusiker (u. a. Jim Keltner) zurück. Am bekanntesten wurde der Soundtrack zum Wenders-Film Paris, Texas, den er mit Jim Dickinson einspielte. Die Filmmusiken zu dem Western The Long Riders (mit David Lindley) und zur Blues-Geschichte Crossroads, eine Kooperation mit den Blueslegenden Sonny Terry und Brownie McGhee, vermitteln einen Eindruck von seiner stilistischen Bandbreite. Bis heute hat Cooder mehr als zwanzig Filmmusiken komponiert. Als Studiomusiker begleitete er eine Reihe namhafter Künstler wie Gordon Lightfoot, die Rolling Stones (Love in Vain, Sister Morphine), Eric Clapton, Bob Dylan, Van Morrison (Full Force Gale), Randy Newman, Steve Ripley (The Tractors), Pops und Mavis Staples sowie John Lee Hooker. Cooder engagierte sich bereits früh regelmäßig in Weltmusik-Projekten, lange bevor sich diese zu einem eigenständigen Stil entwickelt haben. So spielte er 1974 zwei Platten mit Musikern aus Hawaii unter Federführung des bekannten einheimischen Musikers Gabby Pahinui ein. Cooder beteiligte sich 1979 auch am No-Nukes-Konzert im Madison Square Garden in New York, bei dem sich Künstler, unter ihnen auch Bruce Springsteen, Little Steven und Jackson Browne, gegen die zivile und militärische Nutzung der Kernenergie engagierten. 1992, nachdem die Musiker bereits auf dem Hiatt-Album Bring the Family zusammengespielt hatten, gründete Cooder mit John Hiatt, Nick Lowe und Jim Keltner die Band Little Village. Die Gruppe veröffentlichte allerdings nur ein Album.

Obwohl er schon früh vom Blues beeinflusst wurde (zu seinen Vorbildern gehörten vor allem John Fahey und Robert Johnson), machte er sich einen Namen mit der Wiederbelebung der Traditionen der Weltmusik, einem Konzept, das seinerzeit völlig neu war. Er widmete sich der Country- und Folkmusik, dem Calypso, hawaiischer Musik, Gospel, Salsa, Jazz, Ragtime und Vaudeville. Dabei kreuzten sich seine Wege immer wieder mit denen der Chieftains, die sich ähnlich wie er für Strömungen der Weltmusik interessieren.

Ab den frühen 1990er Jahren arbeitete Cooder verstärkt mit Musikern aus anderen Kulturen, so aus Indien, Afrika (zum Beispiel mit dem aus Mali stammenden Ali Farka Touré) und Südamerika. Für seine Arbeit mit dem indischen Gitarristen Vishwa Mohan Bhatt erhielt er 1994 einen Grammy. Besonders erfolgreich war das Projekt Buena Vista Social Club, in welchem von Juan de Marcos González ausgesuchte kubanische Musiker spielten und den fast in Vergessenheit geratenen historischen Musikstil des kubanischen Son zu neuem Leben erweckten. Daraus entstanden dann der gleichnamige Dokumentarfilm (Regie: Wim Wenders) und zahlreiche Platten unter den Namen der beteiligten Musiker. Auch sein Sohn Joachim Cooder gehörte der Band an. Um den Beginn der 2010er-Jahren hatte seine Musik als besonderen Schwerpunkt den Protest gegen Politiker, Banker oder Bodenspekulanten zum Inhalt. 2018 kehrte er wieder verstärkt zum Gospel zurück.[3]

Einfluss

Keith Richards von den Rolling Stones gibt an, dass er die für ihn typische Offene G-Stimmung der Gitarre durch Ry Cooder erlernt habe.[4]

Diskografie

Studioalben

JahrTitelHöchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[5]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE AT CH UK US
1972Into the Purple ValleyUK
Silber
Silber
UK
US113
(8 Wo.)US
Erstveröffentlichung: Januar 1972
1974Paradise and LunchUK
Silber
Silber
UK
US167
(6 Wo.)US
Erstveröffentlichung: Mai 1974
1976Chicken Skin MusicUS177
(5 Wo.)US
Erstveröffentlichung: Oktober 1976
1977ShowtimeUS158
(5 Wo.)US
Erstveröffentlichung: August 1977
1979Bop till You DropUK36
Silber
Silber

(9 Wo.)UK
US62
(15 Wo.)US
Erstveröffentlichung: August 1979
1980BorderlineUK35
Gold
Gold

(6 Wo.)UK
US43
(16 Wo.)US
Erstveröffentlichung: Oktober 1980
1982The Slide AreaUK18
(12 Wo.)UK
US105
(7 Wo.)US
Erstveröffentlichung: April 1982
1987Get RhythmUK75
Silber
Silber

(3 Wo.)UK
US177
(12 Wo.)US
Erstveröffentlichung: November 1987
2005Chávez RavineDE76
(5 Wo.)DE
AT52
(3 Wo.)AT
CH42
(3 Wo.)CH
UK35
(3 Wo.)UK
US149
(2 Wo.)US
Erstveröffentlichung: 7. Juni 2005
2007My Name Is BuddyDE72
(2 Wo.)DE
AT64
(2 Wo.)AT
CH70
(1 Wo.)CH
UK41
(3 Wo.)UK
US168
(1 Wo.)US
Erstveröffentlichung: 2. März 2007
2008I, FlatheadDE74
(1 Wo.)DE
UK84
(1 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: 20. Juni 2008
2011Pull Up Some Dust and Sit DownDE66
(1 Wo.)DE
AT74
(1 Wo.)AT
CH64
(1 Wo.)CH
UK26
(3 Wo.)UK
US123
(1 Wo.)US
Erstveröffentlichung: 30. August 2011
2012Election SpecialDE38
(2 Wo.)DE
CH44
(3 Wo.)CH
UK41
(1 Wo.)UK
US164
(1 Wo.)US
Erstveröffentlichung: 17. August 2012
2018The Prodigal SonDE17
(2 Wo.)DE
AT14
(2 Wo.)AT
CH7
(6 Wo.)CH
UK10
(2 Wo.)UK
US161
(1 Wo.)US
Erstveröffentlichung: 11. Mai 2018

grau schraffiert: keine Chartdaten aus diesem Jahr verfügbar

Gemeinschaftsalben

JahrTitelHöchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[5]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE AT CH UK US
1985Paris, TexasCH16
(6 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: Februar 1985
1994Talking TimbuktuCH23
(12 Wo.)CH
UK44
Silber
Silber

(3 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: 29. März 1994
mit Ali Farka Touré
2003Mambo SinuendoDE29
(7 Wo.)DE
AT32
(9 Wo.)AT
CH45
(6 Wo.)CH
UK40
(2 Wo.)UK
US52
(8 Wo.)US
Erstveröffentlichung: 28. Januar 2003
mit Manuel Galbán
2010San PatricioUK93
(2 Wo.)UK
US37
(5 Wo.)US
Erstveröffentlichung: 9. März 2010
mit The Chieftains
2012Delta TimeAT31
(4 Wo.)AT
Erstveröffentlichung: 21. September 2012
mit Hans Theessink & Terry Evans
2013At The Great American Music HallCH96
(1 Wo.)CH
Erstveröffentlichung: 6. September 2013
mit Corridos Famosos
2022Get on Board – The Songs of Sonny Terry & Brownie McGheeDE13
(2 Wo.)DE
AT19
(3 Wo.)AT
CH2
(5 Wo.)CH
UK55
(1 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: 22. April 2022
mit Taj Mahal

Weitere Alben

Singles

JahrTitel
Album
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[5]
(Jahr, Titel, Album, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE AT CH UK US
1988Get Rhythm
Get Rhythm
UK93
(2 Wo.)UK
Erstveröffentlichung: April 1988

Auszeichnungen für Musikverkäufe

Platin-Schallplatte

  • Australien Australien
    • 2000: für das Album Bop till You Drop
    • 2000: für das Album Buena Vista Social Club

Anmerkung: Auszeichnungen in Ländern aus den Charttabellen bzw. Chartboxen sind in ebendiesen zu finden.

Land/RegionAus­zeich­nung­en für Mu­sik­ver­käu­fe
(Land/Region, Auszeichnungen, Verkäufe, Quellen)
Silber Gold PlatinVer­käu­feQuel­len
 Australien (ARIA)0! S0! G 2× Platin2140.000aria.com.au
 Vereinigtes Königreich (BPI) 6× Silber6 Gold1 Platin1760.000bpi.co.uk
Insgesamt 6× Silber6 Gold1 3× Platin3

Auszeichnungen

Grammy

  • als „Performing Artist“
    • 1988: Best Recording for Children („Pecos Bill“)
    • 1993: Best World Music Album („A Meeting by the River“)
    • 1994: Best World Music Album („Talking Timbuktu“)
    • 1997: Best Tropical Latin Performance („Buena Vista Social Club“)
    • 2003: Best Pop Instrumental Album („Mambo Sinuendo“)
  • als Produzent
    • 2003: Best Traditional Tropical Latin Album („Buenos Hermanos“)

Der Rolling Stone listete Cooder 2011 auf Rang 31 der 100 größten Gitarristen aller Zeiten. In einer Liste aus dem Jahr 2003 hatte er Rang acht belegt.[6][7]

Bibliografie

  • Los Angeles Stories (City Lights, San Francisco 2011), ISBN 978-0-87286-519-8; dt. "Auf den Straßen von Los Angeles" (Edition Tiamat, Berlin 1991), ISBN 978-3-89320-164-8.

Trivia

Cooder verletzte sich mit 4 Jahren beim Spielen mit einem Messer sein linkes Auge, welches deshalb durch eine Augenprothese ersetzt werden musste.[8]

Literatur

  • Fred Metting, The Unbroken Circle. Tradition and Innovation in the Music of Ry Cooder and Taj Mahal (= American Folk Music and Musicians, Band 5), Boston (Scarecrow Press) 2001, ISBN 0-8108-3818-4.
  • Felix Hofmann: Blues For a Migrant Worker. In: Filmkritik, Nr. 246 vom Juni 1977.
  • Siegfried Schmidt-Joos, Barry Graves: Rock-Lexikon. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1973, 2. Auflage 1975, Neudruck 1978, ISBN 3-499-16177-X, S. 96.

Weblinks

Commons: Ry Cooder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Musikbeispiele

Einzelnachweise

  1. Influences of the Rolling Stones Roots. Abgerufen am 19. August 2020.
  2. Wieland Harms: The Unplugged Guitar Book. 20 der schönsten Songs für Akustikgitarre. Gerig Music, ISBN 3-87252-249-3, S. 34–39 (Wish You Were Here), hier: S. 35.
  3. Eric Facon: Wenn Ry Cooder zum Gospel heimkehrt, träumen wir gerne von einer besseren Welt. In: Neue Zürcher Zeitung. 30. Mai 2018, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 12. Dezember 2023]).
  4. Excerpts from Keith's book 'Life' serialized in The London Times, #2. Abgerufen am 19. August 2020.
  5. a b c Chartquellen: DE AT CH UK US
  6. 100 Greatest Guitarists of All Time. Rolling Stone, 18. Dezember 2015, abgerufen am 8. August 2017 (englisch).
  7. 100 Greatest Guitarists of All Time – David Fricke’s Picks. Rolling Stone, 2. Dezember 2010, abgerufen am 8. August 2017 (englisch).
  8. Ry Cooder - Munzinger Biographie. Abgerufen am 12. Dezember 2023.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of Switzerland within 2to3.svg
Die quadratische Nationalfahne der Schweiz, in transparentem rechteckigem (2:3) Feld.
Flag of the United Kingdom.svg
Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
Flag of the United Kingdom (3-5).svg
Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
Silver record icon.svg
Autor/Urheber: NikNaks, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Silver record icon
Gold record icon.svg
Gold record icon. use it with |class=noviewer to avoid fullscreen display in Media Viewer.
Platinum record icon.svg
Autor/Urheber: NikNaks, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Platinum record icon. use it with |class=noviewer to avoid fullscreen display in Media Viewer.
Flag of Australia (converted).svg

Flag of Australia, when congruence with this colour chart is required (i.e. when a "less bright" version is needed).

See Flag of Australia.svg for main file information.
Ry Cooder playing.jpg
Autor/Urheber: Dani Canto, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Ry Cooder playing guitar with his famous slide in 2009