Lockheed D-21

D-21
Lockheed D-21
Typunbemanntes Spionageflugzeug
Entwurfsland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

HerstellerLockheed
Erstflug5. März 1966
Indienststellung1969
Stückzahl38

Die D-21 war ein überschallschnelles, unbemanntes Aufklärungsflugzeug des US-amerikanischen Herstellers Lockheed.[1][2]

Geschichte

Nach dem Abschuss von Gary Powers U-2 am 1. Mai 1960 suchte die CIA nach neuen Möglichkeiten, Aufklärung tief in fremdem Staatsgebiet zu betreiben. 1962 wurde Lockheed mit einer Studie für eine schnell und hoch fliegende Drohne beauftragt. Der damalige Chefkonstrukteur, Kelly Johnson, griff dafür auf Erkenntnisse und Komponenten des A-12-Programms zurück und präsentierte schließlich den Entwurf der D-21.[3] 1963 wurde dem Projekt der Codename Tagboard gegeben. Flugtests auf dem Rücken einer M-21 begannen am 22. Dezember 1964, der erste freie Flug erfolgte schließlich am 5. März 1966 vom geheimen Stützpunkt Groom Lake.[4][5]

Konstruktion

Die D-21 lehnt sich in vielen Aspekten stark an den Entwurf der A-12 an. Sowohl die Ausführung des Flügels in Doppeldeltakonfiguration als auch die Maßnahmen zur Reduzierung der Radarsignatur waren stark an die A-12 angelehnt. Um die Drohne für den Flug bei hohen Geschwindigkeiten zu optimieren, wurde auf eine Eigenstartfähigkeit verzichtet und ein Ramjettriebwerk für den Antrieb ausgewählt. Um die für den Triebwerksstart erforderlichen hohen Geschwindigkeiten zu erreichen, sollte die M-21, eine Variante der A-12, die Drohne huckepack auf Geschwindigkeit und Höhe bringen und an der Grenze des gegnerischen Luftraumes starten.[3] Die zwei gebauten M-21 unterschieden sich nur geringfügig von der A-12, so besaßen sie ein zweites Cockpit für einen Systemoperateur und einen Pylon zum Transport der D-21, der auch Treibstoffleitungen zum Tank der Drohne aufnahm. „M“ stand in den Flugzeugbezeichnungen für „Mother“ (Mutter) und „D“ für „Daughter“ (Tochter).[6]

Der Autopilot führte das Fluggerät entlang einer mittels Wegpunkten programmierten Route. Die Navigation erfolgte auf inertialer Basis. Zur Aufklärung stand als Nutzlast lediglich eine hochauflösende Kamera zur Verfügung, die an der Unterseite befestigt war.[7]

D-21 huckepack auf einer M-21

Die D-21 war nur für eine einzige Mission vorgesehen. Das Ende der Flugroute wurde in ein vordefiniertes Seegebiet gelegt. Dort sollte die D-21 das Modul mit der Kamera und dem Autopiloten ausstoßen und sich kurz darauf selbst zerstören. Eine entsprechend umgerüstete C-130 sollte das an einem Fallschirm zur Erde sinkende Paket noch in der Luft einfangen. Das Modul war abgedichtet, damit man es mit einem Schiff aus der See hätte bergen können.[3]

Beim vierten Flugversuch geriet die D-21 bei der Separation in das Leitwerk ihres Trägerflugzeugs. Beide Luftfahrzeuge wurden dabei zerstört und ein Besatzungsmitglied der M-21 kam ums Leben.[8][2] Daraufhin wurde die D-21 so modifiziert, dass sie unter dem Flügel einer B-52H auf Höhe gebracht und schließlich mittels eines Raketenboosters auf die erforderliche Startgeschwindigkeit beschleunigt werden konnte. Die 17 Flüge mit dieser neuen Kombination fanden von September 1967 bis März 1971 im Rahmen des Programms Senior Bowl statt.[9]

Nutzung

Insgesamt führte die D-21 vier Flüge im operationellen Betrieb durch. Ziel aller Flüge war das Kernwaffentestgelände Lop Nor in China:[3]

  • Bei der ersten Mission am 9. November 1969 erreichte die Drohne ihr Zielgebiet und konnte die Nuklearanlagen fotografieren. Sie kehrte aufgrund einer Fehlfunktion des Navigationssystems jedoch nicht um und landete ohne große Beschädigungen (so war die Aufklärungselektronik unzerstört) schließlich in der Sowjetunion in der Nähe von Arqalyq und wurde von einem Hirten gefunden. Während der Bergung mit einem Mil Mi-6 zerbrach die D-21 in Einzelteile. Die Überreste wurden nach Ramenskoje gebracht und vom OKB Tupolew analysiert. Der geplante Bau einer Kopie der D-21 unter der Bezeichnung Tupolew Woron wurde nicht realisiert.[10]
  • Beim zweiten Flug am 16. Dezember 1970 kehrte die D-21 erfolgreich von Lop Nor zurück, jedoch versagte der Fallschirm und das Bildmaterial ging im Meer verloren.
  • Von der dritten Mission am 4. März 1971 kehrte die Drohne mit Bildern aus dem Zielgebiet zurück; der Versuch, die Kapsel mit den Bildern in der Luft aufzunehmen, misslang jedoch. Ein Schiff der Navy, das die im Meer schwimmende Kapsel anschließend bergen sollte, überfuhr diese, worauf sie sank.
  • Am 20. März 1971 stürzte eine D-21 bei ihrer vierten Mission über chinesischem Gebiet ab. Das Wrack wurde von den chinesischen Behörden geborgen.

Nach vier fehlgeschlagenen Missionen stellte die CIA das Programm 1971 schließlich ein. Die restlichen gebauten Drohnen wurden zunächst eingelagert und später an Museen abgegeben.[11]

Technische Daten

KenngrößeDaten[3][7]
Länge12,8 m
Spannweite5,79 m
Höhe2,14 m
Startmasse5000 kg
Höchstgeschwindigkeit3560 km/h
Dienstgipfelhöhe29000 m
Reichweite5550 km
Triebwerkein Marquardt RJ43-MA-20S4 (6,7 kN Schub)

Siehe auch

Literatur

  • James C. Goodall, Nora D. Goodall: Senior Bowl – Lockheed D-21. In: International Air Power Review Volume 3, 2002, S. 106–119.

Weblinks

Commons: Lockheed D-21 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Lockheed D-21B. In: Fact Sheets. National Museum of the United States Air Force, 9. Oktober 2015, abgerufen am 8. Dezember 2017 (englisch).
  2. a b Directory of U.S. Military Rockets and Missiles: Lockheed D-21 Tagboard. Abgerufen am 19. Februar 2013.
  3. a b c d e D-21 Drone – Tagboard / Senior Bowl. In: spyflight.co.uk. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. November 2012; abgerufen am 19. Februar 2013.
  4. Dennis R., Jenkins: Lockheed Secret Projects: Inside the Skunk Works. 2001, ISBN 0-7603-0914-0, S. 52.
  5. Peter W. Merlin: Blackbird Facts. Abgerufen am 16. Oktober 2014.
  6. David Donald: Black Jets. AIRtime Publishing, Norwalk, Conn. 2003, ISBN 1-880588-67-6, S. 139
  7. a b AMARCExperience.com: Lockheed D-21 Drone. Abgerufen am 19. Februar 2013.
  8. WVI: Loss of M-21 and D-21 On 30 July 1966. Abgerufen am 19. Februar 2013.
  9. Goodall, 2002, S. 118.
  10. The Museum of Flight: Lockheed D-21B Drone. Abgerufen am 19. Februar 2013.
  11. Museum of Aviation: LOCKHEED D-21B UNMANNED AERIAL VEHICLE (UAV). Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2015; abgerufen am 19. Februar 2013.

Auf dieser Seite verwendete Medien

B-52 with D-21.jpg
A B-52 carrying a D-21 reconnaisance drone and rocket booster. This photo was taken by a crewman in the tail of a tanker aircraft.
D-21 Booster Launch.jpg
A D-21 launches from its B-52 carrier aircraft, using a massive rocket booster to accelerate it to a high enough speed for its ramjet engine to operate. Photograph was most likely taken by a crewman in the B-52 that launched the drone. The D-21 program was top secret at the time, ruling out the possibility of a civilian taking the picture.
B-52 with two D-21s.jpg
A B-52 carrying two D-21 reconnaisance drones. Photo was most likely taken by the same crewman who photographed the plane while it was refueling.
LockheedM21-D21.jpg
Lockheed M-21 mit der Drohne D-21 (Project Tagboard)
Lockheed M-21 with D-21 drone in flight c1965.JPEG

A U.S. Air Force Lockheed M-21 (s/n 60-6940) carrying a D-21 drone. In 1963-64 the Lockeed A-12s 60-6940 and 60-6941 were converted to drone carriers for the D-21 drone. Flight testing took place starting 22 December 1964 until 60-6941 was destroyed during the second launch on 30 July 1966. 60-6940 was retired to the MASDC as AF0009 on 15 May 1977. It is today on display

at Museum of Flight, Seattle, Washington (USA) with a D-21 drone.