Enigma-M

Mit der Seriennummer M 522 und aus dem Jahr 1934 stammend, ist dieses Exponat die vermutlich älteste erhaltene Marine-Enigma.[1]

Bei den Enigma-M (auch genannt: Enigma M, Schlüssel M oder Marine-Enigma) handelt es sich um Modelle der Rotor-Schlüsselmaschine Enigma, die von der deutschen Reichsmarine ab 1934 zur Verschlüsselung ihres Nachrichtenverkehrs eingesetzt wurden. Im Wesentlichen gab es vier verschiedene Marine-Enigmas, nämlich die Modelle M1, M2, M3 und schließlich 1942 die M4.

Geschichte

Nach Indienststellung der Enigma I durch das Reichsheer der Weimarer Republik zum 1. Juni 1930[2] folgte die Reichsmarine des Deutschen Reichs im Jahr 1934 mit der Enigma-M1. Ein Jahr später, zum 1. Juni 1935, wurden die deutschen Seestreitkräfte in Kriegsmarine umbenannt. Im Jahr 1938 führte das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM) die Enigma-M2 ein und ein Jahr später die Enigma-M3.[3] Schließlich mitten im Krieg, am 1. Februar 1942, erfolgte die Indienststellung der M4.

Enigma-M1

Der Walzensatz enthält drei austauschbare und rotierende Walzen, die jeweils 26 Drehstellungen einnehmen können, die bei den Marine-Enigmas durch A bis Z gekennzeichnet waren (im Gegensatz zu 01 bis 26 bei den von Heer und Luftwaffe benutzten Enigma-Maschinen).
Die durch die römische Zahl VI gekennzeichnete Walze wurde exklusiv von der Marine verwendet.

Die Enigma M1 ist konzeptionell nahezu identisch zur meistverwendeten Enigma I, die vor und während des Zweiten Weltkriegs zu Zehntausenden von den Achsenmächten eingesetzt wurde. Beide Modelle (Enigma I wie Enigma M1) enthalten drei austauschbare rotierende Walzen sowie eine nichtrotierende Umkehrwalze (UKW). Während für die Enigma I zunächst nur drei Walzen zur Auswahl standen (I bis III) und ab dem 15. Dezember 1938,[4] mit Inbetriebnahme der Walzen IV und V, dann fünf Walzen, verfügte die M1 von Anfang an über ein Sortiment von sechs unterschiedlichen Walzen (I bis VI), von denen drei in die Maschine eingesetzt wurden. Damit war die Marine-Enigma kryptographisch etwas stärker, denn hier gab es 6·5·4 = 120 mögliche Walzenlagen, im Gegensatz zu den nur 5·4·3 = 60 Lagen der Enigma I.

Ein wichtiger Unterschied der Walze VI im Vergleich zu den fünf anderen Walzen sind die zwei Übertragskerben im Gegensatz zu den jeweils nur einer Übertragskerbe bei den Walzen I bis V. Ein nebensächliches Unterscheidungsmerkmal ist die Kennzeichnung der 26 Walzenstellungen und der Stecker des Steckerbretts. Während bei der Enigma I die Walzen mithilfe von Zahlen (01 bis 26) markiert sind, bevorzugte die Marine hierzu Buchstaben (A bis Z). Umgekehrt verhält es sich bei den Steckbuchsen. Diese sind bei der Enigma I durch Buchstaben und bei der Enigma M durch Zahlen, gelegentlich auch (redundant) durch Zahlen und Buchstaben (ähnlich der QWERTZ-Reihenfolge) gekennzeichnet. Die Stecker selbst waren ein wenig länger als bei der Enigma I. und es gab noch einige geringfügige konstruktive Unterschiede, die die kryptographische Kompatibilität der Modelle nicht beeinträchtigten, vorausgesetzt, es kamen nur die Walzen I bis V (und nicht die Walze VI) zum Einsatz.

Enigma-M2

Im Jahre 1938 führte die Kriegsmarine die Enigma-M2 ein. Neben einigen konstruktiven Details ist der Hauptunterschied zur M1 die im Walzensortiment zusätzlich zur Auswahl stehende siebte Walze (VII). Damit erhöht sich die Anzahl der möglichen Walzenlagen von 6·5·4 = 120 auf 7·6·5 = 210. Im Gegensatz zur M1 wurden die Steckbuchsen nicht mehr in der QWERTZ-Reihenfolge beschriftet, sondern nun die gewöhnliche alphabetische Sortierung gewählt. Außerdem wurden zwei weitere Buchsen hinzugefügt, die zum Test der Steckerkabel genutzt werden konnten.

Enigma-M3

Das Steckerbrett dieser M3 ist (redundant) durch Buchstaben und Zahlen gekennzeichnet (A1 bis Z26).
Gut zu erkennen ist bei dieser Marine-Enigma die numerische Kennzeichnung (1 bis 26) der Buchsen des Steckerbretts.

Im Jahre 1940 folgten ca. 800 Stück der neuen Enigma-M3. Die M3 verfügte zusätzlich über eine achte Walze (VIII), wodurch die Anzahl der theoretisch möglichen Walzenlagen noch einmal, nun auf 8·7·6 = 336 erhöht wurde. Allerdings galt die Vorschrift, dass stets mindestens eine der drei exklusiven Marine-Walzen (VI, VII oder VIII) eingesetzt werden musste. Diese zeichneten sich im Gegensatz zu den übrigen Walzen (I bis V) durch zwei Übertragskerben aus und wurden daher als kryptographisch besonders stark und unverzichtbar eingeschätzt. Durch diese Maßnahme wurde jedoch die Anzahl der theoretisch möglichen Walzenlagen nicht ausgeschöpft.

Außerdem gab es einige konstruktive und technische Detailänderungen, wie ein neu hinzugefügter 220-V-Anschluss, kryptographisch jedoch keine Änderungen zur M2. Dies änderte sich erst bei der M4, die kryptographisch wesentlich stärker war als alle ihre Vorläufer. Als zusätzliche physische Sicherheit war der Zugang zu den Rotoren absperrbar, da bei der Marine die Schlüsselarbeit arbeitsteilig erfolgte.

Enigma-M4

Chronologie

Die folgende Tabelle listet Fertigungsjahre, Seriennummern (Ser.-Nr.), Stückzahlen und Modellbezeichnungen der von 1934 bis 1941 hergestellten Marine-Enigmas auf.[5]

JahrSer.-Nr.AnzahlModell
1934M501–M901401M1
1935M902–M96160M1a
1937M962–M1111150M1a
1938M1112–M1421310M2
1939M1422–M2001580M2a, M3
1940M2002–M2801800M3
1941M2802–M38121011M4

Literatur

  • Heinz Ulbricht: Die Chiffriermaschine Enigma – Trügerische Sicherheit. Ein Beitrag zur Geschichte der Nachrichtendienste. Dissertation Braunschweig 2005, tu-bs.de (PDF; 4,7 MB)
  • Friedrich L. Bauer: Entzifferte Geheimnisse. Methoden und Maximen der Kryptologie. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2000, ISBN 3-540-67931-6.
  • Louis Kruh, Cipher Deavours: The Commercial Enigma – Beginnings of Machine Cryptography. In: Cryptologia, Vol. 26(1), Januar 2002, S. 1. apprendre-en-ligne.net (PDF; 0,8 MB) abgerufen am 3. April 2017.
  • Friedrich L. Bauer: Historische Notizen zur Informatik. Springer, Berlin 2009, ISBN 3-540-85789-3.
  • Ralph Erskine, Frode Weierud: Naval Enigma – M4 and its Rotors. In: Cryptologia, 11:4, S. 235–244, doi:10.1080/0161-118791862063

Weblinks

Commons: Enigma M1 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Enigma M3 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. The world’s oldest naval ENIGMA. (Memento vom 13. Januar 2017 im Internet Archive) (englisch). Abgerufen am 3. April 2017.
  2. Louis Kruh, Cipher Deavours: The commercial Enigma – Beginnings of machine cryptography. Cryptologia, Rose-Hulman Institute of Technology, Taylor & Francis, Philadelphia PA 26.2002,1 (Januar), S. 11. ISSN 0161-1194 apprendre-en-ligne.net (PDF; 0,8 MB) abgerufen am 3. April 2017.
  3. Michael Pröse: Chiffriermaschinen und Entzifferungsgeräte im Zweiten Weltkrieg – Technikgeschichte und informatikhistorische Aspekte. Dissertation Technische Universität Chemnitz, Leipzig 2004, S. 50
  4. Hugh Sebag-Montefiore: Enigma – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 355. ISBN 0-304-36662-5.
  5. Versionen Enigma M1, M2 und M3 im Crypto Museum; abgerufen am 3. April 2017.

Auf dieser Seite verwendete Medien

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Enigma-rotor-BP.jpg

A rotor from an en:Enigma machine, showing the outer finger grooves, the ratchet notches and the circle of 26 pins. A Roman numeral VI is visible on the rotor, indicating that this was a Naval Enigma rotor. This rotor was on display at en:Bletchley Park museum.

Original photograph by en:User:Matt Crypto, released into the public domain.
Aeronauticum in Nordholz 2008 182.JPG
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Drei Walzen Enigma mit Steckerbrett
  • Bei der Kriegsmarine nur bis 1.2.1942 im Einsatz
  • Aufgenommen im Aeronauticum in Nordholz
Enigma-logo.svg
Enigma rotors with alphabet rings.jpg
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Enigma wheels within alphabet rings in position in an Enigma scrambler
Opening day of Enigma 06.jpg
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The opening day of the postal and communication museum Enigma in Østerbro in Copenhagen. The German cipher machine Enigma M522 from 1934, probably the oldest existing Enigma in the world.