Draa (Düne)

Draa in Namibia
Satellitenaufnahme verschiedener Dünentypen bei Murzuk, Libyen

Unter Draa-Dünen, auch Binnendünen oder Compound dunes[1] genannt, werden in der Geomorphologie sehr große Dünen verstanden. Bei den Draa dürfte es sich um Vorzeitformen aus dem Pleistozän handeln.

Etymologie

Draa-Dünen leiten sich ab vom Arabischen ذراع / ḏirāʿ mit der Bedeutung „Arm“.

Definition

Draa sind äolische Transportkörper erster Ordnung, die durch einen interdünären Abstand von mehr als 300/500 Meter und Höhen von 20 bis 450 Meter definiert werden. Sie können transversalen als auch longitudinalen Ursprungs sein. Zu ihnen gehören sämtliche Großdünen mit Überlagerungsformen (englisch superimposed bedforms),[2] darunter „komplexe Dünenformen“ als auch „zusammengesetzte Dünenformen“' (englisch compound dunes) wie beispielsweise Sterndünen (Rhourd-Draa).[3] Ihre charakteristische Relaxationszeit (d. h. die benötigte Zeit, um sich an veränderte Windverhältnisse anzupassen) beträgt Jahrtausende.[4]

Beschreibung

Durch ihre stabilen Kämme[5] sind Draa im Gegensatz zu Wanderdünen verhältnismäßig ortsfest. Zunächst bilden sie sich wie kleinere Leedünen[6] (Lee ist die dem Wind abgewandte Seite), können aber dann als Überlagerungsformen Höhen von bis zu 450 Metern und eine Ausdehnung von 1.000 Metern Kammlänge erreichen. Ihre Neigung beträgt in Luv und Lee jeweils etwa 20°. Draa können von den verschiedensten Dünentypen überlagert werden, so z. B. von Aklé oder Sicheldünen. Manche Draa können bis zu 50 Meter hohe Rutschhänge (engl. slip faces) entwickeln. Rutschhänge können aber auch gänzlich fehlen, so bei Draa, deren Luv- und Leeseite von Dünen überwandert wird.[7] Im Korngrößen-Wellenlängen-Diagram setzen sich Draa deutlich von einfach aufgebauten Dünen und Rippeln durch ihre erhöhten Wellenlängen ab. Ihre Korngrößen sind aber durchschnittlich kleiner als bei Dünen und Rippeln und bleiben unter 0,6 Millimeter.[3]

Internaufbau

Aufgrund ihrer zusammengesetzten Form besitzen Draa einen recht komplizierten Internaufbau. Ihre Schrägschichtungskörper werden von verschiedenen Ordnungen von Diskordanzen abgetrennt, welche sowohl erosions- als auch anlagerungsbedingter Natur sein können. Diese im Englischen als bounding surfaces bezeichneten Trennflächen zeigen Einfallswinkel, die sowohl gegen als auch mit dem Wind geneigt sind.[8]

Entstehung

Die Entstehung von Draa dauert sehr lange. Voraussetzung zur Entstehung ist ein kontinuierlich wehender Wind mit einer Geschwindigkeit von mindestens 36 km/h. Sie ist außerdem von einer ausreichenden Sandzufuhr abhängig, um den Kern der Struktur bilden zu können.

Als Erklärung für ihre Entstehung wird das Taylor-Görtler-Modell herangezogen, nach dem horizontale Windspiralen gegeneinander gerichtete Windrollen ausbilden (engl. roller vortices), die den Sand kontinuierlich aufwerfen.

Vorkommen

Im Gegensatz zu anderen Dünentypen kommen Draa nur in den großen Sandgebieten der Erde, besonders in den Ergs der Sahara, vor. In der Namib gibt es die größten Draa der Welt, weil dort ideale Bedingungen, was den Wind und das Material betrifft, vorhanden sind.

Vorkommen im Einzelnen:

Aus der Erdgeschichte sind ebenfalls Draa bekannt, wie zum Beispiel die Seif-Draa der Yellow Sands aus dem Unterperm Nordostenglands.[9] Im Arran-Becken des Perms von Westschottland kommen ebenfalls Draa vor.[10]

Literatur

  • Roland Baumhauer: Physische Geographie. Band 1: Geomorphologie. Wiss. Buchges., Darmstadt 2006, ISBN 3-534-15635-8.
  • Helga Besler: Die Dünen – Namib: Entstehung und Dynamik eines Ergs. Stuttgart 1980, ISBN 3-88028-096-7.
  • Frank Ahnert: Einführung in die Geomorphologie. UTB, Stuttgart 2003, ISBN 3-8252-8103-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nicholas Lancaster: Dune Morphology and Dynamics. In: Anthony J. Parsons, Athol D. Abrahams (Hrsg.): Geomorphology of Desert Environments. Springer, 2009, ISBN 978-1-4020-5719-9, S. 557.
  2. G. Kocurek: Significance of interdune deposits and bounding surfaces in aeolian dune sands. In: Sedimentology. Band 28, 1981, S. 753–780.
  3. a b I. G. Wilson: Aeolian bedforms – their development and origins. In: Sedimentology. Band 19, 1972, S. 173–210.
  4. J. R. L. Allen: Reaction, relaxation and lag in natural sedimentary systems: general principles, examples and lessons. In: Earth Science Reviews. Band 10, 1974, S. 263–342.
  5. Düne. (Memento des Originals vom 30. September 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/geoglossar.com Geoglossar.com, Onlineglossar der Geowissenschaften.
  6. Helge Haacke: Dünen. (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.helge-haacke.com (PDF; 227 kB) Referat Unterseminar Geomorphologie, Wintersemester 2001/2002, Geografisches Institut Kiel.
  7. M. Leeder: Sedimentology and Sedimentary Basins. Blackwell Science, Oxford 1999, ISBN 0-632-04976-6.
  8. C. S. Bristow, J. Pugh, T. Goodall: Internal structure of aeolian dunes in Abu Dhabi determined using ground-penetrating radar. In: Sedimentology. Band 43, 1996, S. 995–1003.
  9. R. P. Steele: Longitudinal draa in the Permian Yellow Sands of north-east England. In: Developments in Sedimentology. Band 47, 1983, S. 484–489.
  10. L. B. Clemmensen, K. Abrahamsen: Aeolian stratification and facies association in desert sediments, Arran basin (Permian) Scotland. In: Sedimentology. Band 30, 1983, S. 311–339.

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Düne S-Schlag Sossusvlei.JPG
Autor/Urheber: Harald Süpfle, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Eine Düne in Sossusvlei, Namibia
Sanddunes marzuq sandsea.jpg
Sanddünen, Marzuq Sandmeer, Südwest Libyen